Juan Martin del Potro: Mann für besondere Momente
Die Saison ist gelaufen, alle Titel auf der Herrentour sind vergeben – was bleibt nun von diesem Tennisjahr in Erinnerung? Das Super-Halbjahr von Novak Djokovic, der in Paris seinen vierten Grand Slam-Sieg in Folge holte und mit astronomisch großem Vorsprung die Weltrangliste anführte? Oder doch das andere Super-Halbjahr von Andy Murray, der 8.000 Punkte im Ranking aufholte und Djokovic noch vom Thron stieß? Vielleicht ist es aber auch der etwas überraschende Triumph von Stan Wawrinka bei den US Open?
Klar, all diese Stories sind bemerkenswert und finden natürlich ihren Weg in die Sportgeschichtsbücher. Es gibt aber einen Profi, der diesem Tennisjahr 2016 die ganz besonderen Momente bescherte. Nicht unbedingt, weil er alle Gegner in Grund und Boden spielte und reihenweise Trophäen abgriff. Nein, er sorgte für die emotionalsten Augenblicke der Saison und für einen hochdramatischen Schlusspunkt. Juan Martin del Potro verlieh dem Tennisjahr 2016 eine ganz besondere Note und ist – auch wenn es längst überstrapaziert ist – der „Sieger der Herzen“ auf der ATP-Tour.
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— Juan M. del Potro (@delpotrojuan) November 28, 2016
In seiner Heimat Argentinien ist er seit gestern wesentlich mehr: ein Volksheld, eine Legende. Durch seine erfolgreiche Aufholjagd im Davis Cup-Finale gegen den Kroaten Marin Cilic, als er nach einem 0:2-Satzrückstand noch in fünf Durchgängen mit angebrochenem kleinen Finger an der Schlaghand siegte, brachte er sein Land zurück ins Spiel. Nach dem verlorenen Doppel am Samstag und dem zwischenzeitlichen 1:2-Rückstand sprach alles für die Gastgeber. Cilic war auch auf dem bestem Weg, den dritten Punkt für Kroatien zu besorgen, aber del Potro kämpfte sich durch, verwandelte noch fast fünf Stunden seinen ersten Matchball. Danach sorgte Frederico Delbonis für Argentiniens ersten Davis Cup-Triumph überhaupt, indem er den Aufschlaggiganten Ivo Karlovic erstaunlich einfach entschärfte.
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— We Are Tennis France (@WeAreTennisFR) November 28, 2016
Del Potro: zuvor zweimal gescheitert
Ohne die Leistung von Delbonis klein zu reden: Der Löwenanteil am argentinischen Davis Cup-Sieg gebührt del Potro. Im Viertelfinale gegen Italien gewann er ein wichtiges Doppel zur 2:1-Führung. Heroisch war sein Fünfsatz-Sieg im Halbfinale gegen Andy Murray in dessen schottischer Heimat – es war der Punkt, durch den Argentinien ins Finale einzog. Dort schließlich steuerte del Potro zwei Siege bei und ließ sich auch im Doppel aufstellen (wenn auch erfolglos). Die Botschaft, die von del Potro aus um die Welt ging: Ich will den Pott endlich nach Argentinien holen.
Er ist erstaunlich genug, dass eine Tennisnation wie Argentinien noch nie zuvor die hässlichste Salatschüssel der Welt gewann. Viermal scheiterten die Südamerikaner im Endspiel (1981, 2006, 2008 und 2011), was auch an eher durchschnittlichen Leistungen von del Potro lag. 2008 und 2011 gehörte er zum argentinischen Finalaufgebot, holte aber keinen einzigen Punkt. 2016 war er endlich der Mann der Stunde. „Es kann sein, dass dies das wichtigste Spiel in meinem Leben war. Ich glaube, ich werde mich immer daran erinnern, was hier passiert ist, und es wird immer ein unvergesslicher Moment sein“, sagte Delpo nach dem Sieg gegen Cilic.