Frantzen und Jebens: Das macht Lust auf mehr
Unser Kolumnist Alexander Waske betreute in Wimbledon neben anderen das Doppel Constantin Frantzen und Hendrik Jebens. Die Deutschen erreichten das Viertelfinale und schlugen auf dem Weg dorthin die an Nummer zwei gesetzten Bopanna/Ebden.
Wimbledon, der magische Ort, an dem Historie und Faszination aufeinander treffen, jeden Tag vom ersten Ballwechsel an ausverkauft und Fans, die im Park um die Ecke zelten, um Teil dieses Spektakels zu werden. Auch aus deutscher Sicht gab es immer wieder Überraschungen wie Alexander Popp oder Florian Mayer oder auch Wunder wie Boris Becker. 2024 beeindruckte das deutsche Doppel Hendrik Jebens und Constantin Frantzen. Sie traten mit dominantem Rasentennis, krachenden Aufschlägen und einem frischen Spirit von zwei Underdogs auf. Und das obwohl sie auf der Tour zuerst nicht ernst genommen und im Netz sogar belächelt und beleidigt wurden.
Das Lachen verging jedoch auch Größen wie der Nummer eins der Welt Matthew Ebden mit seinem an vier gerankten Partner Rohan Bopanna. Denn sie kamen in der zweiten Runde unter die Räder der mit hohen PS-Zahlen geladenen Dampfwalze. Insgesamt gaben die zwei über 1,90 Meter langen Athleten kein einziges Aufschlagsspiel ab. Das deutsche Duo schaffte es bis ins Viertelfinale, wo sie gegen den Vorjahressieger Neal Skupski und dessen Partner Michael Venus 6:7, 6:7 unterlagen.
Schon vor Roland Garros hatte das Duo entschieden, sich zu professionalisieren und nahm mit Christian Rauscher einen der renommiertesten deutschen Athletikcoaches (u.a. Haas, Kerber, Schüttler, Petkovic) mit auf Tour. Hauptaufgabe war es, die Beweglichkeit und Koordination auf ein höheres Niveau zu bringen, und gleichzeitig prophylaktisch an Stabilität, Mobilität und am Muskeltonus der Spieler zu arbeiten. In Paris und Wimbledon unterstützten dann Markus Wislsperger, langjähriger Coach von „Conny“, und ich bei Hendrik. Er ging übrigens auf die gleiche US-Universität wie ich: San Diego State.
Frantzen und Jebens gehen durch dick und dünn
Es war erst das dritte Grand Slam-Turnier des deutschen Duos, und nach zwei Erstrunden-Niederlagen gab es nun diesen Erfolg, der wieder einmal zeigt, dass Beharrlichkeit, Konstanz und harte Arbeit sich auszahlen. Dieses Jahr war das Turnier gezeichnet von vielen Regenunterbrechungen, die den Plan oft durcheinanderwirbelten. Da nur die beiden großen Courts ein Dach haben und dort den Einzeln Priorität gegeben wird, gab es den ein oder anderen Abbruch. Aber diese Unwägbarkeiten haben die Jungs gut gemeistert, waren akribisch im Gym, haben ihre Trainingseinheiten mit hoher Intensität durchgezogen und immer wieder an taktischen und technischen Feinheiten gearbeitet.
Nicht unbemerkt blieb das auch auf höchster deutscher Ebene. Davis Cup-Kapitän Michael Kohlmann honorierte die starken Leistungen der letzten Wochen mit einer Wildcard am Hamburger Rothenbaum. Als größte Stärke von Hendrik und Constantin sehe ich den Zusammenhalt. Denn hier gibt es kein Augenrollen, wenn der Partner einen Fehler macht. Bei Niederlagen wird nicht der andere zum Sündenbock gemacht, und für Anfragen von höher gerankten Spielern hat man taube Ohren. Man geht durch dick und dünn. Ich bin gespannt darauf, welche Höhen die beiden intelligenten Männer, die für Doppelspieler mit 26 (Constantin) und 28 Jahren (Hendrik) noch relativ jung sind, noch erreichen können. Eines haben die letzten Wochen jedenfalls gezeigt: Die beiden machen Lust auf mehr!