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„Ich vermisse Wimbledon“

Herr Sampras, als Sie 2003 Ihre Karriere beendeten, sagten Sie, Sie könnten sich nicht vorstellen, später bei den Senioren mitzuspielen. Ende letzten Jahres traten Sie beim Masters der Oldies in London an. Wie kam es zu dem Sinneswandel?
Man soll nie nie sagen, oder (grinst)? Ich stand ganz oben auf der Liste derjenigen, die unterschrieben hätten: Mich seht ihr später bestimmt nicht wieder. Nach meinem letzten Match im Finale der US Open 2002 war ich komplett leer. Ich brauchte ein paar Jahre, um wieder aufzutanken. Ich habe keinen Tennisschläger angerührt. Aber irgendwann war ich an dem Punkt, dass ich wieder spielen wollte.

Weil es nicht befriedigend ist, mit 31 in Rente zu gehen?
Ich war mein ganzes Leben ein harter Arbeiter, schon als Teenager. Und dann war plötzlich Schluss. Zuerst ist das großartig. Aber ich hatte keine Ahnung, wie das Leben sein würde. Es gibt keinen Ratgeber: So geht man richtig in Rente. Manchmal war ich ziemlich mies gelaunt. Ich hatte etwas zugenommen. Als ich wieder trainieren ging, war meine Frau froh, dass sie mich nicht immer im Haus ertragen musste (lacht).

Wie haben Sie die tennislose Zeit verbracht?
Mit Golf, ein bisschen Basketball, Pokern. Ich hatte viel Zeit für meine Kinder.

Ihre Söhne sind sechs und drei Jahre alt. Spielen sie Tennis?
Ein bisschen. Aber nach zehn Minuten haben sie keine Lust mehr. Sie hören mir nicht zu auf dem Platz. Ich habe Ryan, meinem jüngeren Sohn, gezeigt, wie er den Schläger halten muss, aber er hält ihn immer anders.

Wie haben die alten Kollegen reagiert, als Sie begannen, Showmatches zu spielen?
Ich hoffe, sie haben sich gefreut. In den USA spielte ich bei zwei Turnieren gegen Todd Martin, Jim Courier und Petr Korda. Mit Andre Agassi schreibe ich mir gelegentlich SMS. John McEnroe lebt wie ich in Los Angeles, und wir reden ab und zu. Das sind alles Jungs, mit denen ich einen Großteil meines Lebens verbracht habe. Wir respektieren uns sehr.

Nach Ihren tollen Showkampf-Matches  in den letzten beiden Jahren gegen Roger Federer hofften viele, dass Sie noch einmal auf die Tour zurückkehren würden. Gab es Überlegungen?
Nein. Wäre ich 27, könnte ich noch gut mithalten. Aber meine Zeit ist vorbei. Alle drei, vier Monate einige Matches zu spielen, ist okay. Ich will immer noch gewinnen, gutes Tennis spielen, aber vor allem geht es mir darum, in Form zu bleiben und Spaß zu haben. Ich bin nicht mehr so schnell wie früher, aber ein paar Dinge auf dem Platz gelingen mir noch ganz gut.

Wie hat sich Tennis Ihrer Meinung nach entwickelt? Könnte der Sampras von damals heute mithalten?
Jede Generation hat ihre Spieler. Wenn Sie Rod Laver fragen, ob er sich in seiner Spitzenzeit mit den Jungs von heute messen könnte, bin ich sicher, er würde ja sagen. Zu meiner Bestzeit hielt ich mich für unschlagbar. Das Spiel hat sich verändert, die Spieler benutzen größere Schläger und neue Saiten, mit denen es richtig Spaß macht zu spielen. Ich würde mich trotzdem ganz gut schlagen.

Welches war das beste Match, das Sie je gespielt haben?
Mein sechstes Wimbledon-Finale 1999 gegen Andre Agassi. Ich spielte die ganze Partie wie in einem Rausch, was in einem Endspiel selten vorkommt, weil man dort nervöser ist als bei anderen Matches. Ich war in der Zone, wie wir Profis sagen, spielte fehlerlos.

Wie hat Ihnen das Wimbledonfinale 2008 zwischen Roger Federer und Rafael Nadal gefallen, das Experten als eines der besten Matches aller Zeiten bezeichneten?
Es war fantastisch. Das Einmalige war, dass beide zur gleichen Zeit großartig spielten. Dieses Match hat selbst die USA elektrisiert, was nie vorkommt, wenn kein Amerikaner dabei ist.Federer und Nadal spielten überwiegend von der Grundlinie. Zu Ihrer Zeit war das anders.
Oh ja. Heute ist am Ende des Turniers immer noch alles grün in der Mitte des Platzes. Als ich spielte, war der Court ein Acker, es gab überhaupt keinen Rasen mehr. Es ist schade, dass es kein Serve-and-Volley mehr gibt. Es hat immer Spaß gemacht, Angreifer gegen Verteidiger zu sehen. Aber das wird es wohl nicht mehr geben. Die Tage von Edberg, Becker, Ivanisevic und mir sind vorbei. Heute spielen alle von hinten und prügeln den Filz vom Ball. Roger besitzt die Fähigkeiten, nach vorne zu kommen, aber er tut es nicht oft.

Viele haben das kritisiert. Es hieß, von der Grundline sei Federer gegen Nadal chancenlos. Wie würden Sie gegen ihn spielen?
Ich würde ständig ans Netz vorrücken. Mit Serve-and-Volley bin ich aufgewachsen. Das war das Spiel, das man mir beigebracht hat. Ich bin mir sicher: Ich wäre auch heute sehr erfolgreich damit. Ich würde nur ein anderes Racket wählen. Der Schläger, den ich in den 90ern spielte, war zu klein, maß nur 580 Quadratzentimeter.

Haben Sie jemals daran gedacht, nach Wimbledon zurückzukehren?
Nicht als Profi. Aber ich vermisse Wimbledon. Ich würde dort gerne noch einmal spielen. Ich werde den Club fragen, ob ich einmal ein Trainingsmatch absolvieren kann. Ich würde es auch gerne meinen Kindern zeigen. Es ist ein historischer Ort, der eng mit meiner Karriere verbunden ist. Es gibt nichts Vergleichbares. Da wurde der Champion Sampras geboren.

Dieses Jahr könnte Federer Ihren Rekord von 14 Grand Slam-Titeln dort brechen
und die Chancen stehen gut, dass ich im Publikum sitzen werde.

Wäre es schlimm, wenn er Sie überholt?
Nein. Er hat viele Slams mit Leichtigkeit gewonnen. Es wäre schön, wenn mein Rekord für die Ewigkeit hielte. Aber wenn es jemand verdient hat, ihn zu verbessern, dann passt mir Roger ganz gut. Er ist so ein fantas-tischer Botschafter unserer Sportart und auch ein Freund seit unserer Asien-Tournee. Wenn es so weit ist, werde ich mich nur zurücklehnen, zusehen, es respektieren. Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell gehen kann.

Könnten Sie sich vorstellen, dass auch Rafael Nadal Ihren Rekord bricht?
Er hat immer die Chance, Paris und Wimbledon in Folge zu gewinnen. Er könnte zehn, zwölf Majors auf seinem Konto haben, wenn er in Rente geht, vielleicht auch mehr. Die nächsten fünf Jahre werden spannend sein, weil diese beiden Jungs unglaublich spielen. Vielleicht wird das Duell Federer gegen Nadal bedeutender sein als alle anderen in der Geschichte.

Muss man sich nicht um Nadal sorgen? Er hat immer wieder Verletzungsprobleme.
Er muss unglaublich hart arbeiten, um seine Matches zu gewinnen. Das kann auf Dauer nur gutgehen, wenn er seine Turniere smart auswählt. Die Sandplatzsaison ist seine große Zeit, aber auch dort wird er Prioritäten setzen müssen. Nadal ist ein Tier, doch auch sein Körper wird irgendwann seinen Tribut fordern.

Wie schätzen Sie Andy Murray ein?
Ich bin beeindruckt von ihm. Er steht nur einen Tick hinter Federer und Nadal. Er hat das Spiel, ist sehr zäh, bewegt sich ausgezeichnet. Sein nächster Schritt wird sein, ein Grand Slam-Turnier zu gewinnen. Paul Annacone, ein guter Freund von mir (Anm. der Red.: Jetzt zuständig als Chefcoach für den britischen Verband), kennt ihn gut. Er sagt: Dieser Bursche hat Tonnen von Talent. Und er ist erst 21.

Haben Sie in Ihrer Karriere etwas bereut?
Vielleicht hätte ich meinen Schläger wechseln sollen. Ich war ziemlich dickköpfig mit meinem Equipment immer das gleiche Racket, die gleiche Saite, die gleiche Bespannungshärte. Da hätte ich offener für Neues sein müssen. Aber sonst? Ich habe alles getan, was ich konnte, hart gearbeitet. Ich war sechs Jahre in Folge die Nummer 1, siebenmal habe ich Wimbledon gewonnen. Viel mehr geht nicht.

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