Ana Ivanovic

Ein Lächeln für alle: Ana Ivanovic, früher die Nummer eins der Welt, ist aktuell als Markenbotschafterin für das Tennisengagement von Haier unterwegs. ©Haier

Ana Ivanovic: „Bastian kann gegen mich nicht siegen”

Im Interview spricht Ana Ivanovic über Matches gegen ihren Ehemann Bastian Schweinsteiger und eine mögliche Rückkehr zu den Grand Slams – bei den Legenden. 

Erschienen in der tennis MAGAZIN-Ausgabe 8/2024

Eigentlich sollte der Termin mit Ana Ivanovic am Freitag der ersten Woche bei den French Open in Paris stattfinden. Seit kurzem ist sie Botschafterin für den Küchen- und Haushaltsgerätehersteller Haier, der in Roland Garros omnipräsent war. Aber als Ivanovic zur Stätte ihres größten Triumphs anreiste, waren die Reporter von tennis MAGAZIN schon wieder auf dem Rückweg. Also führen wir das Interview mit der French Open-Siegerin von 2008 als Video-Call. Auf die Minute pünktlich erscheint die 36-jährige Serbin im virtuellen Raum. Entspannt wirkt sie und genauso freundlich wie vor 16 Jahren, als tennis MAGAZIN sie zum ersten Mal in Miami traf. 

Frau Ivanovic, in der Welt des Tennis sind Sie prominent. In Deutschland dürften Sie seit Ihrer Hochzeit mit Bastian Schweinsteiger inzwischen auch bei den Nicht-Tennisfans einen hohen Bekanntheitsgrad haben. Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Deutschland beschreiben?

Ich mag Deutschland sehr. Als Familie verbringen wir viel Zeit dort. Leider sprechen meine Kinder besser Deutsch als ich. Aber ich lerne es. Es ist eine schwierige Sprache.

Also führen wir das Interview lieber auf Englisch?

Ja, das ist einfacher für mich. 

Wir haben vor dem Gespräch im Archiv gestöbert. 2008 waren Sie zum ersten Mal auf dem tennis MAGAZIN-Cover. In Miami trafen wir uns zum Interview. Erinnern Sie sich an diese Zeit?

Das müsste dann direkt nach meinem Sieg in Indian Wells gewesen sein (Ivanovic schlug Svetlana Kuznetsova im Finale 6:4, 6:3; Anm. d. Red.). In Miami verlor ich leider in der ersten Runde. Aber ein paar Wochen später konnte ich mir meinen Traum erfüllen und Roland Garros gewinnen. Das war natürlich ein unglaublicher Moment.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie heute in Paris sind und sehen, wie Iga Swiatek dort dominiert?

Sie ist richtig gut drauf. Vor allem ist sie auch mental bei jedem Match voll da. Das unterscheidet sie momentan einfach von den anderen Spielerinnen. Ihr Spiel verbessert sich stetig und wird auch immer aggressiver. Sie kann ihre Gegnerinnen und generell das Spiel sehr gut lesen. Taktisch spielt sie immer klüger. Deswegen tun sich die meisten Spielerinnen schwer, Antworten gegen sie zu finden.

Wenn Sie das mit Ihrer aktiven Zeit vergleichen: Wie hat sich das Damentennis entwickelt?

Das kann man schwer vergleichen. In den letzten Jahren war alles offen und es gab keine Favoritinnen für die großen Titel. Jetzt gibt es wieder dominante Spielerinnen wie Swiatek, Sabalenka oder Rybakina. Das Damentennis ist definitiv besser als noch vor ein paar Jahren. Wenn es einen Generationswechsel gibt, braucht es immer Zeit, bis sich neue Rivalitäten bilden. Das hat man zwischenzeitlich bei den Damen vermisst. Es gab nicht wirklich dieses eine Duell, auf das man sich wirklich gefreut hat. Jetzt hat man wieder Begegnungen, die spannend sind. Bei Rybakina war ich zum Beispiel sehr neugierig, wie sie auf Rasen performen wird, weil ihr Spielstil sehr gut zu Rasen passt. Dass sie vor zwei Jahren in Wimbledon siegte, war für mich keine Überraschung. Auch mit Iga und Sabalenka, die so viele Finals und klasse Matches gespielt haben, ist es deutlich interessanter geworden.

Glauben Sie, Serena Williams musste von der Tour zurücktreten, um diesen Wandel vollziehen zu können?

Nicht unbedingt. Sie war natürlich sehr dominant und einfach unglaublich wichtig für Tennis. Was sie für das Damentennis erreicht hat, wird so schnell niemand wiederholen. Sie hat auch immer eine besondere Atmosphäre ums Tennis herum geschaffen und großes Interesse geweckt, weshalb es schade ist, dass sie nicht mehr dabei ist.

Ana Ivanovic

größter triumph: Ihr Grand Slam-Sieg in Paris 2008 war gleichbedeutend mit dem Sprung auf Platz eins der Weltrangliste. ©Imago/Corinne Dubreuil

Gibt es eine Spielerin, der Sie momentan am liebsten zuschauen?

Also im Moment vor allem Iga. Aber ich sehe mir auch gerne Sabalenka an. Sie bringt viel Aufregendes auf den Court und ich mag ihren aggressiven Spielstil.

Man hört, Sie planen bei einem Legenden-Turnier im Oktober in Luxemburg zu spielen. Wie kam es zu der Entscheidung, wieder zum Schläger zu greifen? 

Ich dachte, es ist einfach schön, mal wieder ein bisschen auf dem Platz zu stehen. So viele Möglichkeiten für Exhibitions gibt es aktuell nicht. Und mit ehemaligen Kolleginnen in Luxemburg zu spielen, ist sehr aufregend für mich. Ich hoffe, dass ich so zumindest ein bisschen zurückkommen und eventuell auch mal wieder bei den Legendenkonkurrenzen der Grand Slam-Turniere mitspielen kann. Es ist schon eine Weile her, dass ich in irgendeiner Form Wettkampftennis gespielt habe. Es ist eine neue Herausforderung.

Viele Spielerinnen kommen als Mütter auf die Tour zurück. Zum Beispiel Ihre gute Freundin Angelique Kerber. War ein Comeback für Sie jemals eine Option?

Um ehrlich zu sein, nein. Auch wenn es mir schwer fiel, war ich mit mir über die Entscheidung im Reinen und glücklich damit. Ich hatte das Gefühl, dass mein Körper dieses Niveau nicht wieder aushalten könnte. Knieprobleme hatte ich damals schon. Selbst wenn ich jetzt laufe, habe ich nach 15 bis 20 Minuten Knieschmerzen. Wieder auf dem gleichen Level zu spielen, konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Natürlich vermisse ich es und ich vermisse es mit der Zeit immer mehr, aber ich bin trotzdem froh und dankbar für die Zeit auf der Tour. Es war einzigartig.

Wie halten Sie sich fit? Es gab Fernsehspots, in denen man sah, wie Sie gegen Ihren Mann Tennis spielen. Es schien, als wollte er unbedingt gewinnen, aber sie ließen ihn nicht.
Nein, gewinnen kann er gegen mich nicht (lacht). Aber ja, ich spiele ab und zu mit ihm Tennis. Ansonsten gehe ich zwei bis drei Mal die Woche ins Fitnessstudio. Das war es eigentlich auch schon.

In dem deutschen Frauenmagazin Freundin gab es eine Geschichte über Sie und Angelique Kerber. Wie ist Ihre Beziehung zu ihr?

Wir sind tatsächlich seit langer Zeit befreundet. Schon als ich noch gespielt habe, mochten wir uns. Es war eine wirklich enge Freundschaft – auf dem Platz und privat. Aktuell sind wir immer noch viel in Kontakt und sehen uns so oft, wie es geht. Auch wenn das nicht immer einfach ist. Schließlich sind wir beide Mütter…

… mit den gleichen Themen im Alltag.

Genau! Es hat unsere Gespräche auf jeden Fall erweitert.

Sie sind Mutter von drei Söhnen. Dazu kommt Ihr Mann. Vier Männer und eine Frau im Haus. Kommen Sie damit klar?

Es ist völlig okay, ich bin glücklich. Wir sind eine sehr sportlich orientierte Familie und ich liebe das. Als Kind war ich selbst sehr aktiv und nie so das „Girly Girl“, das mit Puppen gespielt hat. 

Wenn man Mutter wird, wird man ­reifer. Es kommen neue Aufgaben, die man lösen muss. Wie glauben Sie, haben Sie sich nach Ihrer Karriere weiterent­wickelt? Sind Sie durch Ihre Rolle als Ehefrau und Mutter gewachsen?

Ich bin auf jeden Fall deutlich geduldiger geworden. Während der Karriere war immer alles durchgetaktet und geplant. Wenn man dann Kinder hat, ist es auf einmal nicht mehr so einfach. Du weißt nicht, was der Tag oder die Nacht bringt. Ich musste immer öfter improvisieren und spontan sein. Früher war ich es gewohnt, dass alles so lief, wie ich wollte und wie ich es gerne hätte. Plötzlich sind da andere Menschen mit eigenen Bedürfnissen und du musst Kompromisse eingehen. Aber man lernt auch super viel, weil jedes Kind dich etwas anderes lehrt. Man wächst als Person einfach unglaublich. Tennis war in vielen Aspekten sehr anstrengend, aber als Mutter ist das Leben auf anderen Ebenen herausfordernd. Es hört sich vielleicht komisch an für privilegierte Menschen wie mich, aber Mutter sein bringt einen physisch an die Grenzen, weil man nicht viel schläft. Es ist trotzdem das schönste und unglaublichste Geschenk, was es gibt.

Im Fernsehen traten Sie mit Bastian Schweinsteiger in der ARD-Show „Klein gegen Groß“ an. Sie wirkten sehr harmonisch und humorvoll. Ist das der Schlüssel für die Herausforderungen des Alltags?

Absolut! Mein Mann kümmert sich sehr gut darum, dass sich alle wohlfühlen. Er erzählt viele Witze und bringt einfach eine Menge Humor in unser Leben. Aber ich denke das Wichtigste ist Liebe. Wenn man Kindern Liebe gibt, wird alles zusammenpassen. Wir kuscheln sehr viel und für mich ist es einfach sehr wichtig, ihnen zu zeigen, was wirklich zählt.

Ana Ivanovic, Bastian Schweinsteiger

Glamour-Paar: Auftritte auf dem roten Teppich sind für das Duo Schweinsteiger/Ivanovic keine Seltenheit. ©Imago/Mike Baker

Ist das eine Lehre aus Ihrer Kindheit?

Definitiv! Ich hatte sehr viel Glück, dass ich so unglaublich tolle Eltern und auch einen tollen Bruder habe. Wir haben immer noch ein sehr enges Verhältnis. Alle sind noch voll in mein Leben und in das unserer Kinder involviert. Die Werte, die ich zuhause gelernt habe, will ich auch auf unsere Kinder übertragen.

Führen Sie uns bitte einmal durch einen normalen Tag in Ihrem Leben.

Ehrlicherweise bin ich an den meisten Tagen sehr beschäftigt. Ich mache alles, was man als Mutter so macht: Sachen für die Schule vorbereiten, Essen kochen, Wäsche waschen. Morgens checke ich meistens meine E-Mails. Ich habe noch immer viele Verpflichtungen. Zum Beispiel arbeite ich jetzt mit dem Unternehmen Haier zusammen und bin sehr glücklich, dass ich deren erste globale Botschafterin bin. Dazu kommen Engagements für Unicef oder Rolex. Mein Mann und ich gehen zu vielen Events. Aber mir macht es Spaß und ich finde es superwichtig, diese Seite meines Lebens zu behalten. Mit fünf Jahren habe ich angefangen Tennis zu spielen, deswegen ist es für mich keine Option, nicht zu arbeiten. Ich denke auch, dass es einfach gesund ist, Körper und Geist fit hält. Klar gäbe es auch die Option nichts zu tun, aber es ist wichtig, dass die Kinder sehen, dass die Eltern ihr Leben sinnvoll nutzen und Spaß daran haben.

Noch einmal zurück in die Tenniswelt. Wie oft sind Sie in den letzten Jahren bei einem Grand Slam-Turnier, wie jetzt in Paris, gewesen? 

In Paris war ich tatsächlich recht häufig für Jobs während der French Open. Dieses Jahr waren es vier Tage und es ist immer etwas Besonderes, hier zu sein. Es ist interessant zu sehen, wie sich die Plätze, das Stadion und die komplette Anlage mit den Jahren verändert und weiterentwickelt hat. Sich einfach  in Roland Garros zu bewegen, ist wunderschön. Da kommen dann auch viele Emotionen wieder hoch. Ich hoffe, dass ich eines Tages die Kinder mitnehmen und ihnen das zeigen kann.

Ihr Herz schlägt also noch für Tennis. Welche Rolle spielt Fußball?

Ganz ehrlich: Ich bin echt kein großer Fußballfan. Manchmal schaue ich es, aber auch eigentlich nur, wenn mein Mann gerade schaut. Er guckt schon sehr viel. Manchmal schauen wir es abends gemeinsam, wenn die Kids schon schlafen. Aber Tennis ist definitiv meine Sportart Nummer eins.

Wir sprachen darüber, dass Sie ab und zu mit Bastian Matches spielen. Wird er besser? Geben Sie ihm Tipps?

Er will keine Tipps! Er erlaubt mir nicht, welche zu geben. Aber er wird besser. Letztes Jahr hat er sich übrigens eine Bohrmaschine gekauft. Die Heimarbeit scheint ihn zu entspannen (lacht). Wir machen auch viel im Garten. Ich finde es wichtig den Kindern zu zeigen, wie man Blumen und Bäume anpflanzt. Wir haben einen kleinen Kräutergarten, züchten Tomaten und Zitronen. Wir verbringen schon viel Zeit draußen.

Vita Ana Ivanovic

Die Serbin, 36, begann als Fünfjährige mit Tennis, nachdem sie im Fernsehen Monica Seles hatte spielen sehen. Zwölf Wochen war sie die Nummer eins der Welt. Ihr Roland Garros-Titel von 2008 blieb ihr einziger Sieg bei einem Major. Insgesamt gewann sie 15 WTA-Titel und verdiente rund 15,5 Millionen Dollar Preisgeld. 2016 trat sie vom Tennissport zurück. Ivanovic ist heute Markenbotschafterin (u.a. Haier, Rolex, Unicef). Mit ihrer Familie lebt sie in Österreich und auf Mallorca.