US Open-Qualifikant Gojowczyk: Peterchens Mondfahrt
Von Tim Böseler, New York
Ziemlich genau vor fünf Jahren gehörte Peter Gojowczyk aus Eisenhofen in Bayern zu besten 350 Tennisspielern der Welt mit 19 Jahren. Damals stand kein anderer Deutscher seines Jahrgangs (1989) so hoch. Und auch international gab es nur zwei gleichaltrige Spieler, die besser platziert waren als er: Martin Klizan und Donald Young. Gojowczyk hatte im Alter von 16 Jahren die Schule mit der mittleren Reife abgeschlossen und setzte alles auf eine Profilaufbahn mit guten Aussichten. Er schoss als Jungprofi die Rangliste hoch, im September 2008 hatte er die Top 300 erreicht. Klaus Eberhardt, Sportdirektor des Deutschen Tennis Bundes, prognostizierte ihm damals eine glänzende Zukunft: „Wenn er so weitermacht, dann sehe ich ihn in den nächsten Jahren in den Top 100.“ Dann wurde es vergleichsweise ruhig um Peter Gojowczyk.
Bis er am Mittwochabend bei den US Open den Niederländer Igor Sijsling als Qualifikant besiegte. „Das ist der größte Erfolg meiner Karriere, definitiv“, sagte er im Anschluss. Der Bayer, mittlerweile 24 Jahre alt, ist aktuell die Nummer 146 der Weltrangliste. So hoch stand er noch nie. Seit 2006 ist er als Profi unterwegs, 2013 ausschließlich in der zweiten Liga. Challenger-Events sind seine Welt. Niemals zuvor stand er bei einem Major in der zweiten Runde. Überhaupt schaffte er es vor den US Open nur einmal in ein Grand Slam-Hauptfeld (bei den Australian Open 2012). Ist das nun der Beginn seines langersehnten Durchbruchs? „Ich hoffe es“, antwortete er. Die großen Bühnen, das große Geld da will er hin, wie so viele andere auch.
Von der Glamourwelt der Stars weit entfernt
Profis wie Peter Gojowzcyk sind von der Glamourwelt der Topstars weit entfernt. Für sie kann das Leben auf der Tour schnell zum Zuschussgeschäft werden. Aber sie investieren alles, was sie haben, in ihren Traum, irgendwann in der ersten Liga spielen zu können. Bei diesen US Open bekommt Gojowzyck nun einen ersten Eindruck davon. Er hat jetzt ein Preisgeld von 53.000 US-Dollar sicher. Zum Vergleich: In der Saison 2013 hat er bislang knapp 40.000 US-Dollar verdient, in seinen sechs Profijahren kommt er insgesamt auf 202.000 US-Dollar. „Das Preisgeld stecke ich in meine Karriere“, sagt Gojowzcyk wie selbstverständlich.
Mit einem Teil der Summe wird er seinen Coach Lars Übel finanzieren. Die beiden trennten sich eigentlich vor ein paar Monaten, sind jetzt aber wieder zusammen unterwegs. „Wir mussten erst die finanzielle Frage klären. Jetzt haben wir uns wieder zusammengerauft“, erzählt Gojowczyk. Übel hat seinen Schützling dazu gebracht, die eigenwillige Technik etwas zu modifizieren. Gojowzcyk war für sein extrem flaches und gerades Spiel als Jugendlicher bekannt. Spinschläge setzte er so gut wie gar nicht ein. „Ich spiele jetzt mit mehr Drall als früher. Das zahlt sich aus und ist ein Grund dafür, dass ich jetzt so gute Ergebnisse habe“, sagt Gojowzcyk. Trainer Übel hat auch dafür gesorgt, das Gojowczyk auf dem Platz nun mehr aus sich herausgeht. Früher war „Gojo“ ein in sich gekehrter, äußerst ruhiger Spieler, der überhaupt keine Emotionen auf dem Platz zeigte. Im Sport-Regionalteil der Süddeutschen Zeitung stand 2007 über ihn: „Er spielt Tennis mit der Lautstärke und den Emotionen eines britisch-vornehmen Billardkünstlers.“
Bessere Präsenz auf dem Platz
Als Gojowczyk das Zitat im Gespräch nach seinen Erstrundensieg hört, muss er laut lachen. „Das hat echt die Süddeutsche geschrieben?“, fragt er nach. Und stellt dann klar: „So ist es definitiv nicht mehr. Ich habe jetzt eine bessere Präsenz auf dem Platz und zeige dem Gegner immer, dass ich da bin. Das hilft gerade bei wichtigen Punkten.“ Er brauche aber dafür jemanden an seiner Seite, der ihn vom Platzrand aus pusht und anfeuert. „Dafür ist mein Trainer genau der richtige, weil er das komplette Gegenteil von mir ist“, erklärt er. Introvertiert ist Gojowzcyk also nach wie vor, die Persönlichkeit lässt sich ja nicht einfach ändern. „Selbst Interviews mit der Presse machen mich schon nervös“, gibt er zu.
Aufgeregt wird er auch sein, wenn er am heutigen Freitag zu seiner zweiten Runde gegen den Russen Evgeny Donskoy antreten wird (Court 7, viertes Match nach 17 Uhr deutscher Zeit). Donskoy, Nummer 102 der Weltrangliste, ist kein Hammerlos, auch wenn er in Runde eins Jürgen Melzer aus dem Turnier warf. Sollte Gojowzcyk auch dieses Match gewinnen (es wäre sein fünftes in Folge in New York, inklusive Qualifikation), wäre das Turnier um ein kleines Märchen reicher und „Peterchens Mondfahrt“ noch nicht zu Ende.
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