Der Slice ist heiß mit Tatjana Maria
Tatjana Maria steht in Wimbledon zum zweiten Mal in der dritten Runde eines Grand-Slam-Turniers – dank ihres Slice auf Vorhand und Rückhand. Vor allem ihr Vorhand-Slice fasziniert.
Spätestens seit dem Wimbledonturnier 2010 ist Court 18, der hier im All England Lawn and Tennis Club direkt neben dem Medienzentrum liegt, Kult. Hier spielten John Isner und Nicolas Mahut das längste Tennismatch der Geschichte – unfassbare 11:05 Stunden. Eine Plakette erinnert an das bizarre Rekordmatch. Besonders kultig ging es heute erneut auf Court 18 zu. Nein, ein Rekordmatch sah man in der Nachmittagssonne in Wimbledon zwar nicht. Viel mehr lag es am Spielstil von Tatjana Maria, mit dem die Deutsche den Großteil der Zuschauer beeindruckte. Zum zweiten Mal nach 2015 „slicete“ sich Maria in die dritte Runde in Wimbledon – im wahrsten Sinne des Wortes.
Slice in seinem großen Variantenriechtum
Ob longline, cross, kurz cross, als Stopp, als Lob, als Angriffsball, als Chip-and-Charge, gegen den Lauf. Das Motto auf Court 18 hieß heute: Der Slice ist heiß! Mit Tatjana Maria als Spielshowleiterin, die ihre Gegnerin Sorana Cirstea mit dem bunten Mix an Slice-Bällen entnervte. Auch Goran Ivanisevic, Wimbledonsieger von 2001 und Ratgeber für Cirstea, schaute sich die Slice-Show der 34-jährigen Deutschen aus nächster Nähe an und musste feststellen, wie effektiv dieser Schlag vor allem auf Rasen ist.
Das Besondere am Slice von Maria. Sie spielt ihn nicht nur zu 95 Prozent auf der Rückhandseite, sondern auch auf der Vorhandseite. Besonders den Vorhand-Slice – für viele Trainer ein verpönter Schlag im Tennis – sieht man im Profitennis recht selten. Warum eigentlich? Was für ein taktisch kluger Schlag der Vorhand-Slice sein kann, um Hardhitter aus der Komfortzone zu holen, konnte man beim überraschenden Sieg der Französin Harmony Tan gegen Serena Williams auf dem Centre Court sehen. Willams schien nahezu zu verzweifeln an den geschickt eingesetzten Slice-Bällen auf der Vorhandseite ihrer Gegnerin.
Tatjana Maria: „Ich sollte also mehr Babys machen”
Maria selbst hat das Spiel mit dem Slice nahezu perfektioniert. Es ist ihr Markenzeichen. Ihr Spielstil ist einzigartig auf der WTA-Tour. Sie weiß ganz genau, dass ihre Gegnerinnen diese Form des Tennis nicht mögen. Und so zieht sie ihren für einigen Außenstehende langweilig wirkenden Spielstil konsequent durch – vom ersten bis zum letzten Punkt. „Manchmal ist anders sein nicht so schlimm. Mit meiner Spielweise denken einige, wenn ich Matches verliere, dass ich kein Tennis spielen kann. Im Endeffekt ist es nur eine andere Spielweise. Vor allem auf der WTA-Tour ist sie effektiv. Ich finde es auch wichtig, dass man alles spielen kann: Slice, ans Netz vorgehen. Für meine große Tochter Charlotte ist es auch wichtig, dass sie weiß, dass es nicht nur Bum-Bum-Tennis mit Vollgas bei der Vorhand und Rückhand gibt. Es gibt auch spielerisch einiges zu tun auf dem Tennisplatz. Das ist wichtig“, sagte sie nach dem Sieg und ergänzte: „Wenn man gewinnen will, muss man sich auf alles vorbereiten. Der Vorhand-Slice ist einer meiner Waffen.“
Zum zweiten Mal überhaupt steht Maria bei einem Grand-Slam-Turnier in der dritten Runde. Zum zweiten Mal in Wimbledon: 2015 und nun 2022 – und das als zweifache Mutter. „Die schöne Sache ist: Nach Geburt von Charlotte habe ich gleich beim ersten Wimbledonturnier zum ersten Mal die dritte Runde eines Grand-Slam-Turniers erreicht. Nun spiele ich mein erstes Wimbledonturnier nach der Geburt von Cecilia. Ich sollte also mehr Babys machen“, sagte Maria schmunzelnd. Ihre Tochter Charlotte kam 2013 zur Welt, 2021 folgte Tochter Cecilia. Ihr zweites Comeback nach der zweiten Schwangerschaft krönte sie im April dieses Jahres mit dem Titelgewinn beim WTA-Turnier in Bogota. Ein WTA-Turnier als zweifache Mutter zu gewinnen: Wer kann das schon von sich behaupten?!
Spielt mehr Vorhand-Slice!
Mit ihrer achtjährigen Tochter Charlotte trainiert Maria regelmäßig. „Ich möchte ein Vorbild für meine Tochter sein. Ich möchte ihr zeigen, dass Tennis nur ein Sport ist und es abseits des Platzes wichtigere Dinge gibt. Das Wichtigste ist ohnehin, dass man alles auf dem Platz gibt. Das ist eine gute Lebenserfahrung, diesen Sport zu spielen. Das versuche ich ihr beizubringen“, sagt Maria. Nun spielt sie gegen Maria Sakkari um den erstmaligen Einzug in ein Grand-Slam-Achtelfinale.
Als Maria ihre kultige Slice-Show gegen die völlig entnervte Sorana Cirstea auf Court 18 erfolgreich zu Ende brachte, kommentierte wenige Augenblicke später ein deutscher Zuschauer beim Verlassen des Platzes in einem Telefonat das Match wie folgt: „Das ist das schlechteste Tennis, was ich je gesehen habe.“ Blödsinn! Wer die Slice-Show von Tatjana Maria nicht genießt, weiß den Facettenreichtum, den der Tennissport bieten kann, nicht zu schätzen. Man möge allen Clubspielern dieser Welt zurufen: Spielt mehr Vorhand-Slice! Nehmt euch ein Beispiel an Tatjana Maria. Damit der „verbotene“ Schlag, wie einst der Aufschlag von unten, endlich die Liebe bekommt, die er verdient.
Hier geht es zu unserer Schlaganalyse vom scharfen Slice von Tatjana Maria!Air Jordan 1 Outlet Store online | jordan 1 high og spider-man across the spider-verse release date