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Trainer von Tommy Haas: Ex-Davis-Cup-Spieler Waske

Alexander Waske: „Ich bin ein Fan, der für Deutschland spielen darf“

Herr Waske, eine Patriotismuswelle schwappt durch Deutschland. Wie haben Sie die Zeit der Fußball-WM und die große Euphorie wahrgenommen?
Es war ein Riesengefühl, eine neue Erfahrung für Deutschland. Und ich glaube auch, dass es Deutschland prägen wird in den nächsten Jahren. Es ist nicht mehr out, die Flagge zu zeigen, die Nationalhymne zu singen. Auch aus dem Ausland kamen nur positive Reaktionen. Viele Leute haben gesagt, wir verbringen nächstes Jahr unseren Urlaub in Deutschland. Es ist wunderschön dort, die Leute sind so nett. Das komplette Image Deutschlands – innen wie außen – hat sich sehr zum Positiven gewandelt.

Es ist also keine Momentaufnahme?
Nein. Es hat sich grundlegend etwas geändert. Das ist jetzt so.

Haben Sie auch Fahnen am Auto gehabt?
Ich trage die Fahne ja bei jedem Spiel. Sie ist auf meinem Hemd, schon seit zwei Jahren.

Sind Sie ein Patriot?
Auf jeden Fall. Ich stehe hinter meinem Land, ich bin gerne Deutscher, ich lebe gerne in Deutschland. Und ich bekenne mich zu den Werten, für die dieses Land steht: Demokratie, Gleichberechtigung, Freiheit.

Dann müssen Sie sich bisher wie ein Außenseiter gefühlt haben, weil die wenigsten buchstäblich Flagge gezeigt haben?
Das stimmt. Auf der anderen Seite, gibt es auch keine Bekleidungslinie, die dieses Gefühl so forciert wie meine. Wenn ich mit Nike oder Adidas einen Vertrag hätte, wäre es gar nicht möglich, nationale Farben auf dem Dress zu tragen. Im Tennis gab es so etwas noch nie. Klar steht auch ein Marketingkonzept dahinter. Laut meinem Manager Dirk Hordorff habe ich dort am besten hineingepasst.

Ist Ihr schwarz-rot-goldenes Trikot ein Erfolg?
Ich kenne keine Verkaufszahlen. Aber mein Bekanntheitsgrad ist dadurch größer geworden. Alle kennen das Hemd und verbinden es mit meinem Namen. Bei jedem WM-Spiel habe ich Menschen gesehen, die es getragen haben.

Wie haben Sie die Fußballweltmeisterschaft erlebt?
Ich habe alles mitgemacht: Matches zu Hause gesehen, auf Fanfesten. In Frankfurt hatten sie mitten auf dem Main eine Leinwand aufgebaut, auf die man von beiden Seiten blicken konnte. Beim Spiel Deutschland gegen Polen war ich mit Tommy Haas, Rainer Schüttler, Tomas Behrend und Michael Kohlmann im Stadion. Kohlmann ist mit Christoph Metzelder befreundet. Der ist Tennisfan und hat uns Karten besorgt. Nach einem Deutschlandspiel war ich im Autokorso mitten in Frankfurt, und alle sind verrückt geworden.

Es war schwarz-rot-geil.
Es war unglaublich. Besser als die meisten es sich erhofft hatten. Schwarz-rot-gold war die In-Farbe des Sommers, eine verpönte Farbenkombination, die man nur bei Olympischen Spielen halbwegs akzeptiert hat. Und plötzlich trägt es jeder auf seinem T-Shirt und malt es sich auf die Backe.

Wie hat Ihnen die WM im Fernsehen gefallen?
Ich fand Jürgen Klopp klasse, ein ganz frischer Typ. Er ist sehr intelligent, spricht aber trotzdem die Sprache des Volkes. In meinen Augen ist er ein zukünftiger Bundestrainer, vielleicht nicht in fünf Jahren, aber in zehn. Bei Beckmann dagegen schalte ich direkt weg. Für mich ist er der schlechteste Kommentator, den wir in Deutschland haben. Er sieht alles falsch.

Auch Sie gelten als einer, der durch seine extrovertierte Art frischen Wind ins deutsche Tennis gebracht hat. Sind Sie einer wie Klopp?
Kann sein. Er sieht nicht alles so konservativ. Er ist locker, sehr euphorisch. Wie wichtig ist Ihnen ein Wir-Gefühl?
So etwas braucht jedes Team. Man sieht, wie weit es die deutsche Nationalmannschaft mit diesem Gefühl gebracht hat. Sie hätte Weltmeister werden können. Spielerisch zählte sie vorher nicht zu den besten Teams.

Kann das deutsche Davis Cup-Team von Jürgen Klinsmann und seiner Philosophie lernen?
Was die Athletik und den Trainingsumfang angeht – nein. Für Fußball-Deutschland ist es eine Revolution gewesen. Für Tennis ist das nichts Neues. Fußballer haben einen Trainingsdurchschnitt von 7,5 Stunden die Woche. Das absolvieren wir an zwei Tagen. Kannten Sie die legendären Gummiseilübungen schon, die Klinsmanns Fitnesstrainer Mark Verstegen eingeführt hat? Das machen wir seit Jahren: Kraft- und Lauftraining, Übungen für Koordination, Schnelligkeit, Bauch, Rücken. Beim Fußball ist es oft noch die alte Schule. Die Spieler wären fünfmal fitter, wenn sie anders trainieren würden.

Könnte das Davis Cup-Team in punkto Teamgeist von der Fußballnationalmannschaft etwas lernen?
Eine solche Euphorie ist schwer zu entfachen. Zum Davis Cup kommen 4000 bis 10000 Zuschauer, bei der Fußball-WM waren es 50 Millionen, die die Mannschaft unterstützt haben. Aber man sieht, dass man über sich hinauswachsen kann, wenn alle zusammenhalten. Vielleicht können wir daran arbeiten.

Beim Erstrundenspiel gegen Frankreich in Halle war die Stimmung innerhalb der Davis Cup-Mannschaft nicht gut.
Das kann ich so nicht bestätigen. Wir haben die Partie intern noch einmal besprochen und Pläne für die Zukunft gemacht. Das ist jetzt abgehakt.

Aber es ist offensichtlich, dass Nicolas Kiefer und Tommy Haas nicht das beste Verhältnis haben. Leidet die Mannschaft nicht darunter?
Ich werde mich hüten zu sagen, ohne den einen oder anderen wäre es besser oder schlechter. Es sind beides exzellente Spieler, und wir müssen das Beste aufbieten, das wir haben.

Wie sehen Sie Ihre Rolle im Team?
Ich probiere, so gut wie möglich zu trainieren. Ich versuche, den Jungs gute Trainingseinheiten zu geben und sie optimal aufs Einzel vorzubereiten. Gleichzeitig bereite ich mich auf mein Doppel vor und versuche, diesen taktisch extrem wichtigen Punkt zu gewinnen. Gegen Frankreich klappte das nicht. Sie mussten viel Kritik einstecken.

Wie haben Sie Ihre Leis-tung gesehen?
Es war sicherlich nicht einer meiner besten Tage. Es sind einige Dinge in dem Doppel schiefgelaufen, aber nicht nur bei mir. Ich fand uns allerdings nicht so schwach, wie die Presse es dargestellt hat. Wir haben gegen den Weltmeister Michael Llodra verloren. Arnaud Clement gehört auch zu den besten 30 Doppelspielern der Welt. Den ersten Satz haben wir gewonnen. Im zweiten Satz gab es diesen eminent wichtigen Breakball. Llodra trifft den Ball mit dem Rahmen, der fällt auf die Netzkante und landet bei uns im Feld. Ich bin mir sicher, dass wir das Match bei einer 2:0-Satzführung gewonnen hätten.

Dachten Sie daran, Ihr Stammplatz könnte in Gefahr sein?
Es ist lustig. Wenn man gewinnt, heißt es: Der Waske ist toll, der hätte schon früher für Deutschland spielen müssen. Jetzt habe ich eins von vier Matches verloren, und die Journalis-ten schreiben: Der war nie gut genug, der ist zu alt. Wenn einer besser ist als ich, soll er spielen. Ich bin für das Leistungsprinzip. Ich will keinen Freibrief. Dass Klinsmann sich nicht zwei Jahre vorher auf Oliver Kahn festgelegt hat, fand ich absolut richtig. Aber die anderen Jungs sollen sich erst einmal beweisen, auch einmal im Halbfinale bei einem Grand Slam-Turnier stehen

so wie Sie in diesem Jahr bei den French Open.
Ja. So viele Alternativen haben wir im Doppel nicht.

Michael Kohlmann ist eine. Würden Sie gerne mit ihm spielen?
Sehr gerne. Wir harmonieren sehr gut. Ich will damit nicht sagen, dass ich mit ihm besser spiele als mit Tommy Haas. Aber wir müssen uns fragen, ob es auf Dauer Sinn macht, ihm diese Belastung im Einzel und Doppel zuzumuten. Die Beläge sind heute langsamer als früher. Vor allem Tommy gewinnt seine Punkte oft über lange Rallyes. Das ist kräftezehrend. Dazu kommt, dass ich meinen Partner durch mein Temperament zu hundert Prozent fordere. Der muss Vollgas geben. Beim Abstiegsspiel im September gegen Thailand dürfte das deutsche Team nicht in Gefahr geraten. Ein Traumlos? In jedem Fall eine lösbare Aufgabe. Ich kenne die Topspieler Paradorn Srichaphan und Danai Udomchoke sehr gut. Das sind gute Grundlinienspieler auf Hartplatz. Aber auf Sand haben sie Probleme, weil sie flach und gerade schlagen. Es ist ein Gegner, bei dem ich vorher unterschreiben würde, dass wir ihn schlagen.

Sie gelten als der große Motivator im Team. Was haben Sie, was andere nicht haben?
Ich bin nie aufgewachsen mit dem Bewusstsein, Tennisprofi zu werden. Ich habe ganz gut gespielt, aber mehr auch nicht. Ein Kiefer oder ein Haas haben schon mit 18 oder 19 Jahren große Turniere gespielt, gehörten zum Davis Cup-Kader. Ich war mit 25 ein Niemand. Ich hätte mir eine Eintrittskarte kaufen müssen, um dabei zu sein. Und deswegen komme ich zu einem Davis Cup-Match wie ein Fan, dem man einen Schläger zuwirft und ihm sagt: Jetzt spielst Du. Dieser Fan wäre unglaublich nervös, aber er würde auch alles geben. So ist es bei mir.

Manchmal scheint alleine Ihre Gegenwart Wunder auszulösen. Als Haas in diesem Jahr in Paris gegen Novak Djokovic spielte, tauchten Sie bei 0:2-Satzrückstand in der Box auf, und Haas spielte zwei Klassen besser.
Jeder, der Tennis kennt, weiß, dass in einem Best-of-five-Match alles möglich ist. Tommy hatte den ersten Satz blöd verloren, im zweiten spielte Djokovic besser. Es kam kein neuer Impuls vom Trainer, womit ich nicht sagen will, dass Thomas Hogstedt ein schlechter Coach ist. Im Gegenteil. Aber der Plan, den sich beide vor dem Match zurechtgelegt hatten, ging nicht auf. Tommy war ratlos. Da habe ich gebrüllt, er soll sich reinhängen. Der andere Typ hat noch nie bei einem Grand Slam-Turnier die zweite Runde überstanden. Manchmal sind es ein, zwei Punkte. Und wenn man die gewinnt, ist der Glaube wieder da, dass man das Match noch drehen kann. Dann habe ich hineingerufen: Wie geil ist es, nach null zu zwei Sätzen noch zu gewinnen. Und Tommy hat plötzlich richtig gut gespielt und erst im Tiebreak knapp verloren.

Sie sind in der Öffentlichkeit mittlerweile sehr präsent, Ihre Matches werden im Fernsehen übertragen, Sie geben viele Interviews, doch über den Privatmenschen Waske weiß man kaum etwas
und das soll auch so bleiben.

Wie ist Waske privat?
Für meine Freunde bin ich immer noch der, mit dem sie zusammen groß geworden sind. Für sie ist es ganz normal, mit mir rumzuhängen, Fußball zu spielen, ins Kino zu gehen. Bei ihnen habe ich keinen Extrastatus.

Es heißt, Sie hätten noch nie Alkohol getrunken oder geraucht?
Das stimmt – keinen Tropfen, nicht einen Zug. Es war eine Entscheidung, die ich in der Grundschule getroffen habe. Unsere Lehrerin hat gesagt: Lasst die Finger davon. Bis heute konnte mich noch keiner überzeugen, dass es gut für mich wäre zu qualmen oder ein Bier zu trinken.

Interview: Andrej Antic
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