Standort-Streit um ein Kronjuwel
Wer sich bei der Frage nach der australischen Hauptstadt nicht zwischen Melbourne und Sydney entscheiden kann, ist schon auf der falschen Fährte. Es ist Canberra, seit 1908! Zu Beginn des 20. Jahrhundert stritten die viel bedeutenderen Städte Melbourne und Sydney um den Status als Hauptstadt. Um die Spaltung der damals noch jungen australischen Nation zu verhindern, wurde schließlich mit Canberra ein Kompromiss erzielt.
Seit jeher herrscht in Australien ein Glaubenskrieg: Welche der beiden Städte Melbourne oder Sydney schöner, besser oder moderner ist. Seit nun bekannt wurde, dass sich Sydney, das Paris des Pazifiks, um die Australian Open bemüht, weil der Vertrag des Konkurrenten Melbourne mit dem nationalen Verband Tennis Australia zur Ausrichtung des Turniers 2016 ausläuft, ist in Down-Under ein regelrechter Standort-Streit entbrannt. Tennisstars, Promis, Politiker alle meldeten sich zu Wort und das Thema beherrschte über Wochen die australischen Medien. Jetzt, kurz vor den Australian Open 2009, ist es zwar ruhig geworden, aber was mit dem Turnier nach 2016 geschieht, ist noch nicht geklärt.Die Australian Open gehören zum Erbgut von Melbourne. Ein Umzug wäre so, als würde Wimbledon nach Edinburgh verlegt werden, polterte Paul McNamee, Ex-Profi und früher Turnierdirektor in Melbourne. Wayne Kayler-Thomson, Vorsitzender eines Verbundes von Industriellen im Großraum Melbourne, ließ sich sogar zu diesem Kommentar hinreißen: Es ist traurig, dass Sydney nichts Eigenes auf die Beine stellen kann und stattdessen andere australische Städte kannibalisiert. Hintergrund: Sydney hatte in der Vergangenheit schon versucht, Melbourne das Formel 1-Rennen um den Großen Preis von Australien abzuluchsen. Aber das Motorsport-Event bleibt nun mindestens bis 2015 in Melbourne. Wir sind die Sportstadt in Australien. In Sydney weiß man nie, ob Fans kommen und ob sie auch tatsächlich zusehen, giftete Ex-Spielerin Margret Court, die elf Australian Open-Titel in ihrer Karriere gewann.
Neuer Besucherrekord im letzten Jahr
Melbourne hat diese Probleme nicht im Gegenteil. 2008 wurde mit über 600.000 Fans in zwei Wochen ein neuer Besucherrekord aufgestellt. Am vierten Turniertag kamen sogar 62.885 Zuschauer in den Melbourne Park so viele Menschen besuchten an einem Tag noch nie ein Tennisturnier. Insgesamt sind nur noch die US Open in New York größer (über 700.000 Zuschauer in zwei Wochen).
Geoff Parmenter, zuständig für Veranstaltungen im Bundesstaat Neu-Süd-Wales, in dem Sydney liegt, lässt sich von solchen Statistiken nicht sonderlich beeindrucken: Es ist ganz normal, dass andere Städte auf ein immer weiter wachsendes Event wie die Australian Open aufmerksam werden. Womit er Recht hat, denn neben Sydney sollen angeblich auch asiatische Metropolen bei Tennis Australia ihr Interesse bekundet haben (u.a. Shangghai und Abu Dhabi), was dem Werbeslogan des Turniers The Grand Slam of Asia and Pacific eine ganz neue Bedeutung geben würde. Falls es tatsächlich zu einem Umzug kommen sollte, rechnet sich aber Sydney die besten Chancen aus. Wir haben auf Glebe Island einen idealen Standort für ein neues Tennisstadion, stellt Parmenter fest.Der Streit um den Standort symbolisiert vor allem, wie groß und wichtig die Australian Open in Melbourne geworden sind. Ursprung dieses Wachstums war der Umzug vom kleinen Tennisstadion im Vorort Kooyong in den 1988 eingeweihten Flinders Park, der später zum Melbourne Park umgetauft wurde. 1996 wurde die Anlage vergrößert, die mit der Rod Laver-Arena als erstes Grand Slam-Turnier ein Stadion mit fahrbarem Dach hatte. 2001 kam mit der Vodafone-Arena ein zweites Stadion mit flexiblem Dach hinzu. Die letzte Veränderung gab es im letzten Jahr, als die Plätze umgerüstet wurden: der grüne Rebound Ace verschwand, auf blauem Plexicushion wird nun gespielt.
1,5 Millionen australische Dollar für Melbourne
Aufgrund möglicher Abwanderungspläne soll spätestens im nächsten Jahr wieder Geld im Melbourne Park investiert werden. Tennis Australia-Präsident Geoff Pollard monierte jüngst, dass einige Einrichtungen auf der Anlage modernisiert werden müssten. Prompt gab die Regionalregierung 1,5 Millionen australische Dollar frei, mit deren Hilfe Umbaumaßnahmen angekurbelt werden sollen. So kann sich der Standort-Streit im Endeffekt sogar positiv für Melbourne auswirken.
Tim BöselerCheap Air Jordans 1 low For Sale | nike factory outlet online shopping