Tennisstars plaudern aus dem digitalen Nähkästchen
Maria Sharapova bittet ihre Fans um Restaurant-Tipps in Toronto. Victoria Azarenka fragt in die Runde der Facebook-Nutzer, wie ihr neuer Lockenkopf ankommt. Früher war das undenkbar. Seit es die Social Communities gibt, sind solche Meldungen selbstverständlich. Auch Novak Djokovic meldete sich nach seinem US Open-Sieg und bedankte sich bei den Fans, die mitten in der Nacht vor dem Fernseher saßen und ihn unterstützten. Die Nummer eins der Weltrangliste schrieb (wie Djokovic anmerkte) aus dem Flugzeug.
Der internationale Tennis-Zirkus und seine Akteure über Facebook rücken sie fast greifbar an den Schreibtisch der Fans. Als Zusatzservice schreiben die Stars oft in ihrer Muttersprache und auf Englisch. Der entscheidende Punkt: Mit der Nachricht der Profis ist es noch nicht zu Ende. Die Fans können mitmachen. Früher war man auf Interviews angewiesen, heute wird man mit wenigen Mausklicks selbst zum Interaktionspartner Fanpflege par excellence. Wer also ein Restaurant in Toronto kennt, das Sharapova am Rande des lokalen Turniers besuchen kann oder Stylingstips für Azarenka abgeben möchte, kann dies tun und mit den Stars plaudern.
Rafa meldet sich aus der US Open-Kabine
Auch die Spieler profitieren von der Flexibilität via Facebook und Co. Mittlerweile können sie selbst entscheiden, wann und wie sie sich mitteilen. Rafael Nadal zeichnete bereits eine Stunde nach seiner US Open-Finalniederlage in der Umkleidekabine eine Videobotschaft auf und stellte sie auf Facebook: Ich habe viel gekämpft, ich habe in jedem Moment versucht, mein Bestes zu geben. Aber es hat nicht gereicht, sagte ein sichtlich niedergeschlagener Rafa seinen Fans.
So schnell Ivo Karlovic aufschlägt, so rasant twittert er auch. Gleich nach dem Davis Cup-Doppel gegen Deutschland im Februar erzählte er schon via Twitter, wie gut sich sein 251 Stundenkilometer schneller Weltrekord-Aufschlag angefühlt habe. Manche nutzen auch den zeitlichen und emotionalen Abstand zum Match und bedanken sich später über die Plattformen ausgiebig bei ihren Anhängern. Ich lasse diese Niederlage hinter mir, erhole mich und arbeite dann weiter. Danke für die fantastische Unterstützung, resümierte Sabine Lisicki nach dem letzten Grand Slam-Turnier des Jahres. Diese Art der Kommunikation ist wegen der Authentizität zugleich eine effektive Form der Öffentlichkeitsarbeit.
Auch für psychologische Spielchen in Richtung der Gegner können die 140-Zeichen kurzen Twitter-Meldungen dienen: Nichts Geringeres als eine Achterbahn kündigte Andy Murray für sein anstehendes Spiel an und meinte damit wohl das, was seinen Gegner erwarten würde. Newcomerin Christina McHale gab sich auf ihrem Facebook-Profil vor einem Spiel gegen Caroline Wozniacki angriffslustig: Ich werde mein Spiel durchziehen und mich nicht darum kümmern, was sie tut.
Überflüssiges und fotografische Highlights
Es ist Geschmackssache, dass Sabine Lisicki darüber abstimmen lässt, welches Facebook-Profilbild sie einstellen soll oder, dass sich Serena Williams nach dem Verlauf des Wochenendes ihrer Fans erkundigt. Auch Verweise zu aktuellen Werbepartnern muss man schlicht überlesen, wenn es stört. Denn neben diesen Inhalten teilen die Stars, gerade bei den Fotos und Videos, auch einige Highlights mit ihren Fans:
Der Arzt von Andrea Petkovic warnte angeblich vor zu viel Erfolg mit Julia Görges im Doppel, weil er Petkos Rippen in Gefahr sah, so lautete eine Nachricht der Darmstädterin. Beigefügt war ein Video, bei dem Petkovic und Görges einen Spielgewinn feierten, indem sie mit den Bäuchen aneinandersprangen. Ein Foto von Novak Djokovic als kleiner Steppke mit Tennisschläger oder ein Bild von Sabine Lisicki aus der Maske vor ihrem Auftritt im ZDF-Sportstudio sind ebenso nette Einblicke für die Fans.
Eine neue Form der Fankultur
Die Mitteilungen auf den Plattformen sind eher kurz und situationsbezogen. Mehr ins Detail gehen die persönlichen Webseiten oder Blogs der Profis wie Caroline Wozniacki oder Andrea Petkovic. Die Texte sind dort meist ausführlicher und tiefgründiger, in der Regel allerdings nicht so aktuell. Generell können alle Varianten des Webs zusammen ein Meilenstein in der Tennis-Fankultur werden: Sie bieten die Chance, das Profitennis aus einer anderen Perspektive zu erleben, Schnappschüsse der Spieler fernab des Tennisplatzes zu sehen oder mit ihnen zu kommunizieren. Die Profis bieten ihren Anhängern einen Mehrwert, indem sie dort informieren, wo sich vor allem die junge Generation ohnehin aufhält. Dennoch sollte man bei aller Euphorie nicht zu leichtgläubig sein. Manch eine Meldung stammt wohl auch aus der Tastatur eines Spielerberaters, der diese Art des Fandialogs für seinen Schützling pflegt. Hiermit und mit dem Ausmaß der Beteiligung beider Seiten steht und fällt der Erfolg dieses Konzepts. Fans, die sich nicht auf den Social Communities tummeln, oder keine Zeit haben, den Meldungen der Stars zu folgen, können auf die Aufmerksamkeit der Journalisten zählen. Facebook und Co. sind eine wahre Fundgrube für die Anekdoten von Fernsehkommentatoren und Schreibern und kommen so über einen Umweg ebenfalls zu den Fans.
Silvia Möbus
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