US Open Stories: Sabine Lisicki endlich wieder zu Hause
Sie strahlte, wünschte den anwesenden Journalisten noch einen schönen Abend und hüpfte vergnügt durch die Katakomben des Arthur Ashe-Stadions: Sabine Lisicki freute sich wie ein Schulmädchen über den ersten Sieg nach ihrer Verletzung am Sprunggelenk. Sie bezwang Coco Vandewehge mit 6:1, 6:0 und sprach danach davon, die Verletzung als andere Spielerin hinter sich gelassen zu haben. Das war in all der Euphorie vielleicht ein wenig übertrieben, denn ihre Gegnerin taugte kaum zu einem Gradmesser für die wahre Form von Lisicki. Zu nervös, zu fehlerhaft, zu unbeweglich: Vandeweghe, immerhin Juniorinnen-Siegerin in New York 2008, machte es Lisicki extrem leicht.
Das soll Lisickis Leistung nicht schmälern. Sie wirkte trotz dicker Bandagen an beiden Füßen fit und äußerst bewegungsfreudig, spielte druckvoll und fokussiert. Ich habe meine Probleme am Fuß komplett abgehakt und werde durch sie überhaupt nicht mehr eingeschränkt, sagte die 20-Jährige. Dennoch: Auch sie konnte nach der Partie nicht einschätzen, wo sie spielerisch jetzt steht. Das kann ich nicht sagen. Ich habe nur das Gefühl, körperlich in besserer Verfassung zu sein als vor der Verletzung.
Vor zwölf Monaten im Rollstuhl
Erinnerungen an die US Open 2009 kamen ihr nicht in den Sinn. Vor einem Jahr war Lisicki beim Matchball ihrer australischen Gegnerin Anastasia Rodionowa umgeknickt und hatte minutenlang wie betäubt auf dem Boden gelegen. Die Bilder, wie sie verheult in einem Rollstuhl vom Platz gefahren wurde, gingen um die Welt. Lisicki spielte zwischendurch Turniere, doch die Probleme am Sprunggelenk klangen nicht ab, verschlimmerten sich sogar. Es dauerte fast zwölf Monate, bis sie ihre Blessur endgültig auskuriert hatte.
Die Erleichterung darüber ist entsprechend groß. Ich musste sechs Wochen auf Krücken rumlaufen, durfte meinen linken Fuß unter keinen Umständen belasten das war die Hölle, berichtete Lisicki von ihrer Leidenszeit. Als sie die Krücken endlich in die Ecke stellen durfte, musste sie erst wieder laufen lernen. Die Wadenmuskulatur war nicht mehr vorhanden, nach den ersten Gehversuchen bekam sie Knieschmerzen. Sie überbrückte die Zeit mit vielen Schwimmeinheiten, erhielt Trost von anderen Sportlern am Berliner Olympia-Stützpunkt. Das half, erzählte Lisicki.
Ich hatte gedacht, es würde einfacher gehen
Ihr Wiedereinstieg ins Profitennis misslang trotzdem. Beim Turnier in Cincinnati verlor Lisicki glatt in der ersten Runde. Danach folgte eine Erstrunden-Pleite gegen Kristina Barrois beim kleinen Turnier in der Bronx. Ich hatte gedacht, es würde einfacher gehen, gab sie zu. Niedergeschlagen sei sie deswegen aber nicht gewesen, beteuerte sie. Tennis hat mir so gefehlt. Ich wollte einfach zurück auf den Platz. Dort fühle ich mich zu Hause. Gegen Coco Vandeweghe sah mir ihr diese Freude regelrecht an.
Ob sie auch im nächsten Match so viel Spaß haben wird, ist allerdings fraglich. Mit der Top Ten-Spielerin Vera Zvonareva, Finalistin in Wimbledon 2010, steht Lisicki vor einer wirklichen Prüfung. Ich will das Match genießen und habe überhaupt keine Erwartungen, betonte sie zwar. Doch das ist nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Lisicki brennt vor Ehrgeiz. Selbst gegen die drittklassige Vandeweghe pushte sie sich immer wieder auf, ballte die Faust auch nach wenig spektakulären Punkten. Sie will der Öffentlichkeit beweisen, dass sie viel besser ist als ihr aktuelles Ranking (94). Da kommt eine Gegnerin wie Zvonareva gerade recht.
Tim Böseler
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