„Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Platz“
Die Terrasse eines Spielerhotels. Anna Kournikova sitzt unter einem Sonnenschirm an einem Teakholz-Tisch. Neben ihr stehen eine Schale Obst und ein Glas Cola. Sie trägt eine schwarze Trainingshose und ein Top. Gut sieht sie aus. Sie ist dezent geschminkt, wirkt entspannt und lächelt viel während des Interviews. Wir haben ihr einen tennis magazin-Titel aus dem Jahr 2002 mit ihrem Foto mitgebracht.
Frau Kournikova, was denken Sie, wenn Sie sich das Foto ansehen?
Dass es fantastische Zeiten waren. Ich habe Tennis gespielt, bin um die Welt gereist. Das Bild stammt von den Australian Open. Es wurde aufgenommen, als ich mein erstes oder zweites Match gewonnen hatte. Anschließend verletzte ich mich. Auf dem Foto sehe ich glücklich aus und sehr jung.
Wie viel von dem jungen Mädchen steckt noch in Ihnen?
Eine Menge. Ich bin zwar erwachsener, smarter und reifer, aber ich habe noch den gleichen Charakter.
Würden Sie gerne mit der jüngeren Kournikova tauschen?
Nein, auch wenn es ein großartiges Leben war. Es wäre nur schön gewesen, damals die Erfahrung von heute zu haben. Ich wünschte, ich wäre gesünder gewesen, hätte meine Turniere intelligenter ausgewählt und das Training besser dosiert. Es wäre besser für mein Spiel und meinen Körper gewesen. Aber ich wollte eben überall mitmischen.
War das Ihre eigene Entscheidung?
Es war auch die meines Managements und die meiner Mutter. Ich war 16, 17 und wollte nur Tennis spielen. Ich war ein Kind, zu jung, um zu wissen, was richtig ist. Aber am Ende stand ich auf dem Platz und habe mitentschieden. Ich mache jedenfalls niemandem Vorwürfe.
Vermissen Sie heute die Aufmerksamkeit?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe immer noch Aufmerksamkeit, aber sie ist anders. Damals hatte ich Spaß daran, Matches zu spielen, fotografiert zu werden, im Mittelpunkt zu stehen. Aber ich habe es auch genossen, wenn ich zu Hause war und abschalten konnte.
Sie haben in diesem Jahr an der Seite von Martina Hingis das Einladungs-Doppel der Ladies in Wimbledon gespielt. Warum?
Weil Wimbledon mir immer viel bedeutet hat und weil ich nicht jünger werde. 2002 habe ich dort zuletzt gespielt und als im Februar die Idee entstand, dort nach acht Jahren wieder anzutreten, war ich sofort begeistert. Martina ist eine gute Freundin. Im letzten Sommer haben wir zusammen Team Tennis in den USA gespielt. Als wir uns mit unserem gemeinsamen Manager hingesetzt haben, war schnell klar, dass wir spielen. Wir wohnten sogar zusammen in einem Haus. Es war klasse.
Haben Sie je an eine Rückkehr auf die richtige Tour gedacht?
Definitiv. Aber mir war schnell klar, dass es schwierig mit meinem Körper sein würde. Als ich drei Monate vor Wimbledon angefangen habe, ein bisschen mehr zu trainieren, tat sofort mein Rücken weh. Der Schmerz sitzt unten rechts an den Lendenwirbeln. Eine Zeit lang konnte ich kaum gehen. Die Strapazen des Profitennis würde mein Körper nicht aushalten. Aber im normalen Leben und bei Showmatches habe ich keine Probleme.
Es gibt also kein Kournikova-Comeback?
Die Chancen sind sehr gering. Vielleicht passiert ein Wunder. Ich bin bei einer neuen Ärztin in Behandlung, von der ich mir viel verspreche. Vielleicht kann sie mir helfen.
Sie galten als erstes PinUp-Girl im Damentennis. Sie haben Millionen mit Werbung verdient. Sie waren die am häufigsten downgeloadete Sportlerin im Internet. Wie denken Sie heute darüber?
Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Es gab große Namen und Riesentalente in den späten 90ern. Es gab die Generation mit Graf, Seles, Sanchez, Martinez, Capriati, Novotna. All diese Spielerinnen standen in den Top Ten. Dazu kamen die jüngeren wie Hingis, die Williams-Schwestern und ich. Es war ein perfekter Mix. Es gab so viele verschiedene Persönlichkeiten. Heute fehlt das.
Aber es gab vor allem den Hype um Ihre Person. Bei den Australian Open hielt ein Fan ein Plakat hoch, auf dem stand : Und am siebten Tag erschuf Gott Anna K. Haben Sie nicht gedacht, jetzt drehen alle durch?
Warum? Es zeigt die Leidenschaft. Die Fans nehmen am Spiel teil und sie genießen, was sie sehen. Wenn ich mich für etwas begeistere, zum Beispiel für Fußball, sehe ich mir auch jedes Spiel an und zeige Emotionen. Am Ende spielen wir für die Fans. Wir würden nicht vor leeren Rängen auflaufen. Und ich hatte das Glück, unglaubliche Fans zu haben.
Mochten Sie Ihr Image?
Ich fand es cool, aber ich habe nie so viel darüber nachgedacht. Ich habe es als normal empfunden. Aber eins ist auch klar: Wenn ich die Nummer 50 oder 100 der Welt gewesen wäre, hätte ich nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen. Ich stand in den Top Ten, war die Nummer eins im Doppel. Um Erfolg zu haben, braucht es einen Mix von starker Persönlichkeit und guten Resultaten. Allein gutes Aussehen reicht nicht.
Ihnen wird allerdings vorgeworfen, nie einen Titel im Einzel gewonnen zu haben.
Es interessiert mich nicht, was einige sagen. Ich weiß, was ich erreicht habe. Und der wahre Tennisfan kennt meine Resultate. Ich muss nicht jeden überzeugen. Für mich ist entscheidend, dass ich mich selbst respektiere. Ich bin mit mir völlig im Reinen.
Serena und Venus Williams haben zur gleichen Zeit wie Sie ihre Karriere begonnen
etwas früher
Okay, aber sie spielen immer noch, stehen auf Platz eins und drei der Weltrangliste. Erstaunt Sie das?
Ja klar. Aber es zeigt auch, wie smart sie ihre Karrieren planen. Sie hören auf ihren Körper. Sie nehmen sich lange Auszeiten, um sich zu erholen. Das funktioniert. Jetzt sind sie 29 und 30. Ich kann nur sagen: Gott sei Dank gibt es die beiden. Ohne sie wäre Damentennis im Moment kein Vergnügen. Es gibt zu wenige Persönlichkeiten. Ich will nicht sagen, dass die Spielerinnen heute schlecht sind. Im Gegenteil: Sie sind viel athletischer und fitter, als wir es früher waren. Aber es gibt keine Konstanz.
Wie hat Ihnen das Kleid von Venus gefallen, dieses Negligé, das sie bei den French Open trug?
Ich habe nur die Bilder gesehen und ich dachte: Hey, sie trägt weniger Stoff als ich damals. Das Kleid ist zwar nicht mein Stil, aber sie sah super darin aus. Sie hat einen tollen Körper. Sehen Sie mal, wie züchtig ich hier gekleidet bin (zeigt aufs Titelbild).
Sehen Sie sich heute Tennis an?
Ja. Wichtige Turniere schaue ich mir im Fernsehen an. Die Ergebnisse verfolge ich im Internet. Am liebsten sehe ich die Williams-Schwestern und Kim Clijsters.
Wer gefällt Ihnen bei den Herren?
Nadal, Federer und Djokovic. Bei den anderen geht es immer hoch und runter. Es gibt viele neue Namen und Gesichter. Für die Fans ist es schwierig zu wissen, wer wer ist.
Welcher Spieler hat den größten Sex-Appeal?
Ich sehe Tennisspieler nicht in dieser Hinsicht. Ich sehe sie als Kollegen (lacht).
Was tun Sie heute, wenn Sie keine Showkämpfe bestreiten?
Ich arbeite für drei verschiedene karitative Projekte in den USA. Für eine Jugendorganisation betreue ich fünf- bis 18-jährige Kids. Ich animiere sie zum Sport, halte Reden. Für eine Gesundheitsorganisation war ich in Afrika, Haiti und Russland. Wir kümmern uns um die Prävention und Behandlung von Aids und Malaria. Dazu arbeite ich noch für ein Projekt, das die US-Truppen betreut. Ich war im Irak, in Afghanistan, kümmere mich um die Familien und die Kinder der Soldaten.
Kournikova, die Wohltäterin?
Ja. Es macht mir Spaß. Ich bin so jung um die Welt gereist. Tennis hat mir so viele Möglichkeiten gegeben. Ich möchte jetzt etwas zurückgeben, andere ermutigen, Sport zu treiben, aktiv zu bleiben. Das ist mein Hobby und mein Beruf. Manchmal arbeite ich auch als Model, um Geld zu verdienen.
Sie scherzen. Allein bis zu Ihrem 18. Geburtstag sollen Sie 50 Millionen Dollar nur mit Werbung verdient haben.
Es ist weniger als geschrieben wird. Ich bin erst 29. Ich muss arbeiten. Nur am Strand zu liegen, ist nicht mein Ding.
Was wäre für Sie ein typischer Tag?
Zuhause in Florida aufstehen, Tennis spielen, im Gym trainieren. Anschließend gehe ich ins Büro. Ich bereite mich auf meine Trips vor, bearbeite E-Mails. Wir sind fünf Mitarbeiter in Miami und dann hat die Anna Kournikova-Firma noch Angestellte in L.A. und in Washington.
Googeln Sie manchmal Ihren Namen?
Nur, wenn mich Leute angerufen haben und mir erzählen: Hey, ich habe dich gerade auf CNN gesehen, du bist schwanger Gratulation. Oder: Anna, du hast geheiratet. Manchmal habe ich hundert Anrufe auf meinem Handy. Dann will ich wissen, was los ist und sehe nach.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Ich werde hoffentlich Kinder haben. Ich möchte weiter Tennis spielen, um die Welt reisen und Menschen helfen.
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