Peking 2008 Medaillenjagd der Tennisstars
Von außen erweckt das olympische Tennisstadion von Peking große Erwartungen: Die moderne Architektur der Arena beeindruckt durch eine ungewöhnliche Form wie Lotus-Blumen ragen die drei Hauptplätze hervor und gehören zu den auffälligsten Spielstätten des diesjährigen olympischen Events in China.
Wenn vom 10.8. bis 17.8. das Tennisturnier in Peking stattfindet, werden die deutschen Fahnen in diesen prachtvollen Bauwerken nur spärlich vertreten sein. Nach der verletzungsbedingten Absage von Philipp Kohlschreiber treten nur Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler für das Team Germany an. Deutsche Damen sucht man im Tableau von Peking vergebens. Keine Spielerin erfüllt die geforderten Zulassungsbedingungen. Eine so genannte bereinigte Rangliste ist ausschlaggebend dafür, wer bei den Spielen in China an den Start gehen darf. In jenem Ranking werden nur die vier besten Akteure eines Landes aufgeführt, die anderen gestrichen. Wer in der Liste am 9. Juni diesen Jahres nicht unter den besten 24 Spielern stand, musste entweder seit Oktober 2007 das Viertelfinale eines Grand Slam-Turniers oder das Halbfinale bei einem Masters-Event erreicht haben so die deutschen Vorgaben. Ergebnisse, die vor allem im deutschen Damentennis inzwischen illusorisch sind.
Wiedergutmachung für deutsches Doppel?
Deutsche Medaillenchancen gibt es in Peking trotzdem zumindest wenn man der Statistik glaubt: Nachdem Tennis seit 1988 wieder als eine vollwertige Medaillendisziplin gilt, feierten deutsche Akteure bei jedem olympischen Turnier Erfolge.
Steffi Graf machte durch ihren Sieg in Seoul 1988 den ersten Golden Slam der Geschichte perfekt (alle vier Grand Slam-Turniere plus olympisches Gold in einem Jahr), Boris Becker gewann vier Jahre später das Doppelturnier in Barcelona an der Seite von Michael Stich. 1996 in Atlanta holten Marc-Kevin Goellner und David Prinosil überraschend zusammen Bronze, in Sydney 2000 schaffte Tommy Haas den Sprung ins Einzelendspiel und verlor erst in fünf Sätzen gegen den Russen Yevgeny Kafelnikov. Silber für Deutschland hieß es auch bei den letzten Spielen, vor vier Jahren in Athen. Vier Matchbälle hatte das Doppel Kiefer/Schüttler im Endspiel gegen ihre chilenischen Gegener Nicolas Massu und Fernando Gonzalez. Am Ende waren wohl die Nerven Schuld daran, dass man den Südamerikanern den Vortritt auf das Siegerpodest lassen musste. Bei Kiefer und Schüttler flossen bittere Tränen. So eine Chance kriegst du nie wieder. Das ist so brutal, schluchtze Kiwi nach dem Drama von Athen.
Theoretisch haben beide in diesem Jahr die Chance auf Wiedergutmachung. Nach dem Rückzug von Kohlschreiber tritt das Silberdoppel von 2004 auch in Peking zusammen an. Das olympische Motto dabei sein ist alles gilt für Kiefer nicht. Vor seinen dritten Spielen ist der 31-Jährige motiviert: Olympia ist ein absolutes Highlight, ich freue mich riesig darauf, sagte Kiwi nach seiner gelungenen Generalprobe in Toronto, wo er erst im Finale an Rafael Nadal scheiterte dem neuen Weltranglistenersten (tennismagazin.de berichtete).
Baut man auf die Vergangenheit, so muss auch 2008 mindestens ein Außenseiter mit einer Medaille nach Hause fahren vielleicht die Chance für Kiefer und Schüttler auch im Einzel aufzutrumpfen? Bei den vergangenen Olympischen Sommerspielen setzten sich nur selten die großen Favoriten durch, auf dem Siegertreppchen stand stets auch ein Überraschungsgast. Wer hätte vor vier Jahren in Athen geglaubt, dass Roger Federer in der zweiten Runde gegen den Tschechen Thomas Berdych verliert und Nicolas Massu neben der Goldmedaille im Doppel auch die der Einzelkonkurrenz gewinnt? Es waren zugleich die ersten Medaillen für Chile in der Geschichte der Olympischen Spiele überhaupt – aber nicht die einzige Überraschung. Auf Mardy Fish als Silbermedaillengewinner wetteten wohl ebenso wenige wie auf ein Spiel um Platz 3 zwischen Fernando Gonzalez und dem Amerikaner Taylor Dent. 2000 in Sydney hieß der Bronzegewinner Arnaud di Pasquale, der im kleinen Endspiel Roger Federer besiegte, 1996 belegte der Inder Leander Paes den dritten Platz ein Name, den man ansonsten nur in Doppel-Tableaus liest. 1992 holte Marc Rosset Gold, vor Jordi Arrese aus Spanien. Jim Courier? Stefan Edberg?Boris Becker?Michael Stich? Alle Spitzenspieler im Einzel schieden vorzeitig aus oder traten erst gar nicht an.
Eine große Ehre dabei zu sein
Das Turnier von Peking in diesem Jahr ist so stark besetzt wie noch keine olympische Tennisveranstaltung: 16 der besten 20 Herrenspieler und 17 Spielerinnen der Top 20 aus der WTA-Rangliste gehen in China an den Start. Bei den Herren fehlen nur Andy Roddick, Richard Gasquet, Ivo Karlovic und der Spanier Fernando Verdasco. Er war am Stichtag, dem 9. Juni, mit Weltranglistenplatz 20 nur der fünftbeste Spanier und damit nicht startberechtigt.
Bei den Damen sind abgesehen von Maria Sharapova, Anna Chakvetadze und Marion Bartoli alle Topspielerinnen dabei – inklusive der neuen serbischen Weltranglistenersten Jelena Jankovic und ihrer Vorgängerin Ana Ivanovic, die sich auf ihre ersten Olympischen Spiele besonders freut: Es ist eine große Ehre für mich, dabei zu sein und mein Land zu repräsentieren, sagt die 20-Jährige stolz und fügt an:Bei Olympia zu gewinnen, ist noch viel härter als bei einem Grand Slam-Turnier. Es findet nur alle vier Jahre statt und man kann vielleicht zwei oder dreimal in seiner Karriere daran teilnehmen. Es wäre ein ergreifendes Gefühl, eine Medaille zu gewinnen.Ob Ivanovic dieses Gefühl erleben darf, welche Favoriten und welche Außenseiter bei den Herren für Furore sorgen und vor allem, ob die deutschen Vertreter wieder überzeugen können, erfahren Sie ab Montag auf tennismagazin.de. Neben dem gewohnten Liveticker versorgt Sie der Online-Auftritt von tennis magazin mit umfassenden Berichten zum Turnierverlauf.
Felix Grewe
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