Alexander Zverev vor US Open: Der Einfluss Federers
Alexander Zverev eröffnet am Dienstag seine persönliche US Open-Kampagne gegen den nicht zu unterschätzenden Moldawier Radu Albot. Nach dem Managementdeal mit Team8, der Agentur von Roger Federer und Tony Godsick, soll Ruhe einkehren. Das ist aber nicht die ganze Wahrheit.
Es sind knapp 15 Monate vergangen, seitdem Roger Federer – für seine Verhältnisse – ein ganz kleines bisschen genervt reagiert hat. Im Juni 2018, nach seinem Sieg über Benoit Paire beim Rasenturnier in Halle/Westfalen, war das. „Ich bin nicht sein Coach und der Begriff des Mentors ist nicht unbedingt der Richtige“, sagte der nach Grand Slam-Turnieren erfolgreichste Tennisspieler aller Zeiten damals über den besten deutschen Tennisspieler der Gegenwart, Alexander Zverev, auf tennis MAGAZIN-Anfrage.
Federer, der es wie kaum ein anderer Spieler auf der Tour versteht, sich authentisch vor den Medien zu präsentieren, beließ es aber nicht bei diesem Satz. Etwas ruhiger führte er aus, dass er Zverev natürlich Tipps gebe bei gemeinsamen Trainingseinheiten, wenn ihm etwas auffalle. „Wenn Sascha mich etwas fragt, dann sowieso.“ Federer verdeutlichte aber, dass dieser Umstand nicht nur für den deutschen Davis Cup-Spieler gelte. „Ich mache das bei einigen jungen Spielern.“
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Vorschau auf die US Open: Amerikanischer Aufschwung
Diese Federer-Aussagen wurden zu einer Zeit getätigt, da schien Zverev gerade seinen Grand Slam-Durchbruch vorzubereiten. Wenige Tage zuvor war er bei den French Open 2018 erstmals in ein Major-Viertelfinale eingezogen. Eine Oberschenkelverletzung verhinderte gegen Dominic Thiem, wie Zverev später im Jahr behaupten würde, unter Umständen sogar mehr. Die Beeinträchtigung hatte zudem Einfluss auf die Rasensaison. Später im Jahr, spätestens nach dem Laver Cup im September 2018, startete Zverev durch und erklomm bei den ATP-Finals im November den Thron – nach Siegen über Federer und Djokovic. Damals wurde sein stabiles, wie von selbst funktionierendes Umfeld bestehend aus den Eltern, Honorarcoach Ivan Lendl und Manager Patricio Apey gefeiert.
Potential draw of Alexander #Zverev at the #USOpen2019 (only Slam he never reached the second week
1rd Albot
2rd Tiafoe/Karlovic
3rd Paire
Last16 Khachanov/Schwarzman
Last8 #NadalRegarding everything that happened: second week would be a success! pic.twitter.com/zuC9SPooCo
— Jannik Schneider (@schnejan) August 22, 2019
Ende August 2019 vor Alexander Zverevs Start in die US Open an diesem Dienstag gegen Radu Albot wirken nicht nur diese Erfolge entfernter denn je; zeitlich liegen sie „gefühlt“ noch viel entfernter als neun Monate zurück. Auch das Team hat sich verändert. Zuletzt verließ Lendl entnervt den Zverev-Clan. Apey kümmert sich offiziell nicht mehr um die finanziellen und organisatorischen Belange, seitdem Zverev im März am Rande des Turniers in Miami gegenüber tennis MAGAZIN öffentlich machte, dass er gegen den Chilenen vor Gericht ziehen werde.
Zverev: Federer war Auslöser des Managementdeals
Zverev hat bislang eine Saison gespielt mit wenigen Höhen und einigen Tiefen. In die Schlagzeilen geriet er vermehrt aufgrund von hausgemachten Problemen abseits des Platzes. Pikant: Für das Dauerproblem Management, das Zverev von außen betrachtet ohne Not öffentlich machte, war Roger Federer 2018 bereits Auslöser. Und jetzt soll der Schweizer, der mit seinem langjährigem Manager Tony Godsick die Agentur Team8 leitet, auch der Problemlöser sein.
#Zverev confirmed at #USOpen what I reported back in march in Miami
Team8 (company of Federer/ Manager Godsick) will be new Management of Zverev
– Godsick will take care personally
– lawsuit vs Apey not over, Zverev: "still a lot headache with that"https://t.co/E6X4RCN3Qq
— Jannik Schneider (@schnejan) August 23, 2019
„Ich bin froh, dass ich mich jetzt wieder mehr aufs Tennis konzentrieren kann“, sagte Zverev am Wochenende bei seiner Medienrunde in Flushing Meadows. Es ist das einzige Major, bei dem der 22-Jährige noch nie die zweite Woche erreicht hat, sprich, ins Achtelfinale eingezogen ist. Bereits nach dem Turnier in Hamburg habe sich Godsick und Zverev final auf eine Zusammenarbeit geeinigt, ließ Zverev verlautbaren.
tennis MAGAZIN erfuhr: Roger Federer und Godsick bemühten sich schon 2018 um den Deutschen. Einen Austausch soll es bereits während des Turniers 2018 in Halle gegeben haben. Intensiviert wurden die Gespräche rund um den Laver Cup 2018 in Chicago, den Team8 initiiert hat. Nach den ATP-Finals und einigen Ungereimtheiten zwischen Zverev und Apey wollte Zverev den Wechsel zu Team8 forcieren. Der sich aber aufgrund laufender Verträge bis jetzt hinzog. Überraschen darf das eigentlich nicht. Zverev und seine Familie haben sich den Wechsel wohl zu leicht vorgestellt. Eine ziemlich naive Herangehensweise, wenn man bedenkt, dass der gewiefte Geschäftsmann Apey des Tennis-Business in- und auswendig kennt. Es geht – wie so oft – um viel Geld.
In Halle 2018 wollte Federer von einer intensiveren Bindung öffentlich ebenso wenig etwas wissen wie im März 2019 in Miami, als er, auf die Gerüchte von tennis MAGAZIN angesprochen, zunächst erklärte, dass er dazu keinen Kommentar abgeben möchte. Schließlich sagte Federer: „Ich weiß, dass Sie denken, ich sei bei Team8 viel mehr als ein Spieler oder ein Klient. Aber ich konzentriere mich nur auf mein Tennis. Ich hoffe für ihn (Zverev, Anm. d. Red.) aber, dass er diese Dinge klären kann.“
Nicht nur Zverev: Federer traf sich mit Mutter von Kyrgios
Mit dieser Aussage machte es sich Federer seinerseits zu einfach. Federer ist vielmehr als nur ein Spieler bei Team8. Im Spätherbst seiner Karriere, die er auf beeindruckende Art und Weise noch immer auf dem allerhöchsten Niveau bestreitet, kümmert sich der 38-Jährige ebenfalls um die Zeit nach seiner aktiven Karriere. Dazu gehört es, die seiner Meinung nach spielerisch und werbetechnisch interessantesten Nachwuchsspieler an seine Agentur zu binden, um Einfluss zu gewinnen. Cori Gauff ist bereits unter Vertrag, Alexander Zverev folgte nun. tennis MAGAZIN weiß aus unterschiedlichen Quellen, dass sich Federer in persönlichen Gesprächen immer wieder um Spieler bemüht. So hat er sich in der Vergangenheit bereits mit der Mutter von Nick Kyrgios getroffen, um sie von Team8 zu überzeugen – vergeblich.
Es ist also ein wenig die Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet jene Agentur, die für Unruhe gesorgt hat, jetzt wieder für Ruhe sorgen soll im Umfeld von Alexander Zverev. Die Hoffnung ist nicht nur bei Zverev selbst, sondern auch bei den Augenzeugen in New York allgegenwärtig. Boris Becker erklärte als Eurosport-Experte, dass Zverev die Neuausrichtung etwas Zuversicht geben wird. Im Hintergrund jedoch schwelt der Rechtsstreit mit Apey weiterhin. „Da gibt es noch eine Menge Kopfschmerzen drumherum“, sagt Zverev selbst.
Wegen Zverev: Weder Apey noch Godsick äußern sich
Es gilt als wahrscheinlich, dass sich die Geschäftsmänner Apey und Godsick bereits in den Tagen von New York treffen werden. Beide Lager wollten sich auf tennis MAGAZIN-Anfrage bislang nicht dazu äußern. Godsick verschwieg zudem, wie lange der Vertrag zwischen Team8 und Zverev laufen werde und ob Godsick sich persönlich um die Belange des Deutschen kümmern werde. Exakt das hatte Zverev am Freitag erklärt. Kommt es zu keiner außergerichtlichen Einigung mit Ex-Manager Apey kann der Rechtsstreit wohl in England frühestens im Herbst 2020 beigelegt werden. Vorher soll es keine Gerichtstermine mehr geben.
So oder so: Trotz der „Kopfschmerzen“, die Zverev weiter plagen, soll er sich in New York gut fühlen. Das bestätigte Zverevs Physiotherapeut, Hugo Gravil, auf tennis MAGAZIN-Anfrage am Montag. Der letzte Tage vor der Erstrundenpartie gegen Albot sei ein guter gewesen. Nach der Einheit mit dem Italiener Thomas Fabbiano wirkte Zverev gelöst, schrieb noch fleißig Autogramme. Seine spielerische Großbaustelle – der Aufschlag – soll im Training besser funktioniert haben.
Zverev und das absurde Thema Doppelfehler
Gleichwohl gilt: Das Doppelfehlerthema kann Zverev nur im Match besiegen. Es begleitet ihn schon einige Monate. In Stuttgart beim Aus auf Rasen gegen Dustin Brown waren es 14 an der Zahl. Seitdem sind zwölf Matches bei fünf Events dazugekommen. Die Statistiker zählten 89 Doppelfehler. Die Gegner bekamen im Schnitt also mehr als sieben Punkte direkt geschenkt. Gegen Miomir Kecmanovic waren es zuletzt in Cincinnati gar absurde 20 an der Zahl.
Zverev selbst gestand sich in New York ein: „Das Doppelfehlerthema muss ich irgendwie ein bisschen hinbekommen gerade. Das ist extrem viel in den letzten Wochen.“ Eine Wahrheit ist: Aus der einstigen Stärke ist der Schwachpunkt schlechthin geworden. Zverev macht nur 43 Prozent der Punkte, wenn er über den zweiten Aufschlag gehen muss. Das ist laut Statistik der schlechteste Wert unter den besten Tennisspielern der Welt.
SCHLECHTE QUOTE: Zverev macht nur zu 43,6 Prozent den Punkt, wenn er über den zweiten Aufschlag gehen muss. Kein Profi hat derzeit eine schlechtere Ausbeute.
Zverev: Physiotherapeut ist zuversichtlich
Das ist mitunter ein Hauptgrund, warum Zverev 2019 noch keinen Top 10-Spieler besiegen konnte und von sechs Partien gegen Top 20-Akteure lediglich zwei für sich entschied. Alexander Zverev wird sicher nicht automatisch besser spielen, nur weil ein Nebenkriegsschauplatz, das fehlende Management, nun beseitigt ist. Es hilft sicherlich, aber den Grundstein muss er selbst legen.
Die Süddeutsche Zeitung philosophierte am Wochenende darüber, ob Alexander Zverev momentan gerne Tennis spiele oder doch lieber etwas auf Abstand zum Sport gehen wolle. Er habe, hineingeboren in eine Tennisfamilie, schlicht nie die Wahl gehabt, ob er das wirklich so habe durchziehen wollen.
First significant change from new management "Team8" – Alexander #Zverev has got an official Twitter Account now. Video reminds on his success 17, 18. #USOpen https://t.co/R8VsgYhhdH
— Jannik Schneider (@schnejan) August 25, 2019
Es kann durchaus sein, dass einen der eigene Beruf nerven kann, wenn es nicht läuft; wenn Probleme auftauchen, die man verschuldet hat oder auch nicht. In vielen Fällen bedeutet das aber nicht gleich, dass man den eigenen Job nicht mehr mag.
Wie das bei Alexander Zverev konkret aussieht, ist nicht überliefert. Gravil, sein Physiotherapeut, versichert, dass es einen Aufwärtstrend gebe. Routinen sollen derweil helfen, spielerische Probleme vorzubeugen. Vor dem Match gegen Albot, es ist das dritte am Dienstag auf Court Nummer 17, soll es ablaufen wie immer. „Sascha wird 30 Minuten von mir mobilisiert. Danach folgt ein 30-minütiges Warm-Up mit dem Fitnesstrainer Jez Green“, sagt Gravil. Danach heißt es warten aufs Match. „Kurz vorher geht es dann nochmal sieben bis zehn Minuten zum intensiven Warm-Up und dann raus auf den Court.“
Das Team ist zuversichtlich. Alexander Zverev hat schon vor Monaten gesagt, dass die US Open das Grand Slam seien, bei dem er seinen Durchbruch schaffen wolle. Wie es um ihn genau mental und spielerisch steht, wird er hundertprozentig vielleicht gar nicht selbst wissen. Der Dienstag wird erste Erkenntnisse liefern. Und Team8 wird diese Erkenntnisse in die Welt hinaustragen. Denn das ist eine erste signifikante Veränderung: Die Agentur schaffte Zverev am Wochenende eine professionelle Präsenz auf Facebook und Twitter. Zverev selbst hatte sich bislang nur auf Instagram beschränkt und dort auch regelmäßig selbst zur Kamera gegriffen.nike sb dunk sizing and fit guide | air jordan release dates kicks on fire uk