Philipp Kohlschreiber: Mister Davis Cup
Zuerst die Zahlen: 4:38 Stunden dauerte das Match zwischen Philipp Kohlschreiber, der deutschen Nummer eins, und Ivan Dodig, dem kroatischen Davis Cup-Neuling in Sachen wichtige Davis Cup-Matches. 6:4, 3:6, 6:4, 7:6, 6:4 endete die Partie. Dodig schlug 24 Asse, Kohlschreiber 10. Am Ende hatte der Deutsche in der Gesamtabrechnung einen Punkt mehr auf dem Konto – 159 Zähler für ihn, 158 für den Kroaten.
So weit die Zahlen. Sie verraten allerdings nicht, wie spannend, mitreißend, grandios dieser Showdown im Dom Sportova in Zagreb war. Knapp 2000 Zuschauer schauten in der etwas mehr als 3000 Fans fassenden Arena zu. Kaum auszudenken, wie hoch der Geräuschpegel gewesen wäre, wenn die Halle voll gewesen wäre. Die Kroaten klatschten und feuerten ihren Mann mit „Ivica, Ivica“-Rufen an. Sie trommelten mit den Füßen, brüllten und buhten.
Auf dem Platz riss Dodig immer wieder die Arme hoch, animierte die Landsleute zum Mitjubeln. Nur einer blieb cool: Kohlschreiber. Nach der Partie fragte ihn einer, wie er das Match in die Liste seiner besten Davis Cup-Auftritte einordnen würde. „Top 2“, antwortete der Deutsche. Welches das andere Match war, verriet er nicht. Man kann darüber grübeln, ob es der Fünf-Satz-Thriller gegen Nicolay Davydenko 2007 beim Halbfinale in Russland war oder das Drama gegen Fernando Verdasco 2009 in der Stierkampfarena in Marbella.
Makellose Fünf-Satz-Bilanz
Makellos ist die Bilanz von Kohlschreiber bei Fünf-Satz-Matches im Davis Cup. Viermal musste er schon über die volle Distanz gehen – viermal siegte er. Gegen Jürgen Melzer holte er einmal sogar einen 0:2-Satzrückstand auf. Diesmal führte Dodig mit 2:1-Sätzen, hatte im Tiebreak beim Stand von 6:5 im vierten Durchgang sogar Matchball. Wie macht er das? „Ich habe zu mir immer wieder gesagt: Bleib cool“, sagte Kohlschreiber – zu wenig, um das Phänomen Fünf-Satz-Siege im Davis Cup zu erklären.
Wie wäre es damit: Kohlschreiber ist der ideale Davis Cup-Spieler. Er kann dem Druck standhalten. Er kann Rückschläge verkraften. Er kann beißen, wenn es darauf ankommt. Er hat mittlerweile die Erfahrung und er fühlt sich in seiner Rolle – anders als Florian Mayer – wohl.
Der kroatische Davis Cup-Kapitän Goran Prpic wertete das Match seines Schützlings „als besten Auftritt, den ich je von einem Davis Cup-Neuling gesehen habe.“ Zur Erklärung: Dodig hatte zwar schon für Kroatien Davis Cup gespielt, aber noch nie ein entscheidendes Match. Wenn der 26-Jährige, der in Halle/Westfalen trainiert, zum Einsatz kam, dann nur in sogenannten „dead rubbers“ – Matches ohne Bedeutung für den Ausgang der Partie.
Die Einschätzung von Prpic kann man teilen. Vier Sätze spielte Dodig, die Nummer 52 der Welt, auf höchstem Niveau. Er machte kaum Fehler, schlug großartig auf, verteidigte noch großartiger, servierte Asse, wenn er sie brauchte. Er war besser als sein Landsmann Cilic im ersten Match. „Ich wusste nie, was für ein Ball bei ihm kommt“, sagte Kohlschreiber.
Die entscheidende Phase
Die entscheidende Phase der Partie war der Tiebreak des vierten Satzes: Dodig liegt 3:1 in Führung, aber Kohlschreiber kommt zurück, führt plötzlich 4:3. Den nächsten Punkt macht Dodig, aber der französische Oberschiedsrichter schreitet ein, weil jemand aus dem Publikum in den Ballwechsel rief – zwei Neue. Die Masse brodelt. Minutenlange Buh-Rufe. Dann steht es doch 4:4, weil der aufschlagende Kohlschreiber den nächsten Ball knapp ins Aus schlägt. Dabei reißt auch noch seine Saite. Bei 6:5 und Aufschlag Kohlschreiber hat Dodig Matchball. Kohlschreiber serviert den ersten Aufschlag ins Netz, muss über den zweiten gehen, macht nach einer langen Rally den Punkt – und die deutsche Bank jubelt, als wäre die Partie schon gewonnen. Bei 7:6 für Kohlschreiber gibt Dodig den Punkt mit einem Doppelfehler ab – 2:2 Satzausgleich.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Dodig ist erschöpft, Kohlschreiber wirkt fit, führt schnell mit 4:2, zwar gleicht der Kroate zum 4:4 noch einmal aus, aber wenig später ist das Wahnsinns-Match vorbei.
Kohlschreiber hat 2011 auf der Tour noch nicht überzeugt. Im Davis Cup hat er gezeigt, dass es ohne ihn nicht geht. Seine Kritiker, die ihm die Führungsrolle im Davis Cup nicht mehr zutrauten, hat er widerlegt und die Chancen auf den Einzug ins Viertelfinale erhalten. Fortsetzung folgt.
Andrej Antic aus Zagreb
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