Post aus Paris: Mutig & Selbstbewusst – mit Lys, Nadal & Squire
Aufgeregte Stimmung bei den French Open in Paris. Fast alle Tennisfans fiebern auf das Erstrunden-Match zwischen Rafael Nadal und Alexander Zverev hin – dazu zählen sich auch Novak Djokovic und Iga Swiatek. Erste Begegnungen mit Nadal machte aber auch der deutsche Qualifikant Henri Squire, der zum ersten Mal bei den French Open dabei ist. Eva Lys, ebenfalls Qualifikantin, spielte am Sonntag schon mal den Court für die beiden Top-Stars ein.
Mit Mut gegen das französische Publikum
Nicht mal zur Hälfte belegt war der Centre Court Philippe Chatrier, als die deutsche Eva Lys am Sonntag auf Lokalmatadorin Caroline Garcia aus Frankreich traf. Wie gewöhnlich jubelte das Publikum für die Nationalspielerin – „Allez Caro“ dröhnte immer wieder durch das Stadion. Auf den Außenplätzen wurden Spieler und Tennisfans knapp eine Stunde zuvor von einem Regenschauer überrascht, deshalb war das Dach auf dem Chatrier geschlossen – die Stimmung also umso lauter. Doch davon ließ sich die 22-jährige Qualifikantin aus Hamburg nicht verunsichern. Genauso selbstsicher wie sonst auch immer gab sie sich nach jedem gewonnenen Punkt die Faust. Lauernd auf den nächsten Angriff platzierte Lys sich beim zweiten Aufschlag ihrer Gegnerin einen halben Meter im Feld. Mit Erfolg: Denn so konnte sie ihr verlorenes Aufschlagspiel zum Beginn des ersten Satzes gleich wieder wettmachen. Mit genau dieser Taktik punktete Lys dann auch zum Satzgewinn von 6:4 nach knapp 50 Minuten.
Dass Lys nicht nur acht Jahre jünger als ihre Gegnerin, sondern auch mit Abstand die deutlich unerfahrenere Spielerin ist, merkte man ihr bis zur Mitte des zweiten Satzes nicht an. Sie war die Person, die das Match diktierte und die Richtung vorgab. Man hatte das Gefühl, dass Garcia lediglich auf die Angriffsbälle ihrer Gegnerin reagierte – in den meisten Fällen mit weniger Erfolg. Die Kehrtwende kam dann aber, als Garcia nach einem hart umkämpften Aufschlagspiel von Lys das Break holte. Die Französin bejubelte unter lautem Applaus ihre Führung mit einem hohen Jubel-Sprung. Damit änderte sich auch die Stimmung im Match. Garcia schaffte es, aus der passiven Rolle zu entkommen und die Kräfte von Lys schienen nachzulassen. Von da an ging alles schneller. Nach zwei Stunden und 13 Minuten verwandelte Garcia mit einem Ass ihren ersten Matchball.
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Eva Lys: „War in einigen Momenten die bessere Spielerin“
Zwei Tage vor dem Erstrunden-Match erfuhr Lys, dass sie gegen Garcia auf dem Philippe Chatrier spielen wird: „Ich habe mich unglaublich gefreut“, sagte sie nach dem Match. „Wenn man sich nicht freut, auf so einem riesigen Platz zu spielen, dann hat man die falsche Sportart gewählt. Natürlich gibt es introvertierte Leute, aber mir macht das total Spaß.“ Warum es später nicht zum Sieg gereicht hat, weiß die 22-Jährige auch: „Nach drei Quali-Matches bin ich ein bisschen müde gewesen. Ich habe nur einen Tag Pause bekommen“, so Lys.
Dennoch zeigte sie sich im Pressegespräch genauso selbstbewusst wie sie auf dem Court: „Ich habe heute ein sehr gutes Level gespielt. Ich habe nicht nur mitgehalten, sondern war auch in ein paar Momenten die bessere Spielerin.“ Lys erzählte aber auch, dass im zweiten Satz ihre Nerven etwas nachgegeben haben. „Ich kann nicht verheimlichen, dass ich auch Nerven habe“, sagte sie mit einem Schmunzeln. Ihre erste Qualifikation bei den French Open sieht die Hamburgerin trotz der Niederlage als Erfolg. Ihr auserkorenes Ziel ist es aber, künftig ohne Qualifikation in der Hauptrunde dabei zu sein.
Neue Welten für Henri Squire
Genau wie Lys hat sich auch Henri Squire durch die Qualifikation gekämpft. Für ihn war es die Teilnahme bei einem Profi-Grand Slam überhaupt. Als letzter „Alternate-Spieler“ war der gebürtige Duisburger in die Qualifikation gerutscht und hat sich gleich einen Platz in der Hauptrunde erspielt. Am Sonntag, einen Tag vor seinem Major-Hauptfeld-Debüt, trainierte Squire noch auf der Trainingsanlage Jean Bouin. Begleitet wurde der 23-Jährige von seinem Vater David und Ex-Profi Jeremy Jahn. Beide teilen sich sozusagen das Traineramt. Jahn hatte im vergangenen Jahr seine Karriere beendet, stand 2017 unter den besten 200 Spielern der Welt. Seit seinem Karriereende Ende 2023 unterstützt er den zwölf Jahre jüngeren Squire.
„Schon vor dem Turnier habe ich gesagt: Wenn Henri in die Quali rutscht, schafft er es ins Hauptfeld“, erzählt Jahn nach der Trainingseinheit. Papa Squire versucht die Situation ebenfalls einzuordnen: „Für Henri ist das alles noch ein bisschen neu.“ Was sein Vater meint, ist die besondere Grand Slam-Atmosphäre. Zwar war Squire als Junior schon bei einigen Grand Slam-Turnieren am Start. Nun aber bei den Profis wie Novak Djokovic, Carlos Alcaraz oder Rafael Nadal mitzuspielen, ist noch mal eine ganz neue Erfahrung.
Apropos Nadal: Als Squire gegen 12 Uhr mittags mit seinem Team den Trainingsplatz verließ, legte er noch einen kurzen Stopp am Nachbarplatz ein. Denn hier trainierte – genau – der 14-fache Paris-Champion Rafael Nadal. Zwar haben Tennisfans und Zuschauer nicht die Möglichkeit, das Trainingsgelände neben dem Stade Roland Garros zu besuchen, dennoch war der Court gut umzingelt von Schaulustigen. Denn viele der Coaches und andere Spieler wie Kevin Krawietz, Arthur Cazaux oder eben Squire wollten sich die kräftigen Schläge des Spaniers nicht entgehen lassen. Erst mit einem, später mit zwei Trainingspartnern dreschte Nadal die Bälle hin und her. Für den 22-maligen Grand Slam-Gewinner war es keine Schwierigkeit gleich zwei Spieler auf Trab zu halten.
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Nadal: „Wäre nicht hier, wenn ich nicht glauben würde, dass ich Erfolg haben kann“
„In meinen Trainingseinheiten fühle ich mich absolut wettkampffähig“, bestätigte Nadal am Medientag in Paris. „Wenn ich nicht glauben würde, dass ich hier Erfolg haben kann, würde ich nicht spielen und hier sein“, sagte er selbstsicher. Seine guten Trainingseinheiten sowie die Hoffnung, sich in den kommenden Wochen noch besser zu fühlen, hielten Nadal schließlich auch davon ab, zu bestätigen, dass die French Open 2024 sein letztes Grand Slam-Turnier auf Asche sein werden. „Es besteht eine große Chance, dass das mein letztes Roland Garros sein wird, aber das werde ich nicht jetzt bestätigen. Die Tür ist noch nicht zu einhundert Prozent zu“, erklärte er. Was ihm wichtig sei: Entscheidungen nicht aufgrund von Niederlagen oder Misserfolgen zu treffen, sondern nach persönlichem Empfinden.
Das Erstrunden-Match zwischen Nadal und Alexander Zverev ist als dritte Partie am Montag auf dem Court Philippe Chatrier angesetzt. Anders als bei Lys gegen Garcia kann man hier davon ausgehen, dass alle 15.000 Sitzplätze im Stadion gefüllt sein werden. Denn nicht nur Nadal, Zverev und die weltweiten Tennisfans fiebern auf die Neuauflage des Halbfinals von 2022 hin. Auch viele andere Profis, wie Novak Djokovic und Iga Swiatek, wollen sich das Match nicht entgehen lassen. Die Weltranglisten-Erste ist bekennender Nadal-Fan. „Ich muss zugeben, das Match werde ich mit einer Fanbrille verfolgen“, sagte sie schmunzelnd. So oder so – ein aufregender Turniertag dürfte vor allen Tennisinteressierten liegen.