PAT CASH AUSTRALIA WIMBLEDON

Am liebsten auf Rasen: Cash 1990 in Wimbledon

Pat Cash: „Wimbledon war wie gemacht für mein Spiel“

Welche Erinnerungen haben Sie an den Tag des Finals?
Ich war ziemlich nervös, als ich aufwachte. Ich schlief nicht besonders gut. Es war mein zweites Grand Slam-Finale, aber Wimbledon ist anders. Ich wärmte mich mit meinem guten Freund Darren Cahill auf. Meine Trainerin hatte mir wie jeden Morgen Muffins zubereitet. Als ich den Platz betrat, war es ein unglaubliches Gefühl: der Lärm, die vollbesetzten Ränge – so etwas hatte ich vorher auf dem Centre Court noch nie erlebt. Dann mussten Ivan und ich uns gleichzeitig vor der Royal Box verbeugen. Nach ein paar Spielen fiel die Aufregung ab. Alles passierte automatisch.

Sie prügelten Ivan Lendl in drei Sätzen vom Centre Court. War es auch eine Genugtuung, weil Sie Lendl nicht mochten?
Das stimmt. Ich weiß nicht, ob ihn überhaupt jemand mochte. Er machte immer Witze auf Kosten von anderen. Es war wohl Teil seiner Persönlichkeit, anderen das Gefühl zu geben, minderwertig zu sein. Aber Ivan war eine unglaublich lange Zeit die Nummer eins der Welt und hatte wohl das Recht, selbstbewusst zu sein. Er hat alles gewonnen – bis auf Wimbledon.

Nach dem Finale kletterten Sie zu Ihrem Anhang in die Box. Heute tun das viele, aber damals war das ein Affront.
Früher war alles viel ernsthafter in Wimbledon. Die Royal Family war präsenter. Die Umkleidekabinen waren sehr klein und die Mitglieder wollten auch während des Turniers an ihre Schränke. Es war ihr Club und wir kamen, um sie zu unterhalten. Mit der Klettereinlage brach ich eine ungeschriebene Regel. Am Abend vorher sagte ich zu meinen Leuten: ‘Wenn ich gewinne, klettere ich in die Box.’ Und dann gewann ich tatsächlich und dachte: ‘Das kannst du nicht machen.’ Nach dem Finale ging alles schnell. Die Zeremonie begann. Man brachte den Teppich heraus, die Trophäe. Der Herzog und die Herzogin standen schon bereit. Alles war fast fertig, als ich zu klettern begann. Ich dachte, wenn ich es jetzt nicht tue, tue ich es nie wieder. Es war mein Moment, nicht der Moment des Clubs. Ich wollte ihn mit meiner Familie und meinen Coaches teilen.

Sie sagten einmal, der Druck auf der Tour sei so groß gewesen, dass Sie zu einem Therapeuten mussten.
Das war nach meiner Karriere. Zu meiner aktiven Zeit reiste ich mit einem Sportpsychologen, der mir half, mit dem Druck umzugehen – dem von außen, aber vor allem dem, den ich mir selber machte. Meine Erwartungen waren zu hoch. Ich war Perfektionist. Ich wollte der Schnellste sein, der Beste, der Größte. Es war gut, ihn dabei zu haben. Wir saßen nach den Matches zusammen und haben alles analysiert. Aber es war trotzdem nicht leicht. Später merkte ich, dass der Druck bei mir viel kaputt gemacht hat. Ich hatte Depressionen. Daran arbeite ich heute noch.

Sie kämpften oft mit Rückenproblemen. Sehen Sie heute einen Zusammenhang?
Ich bin der festen Überzeugung, dass mentale Probleme physische Schwächen kreieren. Ob es meine Achillessehnenverletzung war oder der Rücken – es war ein mentales Problem. Sehen Sie sich Andy Murray an. Sein Rücken schmerzte so sehr, dass er sich operieren lassen musste. Andy trägt die Hoffnungen von ganz Britannien auf seinen Schultern! Sein Rücken kann nur kollabieren. Sehen Sie sich Boris Becker an. Sein Körper zerfällt in alle Einzelteile. Der Druck, die Erwartungen, physisch und mental – das war extrem bei ihm.