Post aus Wimbledon: Die kreischenden Sirenen
Sie heißt Michelle Larcher De Brito, ist 16 Jahre alt und wenn sie einen Tenniscourt betritt, können sich die Fans vorsichtshalber Ohropax in die Ohren stopfen. Die Portugiesin, ausgebildet von Trainerguru Nick Bollettieri, schreit bei ihren Schlägen, wie ein Schwein auf der Schlachtbank. Der Vergleich erscheint etwas drastisch, zugegeben. Aber jeder, der das Gekreische nicht kennt, sollte sich dieses Video von YouTube vor allem anhören weniger ansehen.
Bei den French Open 2009, als sie zum ersten Mal im Hauptfeld eines Grand Slam-Turniers stand und in der dritten Runde gegen Aravane Rezai ausschied, war ihr Brüllen derart laut, dass Rezai sich gestört fühlte: Das hatte nichts mehr mit Fair Play zu tun. Rezai flehte Stuhlschiedsrichter Mohamed el-Jennati an, der solle doch bitte etwas gegen das Gebrülle unternehmen: Irgendwo gibt es eine Grenze. Jennati ermahnte daraufhin Larcher de Brito, wofür diese kein Verständnis aufbrachte: Maria Sharapova wurde deswegen nie verwarnt.
In der Tat ähnelt sich das Gegrunze von Sharapova und Larcher de Brito. Lauter schreien kann allerdings die jüngere Portugiesin: Sie bringt es auf 109 Dezibel; Sharapova nur auf 101. Zum Vergleich: Ein Flugzeug in etwa 100 Meter Höhe verursacht 100 Dezibel, genauso viel wie eine handelsübliche Stereoanlage, die bis zum Anschlag aufgedreht ist. Larcher de Brito und Sharapova sind Bollettieri-Schülerinnen. Und der Star-Coach machte noch nie einen Hehl daraus, dass die enorme Geräuschkulisse bei dem Powertennis seiner Spielerinnen zur Ausbildung gehört: Das ist Teil des Spiels.
„Diese Geräusche sind abscheulich“
Die Verantwortlichen von Wimbledon hatten auf diesen Bestandteil erwartungsgemäß wenig Lust und setzten das Erstrundenspiel von Larcher de Brito auf einem Außenplatz an, damit die Gäste im edlen Club-Restaurant nicht gestört wurden. Und höre da Larcher de Brito war für ihre Verhältnisse erstaunlich leise. Für einige Fans war es dennoch zu laut. Diese Geräusche sind abscheulich, echauffierte sich auf der kleinen Tribüne von Platz 17 eine ältere englische Lady, die nach wenigen Spielen die Flucht ergriff.
Was sie wohl sagen wird, wenn es für Larcher de Brito richtig eng wird? Denn bei ihrem 6:2, 7:5-Sieg über Klara Zakopalova wurde sie nur wenig gefordert. Das Stöhnen kommt bei mir mit zunehmender Intensität, erklärte sie später. Wenn ein Match knapp wird, stöhne ich eben wem das nicht gefällt, kann ja gehen.
Nur wohin? Gestern spielte nämlich auch Schreihals Viktoria Azarenka, lautes Quieken inklusive. Und der Queen of Scream, Maria Sharapova, wurde von Viktoria Kutuzova bei ihrem 7:5, 6:4-Sieg einiges abverlangt, nachdem sie einen 1:4-Rückstand im ersten Satz aufholte. Kutuzova ist auf dem Gebiet der schrillen, spitzen Schreie ebenfalls äußerst talentiert, so dass es zu einem regelrechten Kreisch-Duell kam. Der Fernsehsender BBC zeigte heute Morgen einige Ballwechsel dieses Matches, ohne Kommentar, nur mit dem Gegrunze. Danach verlas ein erschütterter Moderator empörte E-Mails seiner Zuschauer. Tenor: Monica Seles, die Mutter aller brüllenden Tennisspielerinnen, ist ein Witz gegen das heutige Gekreische. Da hilft es nur, den Ton vom Fernseher leiser zu stellen.
„Wir beobachten die Situation“
Die Traditionswächter von Wimbledon wollen es dabei nicht belassen. Ein Turnieroffizieller hatte Larcher de Brito vor ihrem Match gewarnt, nicht zu laut zu werden. Wir beobachten die Situation sehr genau und stehen in Kontakt mit dem Tennis-Weltverband sowie mit den anderen Grand Slam-Turnieren, um an einer Lösung zu arbeiten, teilte der Funktionär englischen Medien mit. Soll heißen: Strafen (etwa Punktabzüge) wie beim Fluchen oder Schlägerwerfen sind auch für übermäßiges Gegrunze bald möglich. Die kreischenden Sirenen von London würden dann verstummen.
Tim Böseler, Wimbledon
Archiv:
– Die „Murray-Mania“ greift um sich.
Nike Jordan Jumpman hoodie in grey – release dates & sneakers., Jordans – Yeezys, Urlfreeze News | Jordan CP3.XII Multi Color AQ3744 900 Release Date 2