BMW Open in München: „Wir haben jeden Stein umgedreht”
In diesem Jahr gibt es bei den BMW Open ein Upgrade: mit der Weltelite am Start, mehr Preisgeld und einem neuen Stadion. Im Interview mit tennis MAGAZIN erklären Christian Okon und Fabian Tross das Konzept.
Die Macher: Christian Okon (52) ist Geschäftsführer von BMW Open-Veranstalter MMP Event, einer hundertprozentigen Tochter von ProSiebenSat.1.; Fabian Tross (49) ist seit 16 Jahren Vorstand des MTTC Iphitos, Lizenzinhaber und Gastgeber der BMW Open. ©BMW Open
Herr Okon, Herr Tross, ab diesem Jahr werden die BMW Open als 500er-Turnier gespielt. Einen Scoop konnten Sie bereits verkünden. Mit Jannik Sinner, Alexander Zverev und Taylor Fritz kommen die Nummer 1, 2 und 4 nach München. Besser könnte es für die Premiere in der neuen Kategorie nicht laufen, oder?
Christian Okon: Klar, das ist ein spektakuläres Spielerfeld. Mit dem neuen 500er-Level haben wir natürlich viele Wünsche und Ziele. Dass wir bereits im ersten Jahr von den Top Vier-Spielern, direkt drei zur Premiere am Start haben, ist super und hat uns sehr gefreut. Es ist vor allem ein Ergebnis der jahrelangen und kontinuierlichen Qualität, die wir bei den BMW Open in allen Bereichen an den Tag legen. Aber es ist auch der Respekt, den wir uns bei den Spielern, Managements oder den Trainern erarbeitet haben. Sie wissen, was sie in München erwartet.
Fabian Tross: Ein weiterer Punkt ist, dass wir alles dafür getan haben, in die neue Woche, die sogenannte „Double 500 Week“, mit Barcelona zu rutschen. Wir sind die Strategie der ATP hier voll mitgegangen und haben einen enormen Aufwand betrieben, in diese Woche zu kommen und ein 500er zu werden, mit allen entsprechenden Anforderungen. Dazu gehören auch der neue temporäre Center Court und das feste Stadion, das wir bauen werden. Wir können das beste Turnier der Welt sein, aber wenn du in einer schlechten Woche bist, kommt niemand. Jannik Sinner hat letztes Jahr drei 500er und kein 250er gespielt, da muss also alles passen.
Können Sie das bitte erklären?
Tross: Die Topspieler haben nach unserem Turnier drei bis vier Tage Pause, weil das Masters 1000 in Madrid erst am Donnerstag richtig losgeht. Wenn man bei uns im Halbfinale verliert, hat man also fast eine Woche frei. Deshalb werden in unserer Woche so gut wie alle spielen. Unsere Hoffnung war, dass sich die Top 20 auf Barcelona und München verteilen, was dieses Jahr genauso passiert und zeigt, dass sich die Investitionen lohnen.
Eine Nummer eins gab es in der Geschichte des Turniers noch nie
im Feld. Wie ist Ihnen dieser Scoop gelungen?
Okon: Am Ende des Tages ist es eine Teamleistung. Fabian, Turnierdirektor Patrik Kühnen und ich haben uns für dieses Jahr sehr früh Gedanken gemacht, wie ein mögliches Spielerfeld aussehen kann und sind dann recht früh an die Spieler und deren Teams herangetreten. Argumente waren dabei unter anderem die BMW Open als ATP-500er, die optimale Woche und etwa die Höhenlage in München (liegt mit 520 Metern über dem Meeresspiegel ähnlich hoch wie Madrid; d. Red.). Mit dem Management von Jannik waren wir uns schnell einig, weil sie das Konzept überzeugt hat. Jannik hat schon viel Gutes aus München gehört.
Tross: Es ist einfach eine Story, die gut zusammenpasst. Als Deutschsprachiger mit vielen Fans und der Möglichkeit, dass Südtiroler oder Österreicher kommen und ihn sehen können. Er war schon zwei Mal bei uns gemeldet. Das eine Mal war Covid und das andere Mal hat er das Finale in Barcelona gespielt und war dann verletzt. Wir sind schon lange in Kontakt, man kennt sich und will schon länger den Weg gemeinsam gehen. Alcaraz wird in Barcelona spielen, Sinner in München. Das ist am Ende eine logische Aufteilung.
Vom Turnierkalender liegt die Woche gut, aber das Wetter Mitte April war in den letzten Jahren nicht so gut.
Tross: Das Wetter ist immer ein Thema und irgendwie reden auch alle drüber. Am Ende hat es dann aber auch nicht so gravierende Auswirkungen, weil die Spieler und die Zuschauer kommen. Als klar war, dass wir mit dem Turnier früher im Jahr stattfinden, haben wir uns vom Wetterdienst eine Auswertung geben lassen. Es macht statistisch keinen Unterschied, ob wir in der dritten oder vierten Aprilwoche oder in der ersten Maiwoche spielen. Letztes Jahr hatten wir Samstag, Sonntag in der Quali und Montag 25 Grad. Am Dienstag sind die Temperaturen runter auf sieben Grad. Das gehört zu der Woche dazu und wir haben unseren Frieden damit einerseits gemacht. Andererseits ist das auch der Grund, warum wir jetzt das Stadion mit dem Dach bauen. Wir möchten mit der aufgewerteten Kategorie, der erhöhten Zuschauerzahl und der weltweiten Reichweite garantieren, dass es bei uns Spitzensport egal bei welchem Wetter gibt.
Stichwort neues Stadion. Wie wird das temporäre Stadion aussehen?
Okon: Wenn man die Anlage für ein ATP-500er plant, muss man wissen, dass die Voraussetzungen und die Auflagen seitens der ATP als Lizenzgeber natürlich von denen eines 250er-Turniers abweichen. Im ersten Schritt war für uns klar, egal ob temporäres oder neugebautes Stadion, dass wir die Kapazitäten signifikant erhöhen müssen. Es war auch schnell klar, dass es dort, wo der Center Court sonst war, nicht möglich sein wird. Wir haben überlegt, an welchem Ort wir einen Center Court realisieren können der zum einen kapazitätstechnisch das hergibt, was wir brauchen und zum anderen aber auch zur Philosophie passt, wie wir die Anlage aufbauen wollen. Für uns war es immer wichtig, dass die Besucher, wenn sie auf die Anlage kommen, schnell Sport sehen.
Das heißt?
Okon: Wichtig für uns und den MTTC Iphitos ist, dass wir nahbar und familienfreundlich bleiben und weiterhin Tennis zum Anfassen bieten. Die einzig logische Lösung für uns war es deshalb, den temporären Center Court in die erste Reihe vor dem Clubhaus zu bauen. Insgesamt haben wir hohe Tribünen auf drei Seiten und eine flachere vor dem Clubhaus. Das hat den Grund, dass wir das Clubhaus als Eyecatcher im Hintergrund sehen wollen, wenn wir Bilder und Videos produzieren. Ich finde es immer super sympathisch, wenn man Tennisbilder aus der Welt sendet und man direkt weiß, wo man ist. Darum haben wir dieses ikonische Clubhaus vom Iphitos jetzt als „Signature Shot“ in der Medialisierung. Das Stadion bietet Platz für über 6.000 Zuschauer und wir sind zum jetzigen Zeitpunkt bereits komplett ausverkauft.
Was erwartet die Zuschauer sonst auf der Anlage?
Okon: Die zweite größere Änderung neben dem Center Court ist, dass wir den Hospitality-Bereich, der früher in der Mitte der Anlage in Form eines Doppelstockzeltes positioniert war, auf die Wiese direkt links neben dem Eingang vom Iphitos verlegt haben. Wir gehen weg vom klassischen Zeltbau, den wir in der Vergangenheit hatten und bauen auf über 1.000 Quadratmetern unsere Chalets auf. Klar ist diese Art der Architektur auch als Reminiszenz an die Stadt München und an Bayern insgesamt gedacht.
Wann wird das feste Stadion fertiggestellt sein?
Tross: Nächstes Jahr noch auf keinen Fall. Wenn alles gut läuft, ist 2027 realistisch. Wenn es etwas weniger gut läuft, dann eher 2028. Wir werden also auf jeden Fall zwei Jahre im temporären Setup spielen, weil wir jetzt im Bebauungsplanverfahren bei der Stadt München sind. Das dauert ungefähr eineinhalb Jahre und dann haben wir noch mal ein Jahr Bauzeit. 7.500 ist unsere Wunschgröße. Wir haben da noch keine finale Zahl, weil wir jetzt gerade im laufenden Verfahren sind. Aber es wird irgendwo zwischen 6.500 und 7.500 liegen. Das hängt beispielsweise auch davon ab, wie viele Logen man reinnimmt und wie wir das Stadion technisch ausstatten.
So sieht die neue Anlage aus: 1| Das Clubhaus. Während des Turniers ist es die Anlaufstelle für die Stars. 2| Temporärer Center Court mit Platz für rund 6.000 Zuschauer. Hier wird auch das feste Stadion mit Dach gebaut. 3| Alter Center Court. Rund 4.000 bietet das zweitgrößte Stadion auf der Anlage. 4| Hospitality-Bereich. Im Stil eines Chalet-Dorfes als Reminiszenz an München.
Gibt es ansonsten Auflagen seitens der ATP?
Okon: Auch bei einem ATP-500er muss man mindestens drei Match-Courts stellen und TV-Bilder produzieren. Wir haben den neuen temporären Center Court, den ehemaligen Center Court und noch einen Court 3 plus dazu dann die entsprechenden Trainingsplätze. Die reine Besucherzahl pro Tag wird um die 6.000 liegen. Was wir berücksichtigen müssen, ist, dass wir seit mehreren Jahren schon gemeinsam mit der Allianz die Para-Trophy ausspielen. Auch diese ist etabliert und war für uns in den Planungen sehr wichtig. Dieses Konzept möchten wir genauso weiterführen, weshalb wir auch noch den Allianz Para-Court auf der Anlage haben. Das Turnier wird ab Donnerstag ausgespielt.
Dass jeder die Stars direkt beim Training beobachten kann, gehört auch zum Konzept?
Okon: Absolut. In der Vergangenheit hatten wir beispielsweise einen Trainingscourt direkt im Eingangsbereich. Die Fans kamen auf die Anlage und haben sofort Tennis und die Stars gesehen. In diesem Jahr wird das im neuen Setup der Center Court sein. Den BMW Practice Court finden die Besucherinnen und Besucher nun im Herzen der Anlage. Auch hier haben wir einen sehr prominenten Platz gefunden.
Tross: Wir haben in unserer Analyse festgestellt, dass unser USP eben dieses Familiäre, dieses Nahbare ist. Man ist hautnah am Spieler dran. Ich sehe, wie er zum Essen, zum Trainieren oder zum Court geht. Das war bei unserer ganzen Planung und ist auch weiterhin das Motto. Das wollen wir nicht verlieren, nur weil wir jetzt größer werden, denn es ist genau das, was uns stark macht.
Aber der Spagat zwischen familiär und nahbar auf der einen und Expansion durch die Aufwertung zum 500er ist nicht einfach, oder?
Okon: Man kann an der Stelle links oder rechts abbiegen. Entweder wir werden sehr technisch und optimieren die Anlage strikt nach den Auflagen. Oder wir gehen den etwas aufwendigeren Weg und erhalten das, was uns stark gemacht hat auch in dem größeren Setup. Wir haben uns eindeutig für letzteren Weg entschieden. .
Tross: Wir haben die Erfahrung aus den letzten 20 bis 30 Jahren, in denen auch immer wieder Stars bei uns waren. Wir hatten Andy Murray, als er die Nummer 32 der Welt war, Tommy Haas war hier, Roger Federer hat einmal gewonnen. So gut wie jedes Jahr waren Topspieler bei uns. Vielleicht nicht in der Fülle, aber es hat sich nie ein Spieler beschwert, dass er zu nah an den Fans ist oder beim Essen nach einem Autogramm gefragt wird. Eher umgekehrt. Viele Spieler finden das toll und freuen sich darüber. Die spielen sonst in Miami in einem Football-Stadion und kommen überhaupt nicht mit den Fans in Berührung. Eigentlich mögen die Profis genau solche Club-Turniere, mit einer echten Tennisanlage und dem echten Tennisgefühl. Deshalb sind wir überzeugt, dass das unser Weg ist.
Das Preisgeld steigt von 600.000 Euro auf 2,5 Millionen. Allein daran erkennt man die neue Größe des Turniers. Wo macht sich das Upgrade noch bemerkbar?
Okon: Schon als 250er hatten wir ein Volumen im Gesamtbudget in der Größenordnung zwischen fünf und sechs Millionen Euro. Als 500er steigt das natürlich. Wir erhöhen signifikant die Kapazität und die Anzahl der Fans, die auf die Anlage kommen. Alle Parameter deuten in eine andere Dimension. Es ist also kein einfaches „Weiter so“, sondern ein komplett neues Turnier, das wir gemeinsam entwickelt haben. Angefangen bei der Flächenplanung über die Wegführung der Besucher und vielen weiteren Themen. Wir haben jeden Stein umgedreht und nahezu in allen Bereichen Anpassungen oder Weiterentwicklungen vorgenommen.
Tross: Beispiel TV-Produktion. Wir hatten in der Vergangenheit nur die Matches auf dem Center Court produziert und zusätzlich mit Kameras ausgewählte Schnittbilder von den anderen Courts geliefert. Jetzt produzieren wir drei Courts komplett. Wir hatten früher zwischen 30 und 50 Mitarbeiter in diesem Bereich. Das werden dieses Jahr bis zu 100 sein, die allein produktionstechnisch für uns im Einsatz sind, um die verschiedenen Kanäle wie TV und Social zu bespielen. Man wächst in allen Bereichen signifikant, auch was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Iphitos angeht. Wir sind aber als Team schon lange zusammen und uns war allen klar, dass wir an verschiedenen Stellen nachjustieren und uns anders und vor allem breiter aufstellen müssen.
Das Finale wird am Ostersonntag gespielt. Wenn Sie am Ostermontag eine Bilanz zieht: Was wären Wünsche und Träume, die sich erfüllt haben sollten?
Tross: Es sind ja schon so viele Wünsche in Erfüllung gegangen, dass ich mir eigentlich gar nicht viel mehr wünschen möchte. Es wäre schön, dass die vielen Dinge, die wir uns überlegt haben, auch in der Realität funktionieren. Eine gute Stimmung auf dem Center Court, Spieler, die zufrieden sind mit dem Konzept oder auch, dass der neue VIP-Bereich ein wirkliches Upgrade im Vergleich zum vorherigen Doppelstockzelt ist. Klar träumt man auch davon, dass einer von den Top zwei-Gesetzten bei hoffentlich angenehmen Temperaturen im Finale spielt. Aber das ist dann alles nur die Sahne auf der Torte. Die ganze Woche ist ausverkauft und wir haben ein top Spielerfeld. Ich freue mich jetzt auf das Turnier und werde es genießen.
Okon: Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Man macht sich viele Gedanken und versucht im Interesse der Spieler, der Stars, der Besucher und auch der Wirtschaftspartner etwas Besonderes aufzusetzen und auf die Beine zu stellen. Wenn es am Ende viele glückliche Gesichter gibt, sowohl bei den Fans, den Spielern und den Partnern, dann hat man auf alle Fälle vieles richtig gemacht.
INFOS
BMW Open München
Termin: 12. – 20. April (inkl. Quali)
Kategorie: 500
Belag: Asche
Spieler: 32er-Feld, u.a. Jannik Sinner, Alexander Zverev, Taylor Fritz
Preisgeld: 2,5 Mio. Euro
Titelverteidiger: Jan-Lennard Struff
TV: Joyn, Sky
Mehr Infos und Tickets: bmwopen.de