Görges liefert – Happy End beim Fed Cup
Mit ihrem 6:4, 6:4-Sieg gegen Lesia Tsurenko sorgte Julia Görges für den entscheidenden Punkt im Abstiegsmatch gegen die Ukraine. Und damit war ausnahmsweise nicht Angelique Kerber die Heldin im Team, sondern die andere Norddeutsche – Görges.
Am Ende gelang auch das: Barbara Rittner kickte, den Ball, mit dem Julia Görges soeben den Matchball gegen Lesia Tsurenko verwandelt hatte, im Überschwang der Gefühle in die Box, in der normalerweise die Linienrichter sitzen. Der Ball blieb auch dort liegen – Treffer für die Teamchefin. Aber das war nur die Randnotiz in der großen deutschen Fed Cup-Show. Wie erlösend Görges‘ Sieg, gleichbedeutend mit dem Nicht-Abstieg, war, zeigten die Bilder nach dem finalen Punkt. Wie Görges den Schläger fallenließ und ungläubig die Hände vors Gesicht schlug. Wie die Halle bebte, als aus den Lautsprechern „An Tagen wie diesen“ erklang. Wie sich das deutsche Team herzte und abklatschte. Wie Görges & Co. mit einer XXL-Deutschlandfahne in der Mitte des Platzes den Applaus des Publikums entgegennahmen. All das war großer Sport. Ein Happy End in schwarz-rot-gold. Eine Erlösung, nach dem der Gegner im Vorfeld zur echten Hürde stilisiert wurde. Die die Nummer elf im Nationenranking (Deutschland Nummer sechs) de facto auch war.
Das Drehbuch hatte eigentlich etwas anderes vorgesehen. Nach der 2:0-Führung vom Freitag sollte doch bitteschön Angelique Kerber, die ein gutes Match gegen die ukrainische Nummer zwei Tsurenko gezeigt hatte, im ersten Match am Sonntag die Partie entscheiden. Ja, sie hatte vorher dreimal in Folge gegen die Frontfrau aus der Ukraine, Elina Svitolina, verloren. Aber mit dem Publikum im Rücken, ansteigender Form, einer gegen Görges nicht in Topform spielenden Svitolina musste es doch mit einem frühzeitigen 3:0-Sieg klappen. Damit das Zittern nicht losgeht. Damit man nicht womöglich noch ins Doppel muss, in dem die Ukrainerinnen als Favoritinnen galten.
Und am morgen lief ja auch routinemäßig alles nach Plan. Locker war die Stimmung im Team, als man um 8.30 Uhr im Stuttgarter Waldhotel in die Limousinen stieg und Richtung Porsche Arena fuhr. Um 9.15 Uhr das erste Training – alles gut. Niemand war verletzt. Aber die Gedanken kann man nicht abschalten. Dachte Kerber an die drei Niederlagen gegen Svitolina? Wer weiß?
In jedem Fall ging ihr Auftritt gegen die – ja man muss sagen – Angstgegnerin schief, auch wenn sie hinterher sagte, dass sie nicht schlecht gespielt habe, die Gegnerin in den entscheidenden Momenten besser gewesen sei. Immerhin gab sie zu, dass Svitolina wohl eine Spielerin sei, die ihr nicht liegt. Zur Wahrheit gehört auch: Dieses 4:6, 2:6 zuhause in Stuttgart war eine Klatsche. Kerber unterliefen viel zu viele Fehler mit der Vorhand, die sie zu flach spielte, die nur ganz selten locker war. Mehr als ein Viertel der Saison ist um – ein Sieg gegen eine Top 20-Spielerin ist der Noch-Nummer-Eins Kerber in dieser Spielzeit noch nicht gelungen. Nach der Partie meinte sie fast trotzig: „Ich habe gestern bewiesen, dass ich gut spielen kann.“
Und sie sagte auch, dass man Gott sei Dank ein Team sei und man zusammen gewinnt oder verliert. Team ist die Vokabel, die auch Julia Görges nach ihrem Triumph immer wieder benutzte. Vielleicht eine Spur zu uneigennützig. Denn sie war ganz klar der Star des Wochenendes. Der Rückstände überwand, der sich auch von einem Sturz im Match gegen Svitolina am Samstag nicht aus der Bahn werfen ließ. Der kämpfte. Gegen Tsurenko lag sie im ersten Satz schnell 0:3 zurück. Im zweiten Satz führte die Ukrainerin 1:4. Beides Mal kam Görges zurück. Weil sie mutig spielte. Weil ihr Aufschlag, den sie oft mit 180 km/h ins gegnerische Geviert wuchtete, eine Klasse für sich ist.
Seit 2008 spielt Görges im Fed Cup. Nie zuvor gelang ihr so eine Leistung. Ihre Gesamtbilanz vor dem Abstiegsduell: 9:10. Jetzt lautet sie 11:10. Das Glas ist nicht halb leer, sondern mindestens halb voll bei der 28-Jährigen, die auch nach einem Absturz in der Weltrangliste immer wieder betonte, dass sie keine Doppel-, sondern eine Einzelspielerin sei. Bis unter die Top 50 hat sie es längst wieder geschafft. Die beiden Fed Cup-Siege werden ihr weiter Auftrieb geben.
Ob denn am Abend gefeiert werde, fragte Hallensprecher und Ex-Davis Cup-Spieler Hans-Jürgen Pohmann. Görges antwortete, eher nicht, weil ja für die anderen Spielerinnen am Montag ein wichtiges Turnier (der Porsche Tennis Grand Prix) anstehe. Man konnte das als Spitze gegen den Veranstalter werten. Görges, die Siegerin von 2011, bekam keine Wildcard für Stuttgart. Später, als sie im Presseraum mit dem sensationellen Panoramablick auf den roten Court erneut gefragt wurde, sagte sie, dass sie dies nicht kommentieren wolle, dass aber ihre gerade zuende gegangenen Auftritte eine deutliche Sprache gesprochen hätten.
Um das Rätsel aufzulösen: Der Veranstalter darf zwei Wildcards vergeben. Eine bekam bekanntlich Maria Sharapova, die andere ging an Laura Siegemund. Gut möglich, dass das Vorjahresfinale, der Weltranglistenplatz (neun Plätze höher als Görges) und der Heimnimbus als Schwäbin den Ausschlag gab. Auf die dritte Wildcard, die für Johanna Konta, hätte Görges ohnehin keine Chance gehabt. Sie darf auf Anfrage nur an eine Top 20-Spielerin, die kurzfristig starten will, vergeben werden.
Wildcard hin oder her. Am Wochenende war Julia Görges die Matchwinnerin. Die Heldin. Und so etwas wie die Top-Botschafterin des deutschen Teams. „Für mich ist es wichtig, in den Spiegel schauen zu können, weil ich alles gegeben habe.“ Das hat sie – Chapeau.
The Global Destination For Modern Luxury | is air jordan outlet real