Davis Cup: Schatten über Berlin
Spielt Zverev oder spielt er nicht? Die Frage war Dauerthema in New York. Sie war auch Ausgangspunkt für die Posse, die sich gerade abspielt und bei der der DTB kein gutes Krisenmanagement offenbart. Der Reihe nach: Zverev sagte den Davis Cup bekanntlich ab. Er begründete es mit hohen Belastungen und mit dem Belagwechsel von Hartplatz auf Sand. Eine merkwürdige Absage, die noch merkwürdiger angesichts der Umstände wird. Der deutschen Presse in New York erzählte der 19-jährige Hoffnungsträger für Tennis-Deutschland, dass niemand vom DTB bisher mit ihm über den Davis Cup geredet habe. Damit konfrontiert, sagte Kohlmann glaubhaft, es habe mehrere Gespräche gegeben. Zverev hatte also nicht die Wahrheit gesagt, was man ihm sogar verzeihen könnte, denn in Pressekonferenzen lügen fast alle Profis, dass sich die Balken biegen.
Kohlmann – was blieb ihm anderes übrig? – suchte Ersatz und handelte sich reihenweise Körbe ein. Er muss sich vorgekommen sein, als sei ein Davis Cup-Einsatz das Schlimmste, was einem Spieler passieren kann. Dustin Brown, Mischa Zverev und Tobias Kamke sagten ab. Man kann sich fragen, wie man auf die Idee kommt, Spieler wie Mischa Zverev und Kamke, bei denen die sportliche Qualität für den Davis Cup nicht reicht, überhaupt nominieren zu wollen. Bei Brown liegen die Dinge anders. Er wäre eine Bereicherung fürs Team, zog es aber vor, parallel zu Berlin ein Challenger-Turnier in Stettin zu spielen. Die Begründung, die er via Twitter in die digitale Gemeinde beamte, ist – zumindest in Teilen – nachvollziehbar: Er fühle sich nach seinem doppelten Bänderriss in Rio noch nicht fit für Fünfsatz-Marches. Er wolle es nicht riskieren in einer so wichtigen Partie, an den Start zu gehen.
#DavisCup @wwwtennisnetcom @DTB_Tennis #WhatTheyDidntMention… pic.twitter.com/ETnw0BboxZ
— Dustin Brown (@DreddyTennis) September 3, 2016
Kohlmann sieht das anders, was sein gutes Recht ist. Sein Ärger auf Brown dürfte aber auch daher rühren, dass es in New York einen Streit zwischen den beiden gab.
Parallel zur Baustelle Brown nahm die Causa Zverev weiter Fahrt auf. Befeuert ausgerechnet durch den DTB-Pressesprecher und früheren Davis Cup-Heroen Hans-Jürgen Pohmann. Der dröhnte im „Tagesspiegel“ sinngemäß, dass es eine Frechheit sei, dass Zverev nicht spielen würde. Dass er die Besonderheit des Davis Cups nicht würdige, es doch eine Ehre sei zu spielen und Boris Becker und Michael Stich leuchtende Vorbilder seien. Das alles ist richtig. Das Absurde: Pohmann hat seine Privatmeinung in seiner Funktion als Pressesprecher geäußert. Der Veranstaltung in Berlin, die nun wieder mit dem schalen Beigeschmack der Zverev-Absage konfrontiert wurde, erwies er einen Bärendienst. Im Verband sorgte sein Alleingang für Kopfschütteln.