Alexander Zverev

Ganz schön heiß hier. In Hamburg hatte Alexander Zverev bereits kurzzeitig Probleme mit der Hitze.Bild: Imago/Torsten Helmke

Auswirkungen von extremer Hitze beim Tennis: Drei Fragen an Dr. Michael Lichtenberg

Bei den Olympischen Spielen in Paris herrschen aktuell extrem hochsommerliche Temperaturen. Selbst eingefleischte Profis kommen mit solch einem Klima während der Ausübung von Hochleistungssport nicht klar.

Interview: Gabriele Hellwig

Gerade bei Sascha Zverev hat man es gemerkt. Die Hitze bei Olympia in Paris machte dem 27-Jährigen ordentlich zu schaffen. Auch in der Vorwoche musste er sich bei seinem Heimturnier am Hamburger Rothenbaum kurzzeitig behandeln lassen, weil der Blutzuckerspiegel des Diabetikers in den Keller ging. Was kann bei solch hohen Temperaturen noch passieren und wie lässt sich ein Kreislaufkollaps oder ähnliches verhindern? Dazu haben wir drei Fragen an Dr. Michael Lichtenberg gestellt. Er ist Facharzt für Angiologie, Innere Medizin, Kardiologie, Internistische Intensivmedizin und Chefarzt der Klinik für Angiologie des Klinikums Hochsauerland in Arnsberg.

Alexander Zverev hatte bei Olympia in Paris körperliche Probleme mit der Hitze. Die Lufttemperatur lag bei 35 Grad, im Stadion war es sogar noch heißer. Welche Auswirkungen haben solche Temperaturen auf den Körper?

Dr. Lichtenberg: Die Hitze hat sehr große Auswirkungen auf den Kreislauf.  In der Hitze weiten sich die Blutgefäße und dadurch sackt der Blutdruck ab. Das heißt, man hat bei Hitze immer einen deutlich niedrigeren Blutdruck als bei Kälte. Dadurch fühlt man sich bei Hitze müde, abgeschlagen und wenig motiviert. Für einen Leistungssportler wie Alexander Zverev, der 100 Prozent Leistung bei Olympia abrufen muss, ist das natürlich doppelt anstrengend: Er muss mit massiver Gewalt gegen einen niedrigen Blutdruck ankämpfen – und rennt und läuft trotzdem weiter. Außerdem schwitzt man bei Hitze sehr viel, mehr als ohnehin beim Tennis schon. Diese Hitze muss aus dem Körper entweichen. Normalerweise soll die Wasserbildung – also der Schweiß – die Haut kühlen. Diese Abkühlung findet bei einer Umgebungstemperatur von 40 Grad in viel geringerem Maße statt. Es kommt zu einem Hitzestau. Diese Wärme, die man gar nicht richtig los wird, ermüdet und ermattet zusätzlich. Im schlimmsten Fall kann extreme Hitze bei Leistungssportlern in einen Kreislaufkollaps münden.

Wie schützt man sich vor Hitze, wenn man rund zwei Stunden auf dem Platz stehen muss?

Dr. Lichtenberg: Da man viel schwitzt und immens viel Flüssigkeit verbraucht, sollte man in den entsprechenden Pausen, die es ja zum Glück im Tennis gibt, viel trinken. Vor allem Mineralwasser ist empfehlenswert, denn durch das Schwitzen verliert man sehr viele Nährstoffe, insbesondere Salze. Am besten geeignet ist in diesem Fall natriumreiches Mineralwasser, weil dadurch der Blutdruck wieder ansteigt. Im Alltag ist das für einen gesunden Menschen nicht als Dauergetränk geeignet, aber in dieser Extremsituation bei Olympia eine gute Sache. Das natriumhaltige Mineralwasser ersetzt die ganzen Verluste, die durch die Hitze entstehen. Wichtig ist bei der Hitze auch, eine Kopfbedeckung zu tragen. Diese schützt gut, denn der Kopf absorbiert die Hitze sehr stark. Wenn Pausen sind, sollte man sich unter einen Sonnenschirm setzen.

Zverev hatte später angekündigt, den Sponsor Adidas zu bitten, weiße statt schwarze Kleidung zur Verfügung zu stellen. Bewirkt schon diese Maßnahme etwas?

Dr. Lichtenberg: Ja, auf jedem Fall ist das sinnvoll. Das weiße Licht reflektiert die Sonnenstrahlen, das schwarze Licht absorbiert. Wenn man sich bei Hitze komplett in weiß kleidet, führt das natürlich nicht zu einer Antarktis-Temperatur, aber das ist ein Baustein, der sicherlich hilft. Wichtig ist außerdem luftige Kleidung anzuziehen. Diese sollte atmungsaktiv sein und die Luft rein- und rauslassen. Bei Olympia gibt es natürlich einen festen Zeitplan, aber für andere passionierte Tennisspieler gilt: Im Sommer möglichst nicht über die Mittagsstunden Tennisspielen, sondern eher morgens oder abends. Und immer auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten! Etwas aufpassen sollten herzkranke Menschen, auch wenn diese ansonsten gern Tennis spielen: Eine solche Hitzebelastung würde ich nicht empfehlen. Denn Tennis gehört zu den anstrengendsten Sportarten. Dann lieber warten bis es wieder etwas kühler wird!