Robin Haase im Interview: „Manche Spieler sind asozial”
Robin Haase hat auf und abseits des Platzes bereits schwere Prüfungen überstehen müssen. Im Interview spricht der Niederländer über die Unterstützung eines „Lebenstrainers“, die negativen Seiten der NextGen und den Gebrauch von Schmerztabletten.
Was viele nicht wissen: Sie haben einen deutschen Vater und sprechen die Sprache fließend. Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Deutschland bezeichnen?
Das ist richtig und als ich klein war, hat er im Vertrieb auch in Deutschland gearbeitet. Wir sind aber in den Niederlanden geblieben. Natürlich hat er darauf geachtet, dass meine Geschwister und ich zweisprachig aufwachsen. Manchmal, wie jetzt in unserem Gespräch, fällt mir mal ein Wort nicht ein, aber generell spreche ich ganz gut. Zu Deutschland selbst habe ich jetzt aber nicht den ganz großen Bezug.
Gab es denn zu Jugendzeiten mal Kontakt zum DTB?
Als Kind habe ich Tennis erst nicht so ernst genommen. Später als ich besser wurde, musste ich zunächst um Förderung kämpfen. Der Deutsche Tennis Bund hat sich zu dieser Zeit aber nicht gemeldet. Dann wurde ich irgendwann vom niederländischen Verband gefördert und fühlte mich sehr gut aufgehoben. Ich fühlte und fühle mich auch als Niederländer – auch wenn ich in Belgien meinen Wohnsitz habe.
Was einem bei Ihnen nicht direkt einfällt: Sie haben zwei Grand Slam-Finals gespielt. Welche Erinnerungen überwiegen: das Juniorenfinale 2005 in Wimbledon oder das Doppelfinale bei den Australian Open 2011?
Wimbledon ist eine andere Hausnummer, auch bei den Junioren. Das Finale dort war ein tolles Ereignis. Ich habe im Halbfinale drei lange Sätze mit Tiebreak gegen Tim Smyczek benötigt und war im Finale etwas platt. Jeremy Chardy war mein Gegner (4:6, 3:6, Anm. d. Red.). Aber meine Juniorenzeit weckte auch Erwartungen. Ich war die Nummer drei der Juniorenweltrangliste. Für niederländische Verhältnisse war ich medial in aller Munde. Das Doppelfinale in Australien ist etwas schwächer in der Erinnerung. Auch, weil Igor Sijsling und ich gegen die Bryan-Brüder nicht wirklich eine Chance hatten.
Haben Sie nach Ihrer sehr guten Junioren-Zeit viel Druck in der Heimat gespürt?
Wie gesagt: Es war schon ein bisschen was los. Die Niederlande war und ist keine Tennisnation. Es wäre etwas anderes gewesen, wenn ich im Eisschnelllauf der beste Junior gewesen wäre (schmunzelt). Aber wir hatten ja immer wieder herausragende Akteure wie Richard Krajicek oder Sjeng Schalken, der zu dieser Zeit leider mit den Folgen einer Viruserkrankung zu kämpfen hatte und 2007 aufhören musste. Also lag der Fokus auf mir.
Sie waren ein Topjunior. Wie schwer war vor 13 Jahren die Umstellung auf die Profitour?
Ich habe einfach so mitgespielt. Als guter Junior ist man ja gewohnt, viel zu gewinnen. Und dann spielt man in der ersten Runde seines ersten ATP-Turniers gegen Juan Carlos Ferrero, einen Grand Slam-Sieger. Mental kann das rasch sehr schwierig werden. Aber über Erfolge auf der Challenger-Tour ging es dann bergauf, wenn auch nicht ganz nach oben.
War das Ihr Ziel?
Naja, es gab und gibt bessere Junioren, die den Übergang nie geschafft haben. Von daher kann ich mit dem Erreichten schon zufrieden und auch stolz sein.
Zumal Sie 2009 als junger Spieler mit einer hartnäckigen Knieverletzung lange ausfielen.
Ich konnte im ganzen Kalenderjahr an keinem Turnier teilnehmen und fiel in der Weltrangliste weit zurück. Ich war fast 16 Monate weg vom Fenster. Es war der Meniskus, mit dem ich heute immer noch Probleme habe.
Erklären Sie das.
Ein Teil davon ist taub. Ich habe weniger Balance und muss mich selbst etwas manipulieren. Während der Matches spüre ich nichts wegen des Adrenalins. Doch danach kann ich manchmal kaum noch gehen oder anständig sitzen. Ich kann auch nicht mehr die Umfänge trainieren wie früher. Doch das hat geholfen. Ich bin effizienter, konzentrierter im Training. Aber klar ist auch: Ohne Schmerztabletten geht bei mir manchmal nichts.
Ein Physiotherapeut, der im Tennis arbeitet, hat einmal gesagt: Manche Spieler essen Schmerztabletten wie Smarties. Rafael Nadal hat die Einnahme auch zugegeben.
Wiedersprechen kann ich da nicht. Viele Spieler tun das. Leistungssport ist nicht gesund.
Verletzungen sind omnipräsent, weil in den vergangenen zwei Jahren auch die großen Spieler betroffen waren und mehr oder weniger Probleme bei den Comebacks hatten.
Es ist typisch für die ATP-Tour, dass erst dann diskutiert wird, woran die Verletzungen liegen können. Ich denke, die momentane Situation zeigt sehr gut, wie schwer so ein Comeback ist. Diese Topspieler haben das professionellste Umfeld und trotzdem gibt es keine endgültigen Garantien, dass alles glattläuft.
Ihr damaliger Trainer Mark de Jong wurde 2016 am Flughafen verhaftet. Anfang 2018 ist er des Mordes schuldig gesprochen worden an einem wohlhabenden Geschäftsmann, bei dem er eine Menge Spielschulden angehäuft haben soll. Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem ehemaligen Coach?
Nein. Das Ganze war wie ein schlechter Horrorfilm. Ich war total geplättet, als er verhaftet wurde und konnte vier Monate nicht spielen, so sehr hat mich das mitgenommen. Heute ist diese Geschichte wie weggeblasen. Aber sie holt mich immer wieder ein. Besonders enttäuscht war ich von der heimischen Presse. Da sind einige Kampagnen gegen mich gefahren worden, obwohl ich mich geäußert hatte und nachweislich nichts damit zu tun hatte. Das hat mich sehr gekränkt. Aber das habe ich unter meinem neuen Trainer aufgearbeitet
Sie haben unter Raymond Knapp einige Erfolge vorzuweisen. Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit, wenn Sie sagen, dass Sie auch abseits des Tennis gearbeitet haben?
Er ist mehr als ein Tenniscoach für mich. Ich bezeichne ihn als Life-Coach, also Lebenstrainer. Wir haben viel über meine mentalen Probleme gesprochen, als die Sache mit meinem Ex-Trainer begann. Aber auch über den mentalen Part des Sports. Ich bin ein extrovertierter Spieler, der manchmal ein Match hat laufen lassen, wenn irgendetwas nicht geklappt hat. Wir haben Wege gefunden, wie ich das manchmal verhindern kann.
Können Sie etwas konkreter werden?
Leider nicht. Ich sehe das als Vorteil an und mir bringen diese Dinge sehr viel. Ich möchte das für uns behalten.
Sie spielen in der Kleidung und in den Schuhen von Diadora, die in der letzten Zeit ihr Comeback im Tennissport feiern. Gibt es einen besonderen Grund dafür?
Die Marke hat eine atemberaubende Vergangenheit. Es ist eine Ehre, die Marke zu vertreten, die bereits Legenden wie Björn Borg oder Gustavo Kuerten mit Stolz getragen haben. Der Vintageschuh von Borg ist fantastisch und historisch bedingt echt eine coole Sache. Ich bin mit meiner Ausrüstung mehr als zufrieden und trage viel in der Freizeit.
Der Weltverband ATP hat die jungen Spieler in den vergangenen zwei Jahren sehr gepusht. Wie gefällt Ihnen die nächste Generation?
Das ist auch gut so. Wir benötigen leistungsstarke junge Spieler, die gut vermarktet werden. Das hätte ich mir vor zehn Jahren auch gewünscht (lacht). Aber es gibt auch negative Seiten bei den jungen Spielern. Ich denke, dass einige nicht gut erzogen worden sind.
Was meinen Sie konkret?
Manche Spieler sind asozial. Da geht es um einfachste Manieren. Zum Beispiel beim Training. Alles wird stehen und liegen gelassen. Balldosen, Trinkflaschen und generell Müll. Das hätte ich mich am Anfang meiner Karriere gar nicht getraut.
Ganz ruhig sind Sie aber auch nicht immer.
Das stimmt, aber da geht es um die Art und Weise, wie ich mich auf dem Platz verhalte. Das ist sicher nicht immer einwandfrei gewesen, aber Manieren habe ich.
Alexander Zverev wird hierzulande gerne dafür kritisiert, dass er auf dem Platz seine Nerven nicht immer im Griff hat. Was halten Sie von Deutschlands Tennishoffnung?
Zverev ist die Nummer drei oder vier der Welt und hat wie viele Turniere schon gewonnen? Und Deutschland redet darüber, wie viele Schläger er zertrümmert? Wenn er so Erfolg hat, soll er bitte 365 Tage im Jahr Schläger zertrümmern. Außerdem hat er ein sehr gutes Team um sich herum, die werden das schon feinjustieren.
Gibt es Entwicklungen im Tennis, die sie anprangern?
Beim Davis Cup. Es ist zum Verzweifeln, weil ich immer gerne für die Niederlande gespielt habe. Und jetzt wird die ganze Tradition kaputtgemacht.
Das Problem ist, dass die großen Spieler immer seltener antreten..
Ist Roger Federer der Davis Cup? Macht er das Event aus? Oder geht es um mehr? Ich denke, dass Tennis mehr Wert ist als die großen Stars wie Federer, Nadal, Djokocic, Murray und sich einige Veranstalter mit ihrer Einstellung vielleicht verpokern.
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