Post aus Wimbledon: Starke Maus im Schlangenkäfig
Magie machte sich breit im Centre Court von Wimbledon. Zaubermeister Roger Federer hatte zur Lehrstunde eingeladen. Und sein Schüler Philipp Kohlschreiber schien mit den ihm gestellten Aufgaben ein wenig überfordert zu sein. Nach sieben Minuten lag Federer 3:0 vorne, er machte die ersten sieben Punkte in Folge. Er schickte seinen deutschen Gegner mit punktgenauen Stopp-Lob-Kombinationen quer über den Platz, nahm mit fies abrutschenden Rückhand-Slice-Bällen das Tempo aus den Ballwechseln und zog die Geschwindigkeit bei Winnerschlägen wie aus dem Nichts wieder an. Federer, das wurde schnell klar, hatte einen richtig gut Tag erwischt.
Eine Szene verdeutlichte das Übergewicht der Schweizers besonders gut. Er attackierte, Kohlschreiber konterte aus der Defensive mit einem tollen Vorhand-Cross-Ball. Federer tauchte am Netz tief ab, spielte einen Volley-Stopp mit extremem Rückwärtsdrall, drehte sich um und ging gelassen zur Grundlinie zurück dabei flog der Ball noch durch die Luft und Kohlschreiber sprintete nach vorne. Federer aber war sich sicher, dass der Ballwechsel gelaufen war egal, welche Anstrengungen sein Gegner auch unternahm.
3:6, 2:6, 1:3 lag der Deutsche schnell hinten, um fast jedes seiner Aufschlagspiele musste er schwer kämpfen. Bei Federer sah alles so locker und geschmeidig wie immer aus. Kohlschreiber war das, was er schon vor dem Match geahnt hatte: Die Maus im Schlangenkäfig. Und er war nun auf dem besten Weg, der Schlange zum Fraß vorgeworfen zu werden. Dass diese Partie noch einmal eng werden würde, war zu dem Zeitpunkt so unwahrscheinlich wie ein 14-tägiges Wimbledonturnier ohne eine einzige Regenunterbrechung.
Starke Rückkehr nach der Toilettenpause
Doch plötzlich schwächelte Federer, der erste Aufschlag ließ ihn im Stich. Kohlschreiber dagegen wurde besser, verwickelte den Weltranglistenzweiten in längere Ballwechsel, machte dann die Punkte und holte auf. Auf einmal gelangen ihm Passierbälle, die noch die Linie ankratzten, hin gehauchte Stopps, perfekt platzierte Volleys und krachende erste Aufschläge. Der Deutsche war im Match, die Maus wurde stark. Mit einem Rückhandgeschoss gewann er den dritten Satz im Tiebreak Federers erster Satzverlust bei diesem Turnier. Allerdings: Nach einer kurzen Toilettenpause kam Federer so zurück, wie er es am Anfang war zauberhaft sicher. Er gewann 6:3, 6:2, 6:7, 6:1.
Er war einfach zu gut gerade in den ersten beiden Sätzen, lobte Kohlschreiber seinen Gegner im Anschluss an das Match. Besonders bei den kurzen Ballwechseln war er enorm stark: Aufschlag, Winner da hast du keine Chance, gab er zu. Ob er sich für sein Drittrundenmatch lieber einen anderen Kontrahenten gewünscht hätte, wurde er noch gefragt. Tja, antwortete Kohlschreiber, der Roger ist schon die blödeste Auslosung, die man hier erwischen kann.
Er hätte auch sagen können: Gegen einen so stark aufspielenden Federer wird fast jeder Gegner zur kleinen Maus.
Tim Böseler, Wimbledon
Archiv:
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