Novak Djokovic, Andy Murray

Einst Rivalen, nun Partner: Novak Djokovic hat Andy Murray in sein Trainerteam geholt. ©Imago/Corinne Dubreuil

Super-Coaches: Der „Djoker” und Murray

Bei den Australian Open trat das Duo Djokovic/Murray zum ersten Mal als Spieler-Trainer-Gespann an. Bis Wimbledon soll die Zusammenarbeit laufen. Für unseren Kolumnisten Alexander Waske eine der spannendsten Storys auf der Tour. 

Das Thema Super-Coaches war schon vor zehn Jahren ein Highlight auf der Tour: Djokovic mit Becker, Federer mit Edberg, Murray mit Lendl. Die Paarung Djokovic und Murray ist jedoch anders, da beide in der gleichen Ära gespielt haben, mit den gleichen Bedingungen. Es ist alles andere als ein PR-Gag, denn mit der Verpflichtung von Murray verfolgt Djokovic nur ein Ziel: Er will diesen einen Grand Slam-Titel, der ihm den Status des alleinigen Rekordhalters mit 25 Majors verleihen würde. In Melbourne, wo der Serbe und der Schotte erstmals zusammenarbeiteten, war Djokovic nicht weit weg vom Titel, hätte er sich nicht verletzt.

Djokovic/Murray: Ich würde zu gerne Mäuschen spielen

Das Experiment, das nun bis Wimbledon fortgeführt wird, scheint zu funktionieren. Es speist seine Faszination aus den Rollen der Akteure, denn als Spieler erlebte man Murray fluchend, gestikulierend, hadernd auf dem Platz. Als Coach sitzt er stoisch in der Box, und wenn Nole flucht, braucht Andy die Hilfe seiner Teamkameraden vom Balkan, um zu wissen, gegen wen oder was die Schimpftirade gerichtet ist. Im Gegensatz zum Ex-Blitzableiter Goran Ivanisevic, der als Coach von Djokovic jahrelang eingesteckt hat, aber auch sehr erfolgreich im Team Nole war, scheint der Respekt gegenüber seinem neuen Coach ein anderer zu sein. Denn Murray war einer seiner ärgsten Widersacher. 36-mal trafen die beiden aufeinander, elfmal davon gewann der Schotte. Beide sind Mitglieder der legendären „Big 4“.

Ich würde zu gerne Mäuschen spielen und hören, was genau Murray seinem „Schützling“ sagt. Klar, er muss kein neues Team formen und alles verändern, die Athletik, Physiotherapie und Ernährung ist in guten Händen. Allerdings ist die neue Rollenverteilung hochspannend, da man jahrelang gegeneinander taktiert hat, und natürlich auch verschiedene Ansätze verfolgt hat, die jungen Wilden zu bezähmen. Wie oft wird Novak wohl Andys Ideen seinen eigenen den Vorzug geben?

Noles Entscheidung, einen neuen Impuls in seine Karriere zu integrieren, zeigt, dass er noch einiges vorhat. Andys Entschluss, wieder auf die Tour zu gehen, beziehungsweise auf der Tour zu bleiben, auch wenn es nur 17 Wochen sind, ist die spannendere. Hat er sich kein Sabbatical verdient? Treibt ihn sein unnachahmlicher Ehrgeiz an, die Chance seine Expertise in einen großen Titel umzumünzen? Oder möchte er einfach nicht im Alltag, beim Müll rausbringen und Wäschewaschen involviert werden und tritt deswegen die Flucht in den Tour-Alltag an?

Jeder hat Angst vor der Zukunft, auch Murray

Ich musste an mein eigenes Karriereende denken, das Viertelfinal-Doppel in Wien gegen Melzer und Peya. Melzer gratulierte mir am Netz zum Ende meiner aktiven Laufbahn und fragte direkt: „Ich brauche Hilfe, kannst du mich coachen.“ Sogar der Ort war schon klar – Valencia. Zu dem Zeitraum wurde mein Vater 70, und ich fragte ihn nach seiner Meinung. Er sagte mir, dass es nur ein weiterer Geburtstag sei und der Tennisfan in ihm empfand es als tolle Aufgabe für seinen Sohn, der mit 38 gerade ein großes Kapitel in seinem Leben zu Ende gebracht hatte.

Dass ein Spieler nach der Karriere nicht weiß, was kommt, ist normal. Jeder hat Angst vor der Zukunft, auch Murray. Der Job, den Djokovic ihm anbot, interessiert ihn als Tennis-Fan. Er ist überschaubar, weil auch Noles Karriere sich dem Ende entgegenneigt. Eines habe ich gelernt in den letzten Jahren: schreibe niemals Novak Djokovic ab! Er wird noch die ein oder andere Chance haben, einen Slam zu gewinnen. Stellen wir uns vor, er nutzt eine davon und Murray wird als Coach Grand Slam-Champion. Was für eine Geschichte! Ich würde mich freuen. Für beide.