Das WTA-Masters gehört nach Europa!
Was erwarten Sie von einem Abschlussturnier der besten acht Spielerinnen des Jahres? Spannende und spektakuläre Matches, klar. 15 Partien zwischen den Topstars, die ebenso in den Endspielen von Melbourne, Paris, Wimbledon oder New York stattfinden könnten. Ein Highlight zum Saisonende, dessen sportlicher Stellenwert mit einem Grand Slam-Turnier vergleichbar sein sollte.
Nun möchte ich den Bouchards und Kvitovas dieser Welt nicht unterstellen, ihnen hätte in Singapur die nötige Motivation gefehlt. Immerhin geht es insgesamt um 6,5 Millionen Dollar Preisgeld, allein 2,2 Millionen für die Siegerin. Selbst wer sich drei Niederlagen in der Gruppenphase leistet, kassiert immer noch schlappe 140.000 Dollar – ein üppiges Taschengeld am Ende einer langen und zehrenden Saison. Auch wenn diese Megasummen Anreiz genug sein sollten für Höchstleistungen: Rein sportlich betrachtet war zumindest die Gruppenphase bei der Premiere in der südostasiatischen Metropole ein Flop. Neun von zwölf Partien endeten in zwei Sätzen – teilweise nach weniger als einer Stunde und mit so deutlichen Ergebnissen, wie es sie sonst zwischen Favoritinnen und Außenseiterinnen in den ersten Runden bei Grand Slam-Turnieren gibt. Spannung und Spektakel? Meistens Fehlanzeige.
In Singapur fehlt vielen Spielerinnen die nötige Kraft – und offenbar auch der letzte Wille. „Warum spiele ich überhaupt bei diesem Turnier mit?“ maulte Eugenie Bouchard bereits am Mittwoch nach ihrer 1:6, 3:6-Niederlage gegen Ana Ivanovic, ihrer zweiten glatten Pleite im zweiten Gruppenspiel. Launische Worte einer 20-Jährigen, die stolz darauf sein sollte, beim Masters der besten acht Spielerinnen des Jahres starten zu dürfen. Allerdings: Bouchard ist nach den letzten zehn Monaten körperlich leer. Und das ist verständlich am Ende ihrer erst zweiten Saison auf WTA-Niveau, in der sie so viele Turniere spielte wie keine andere Topspielerin (22). Ähnlich wie Bouchard geht es den arrivierten Damen. Williams (laboriert zudem an Knieproblemen), Sharapova, Kvitova – sie alle sind müde und ausgelaugt. Ausnahmen: Caroline Wozniacki, die durch ihre Vorbereitung auf den New York-Marathon am 2. November konditionell ähnlich stark scheint wie eine kenianische Dauerläuferin. Und Simona Halep, die seit Anfang August durch Formschwäche verhältnismäßig wenige Matches bestreiten musste und sich von ihrer Hüftverletzung Ende September in Peking erholt hat. Auch Ana Ivanovic schien in ihren drei Matches zumindest über ein wenig mehr Restenergie zu verfügen als viele ihrer Kolleginnen – auch wenn sie sich trotz zwei gewonnener Partien nicht für das Halbfinale qualifizieren konnte. Eine Auswirkung des Round-Robin-Systems, das zweifelsohne ebenfalls einmal überdacht werden sollte. Denn: Ein Modus, bei dem eine Spielerin mit einem Sieg und zwei Niederlagen ins Halbfinale vorstößt (Radwanska) und in der anderen Gruppe eine Spielerin mit zwei Siegen ausscheidet, wird am Ende nicht unbedingt die Beste krönen.