Der Mythos Wimbledon
Zugegeben: Wir Sandplatzgötter halten das Grundkonzept des Wimbledon-Turniers ja eigentlich nicht nur wegen unseres Namens für eine echte Schnapsidee. Aufgrund der regionalen Verortung vermuten wir Gin-Konsum zur Steigerung der Kreativität, als man Wimbledon erfand.
Wie kann man sonst darauf kommen, auf einer Insel, die nicht nur als Mutterland des Fußballs, sondern auch des Schmuddelwetters gilt, ein Freiluft-Tennisturnier ausgerechnet auf Rasen auszutragen, wo bekanntermaßen ab Regentropfen Nummer drei längerfristig kein Spiel mehr möglich ist? Bei den US Open hat man sich auch deswegen schon in den 70ern, in Australien im Jahre 1987 vom Gras verabschiedet.
Auch ein Dach für Court No. 1
Nun gut, der Engländer kauft auch im europäischen Vergleich trotz aller meteorologischen Unwägbarkeiten überdurchschnittlich viele Cabrios. Vielleicht erzwingt man auf der Insel einfach gerne das Glück. An Cabrios hat dann schließlich scheinbar auch der Veranstalter des Wimbledonturniers gedacht und dem Centre Court ein Faltdach spendiert, so dass zumindest dort immer Tennis garantiert ist. Ein weiteres Dach über Court No. 1 soll folgen. Man geht also doch mit der Zeit, punktuell.
An anderen Traditionen hält man dagegen beharrlich fest – und da kommen wir dann zu den Besonderheiten, deren Charme auch wir uns nicht verschließen können: Wimbledon beginnt tatsächlich erst am Montag und endet am Sonntag der darauf folgenden Woche. Man leistet sich weiterhin den Luxus eines spielfreien ersten Sonntags, woran man aber nicht immer festhalten kann, weil es mit dem Regen in England so eine Sache ist – siehe weiter oben. Aber: Es gibt keine schnöde Gewinnmaximierung durch mehr Spieltage wie in Paris. Wo erlebt man denn so etwas noch heutzutage?
Bitte ganz in weiß
Und dann die Kleiderordnung: „Predominantly white“, also ganz in weiß, wie eh und je – seit 2014 sogar wieder verschärft überwacht. Das hat schon den einen oder anderen Textil- und Schuhsponsor stark verärgert. Bei einem Blick darauf, was teilweise bei den drei anderen Grand Slam-Turnieren für Design-Verbrechen verübt werden, sagen wir aber: Danke für die visuelle Entspannungspause!
Im kollektiven Gedächtnis der deutschen Sportnation ist Tennis sowieso gleich (und auch fast ausschließlich) Wimbledon. Selbst vor Becker. Björn Borg hat sechsmal in Roland Garros triumphiert und ist der Prototyp des Sandplatzspielers moderner Prägung. Das Bild von ihm im Kopf ist aber trotzdem immer der kniende junge Mann auf dem Centre Court an der Church Road. Becker hat dann diese Fixierung auf Wimbledon mit seinem Sieg 1985 noch einmal potenziert. „Bei uns allen gibt es nur drei Jahreszeiten im Tennis: vor Wimbledon, Wimbledon und nach Wimbledon.“
Das galt für Becker damals und das gilt in Zeiten, in denen es Tennis in Deutschland schwer hat, mediale Aufmerksamkeit jenseits der Ergebnisspalten vom alles erdrückenden Fußball abzuzwacken, umso mehr. Oft macht es der liebste Rasensport der Deutschen dem zweitliebsten allerdings besonders schwer: Parallel zum Wimbledonturnier geht es oft die entscheidenden Phasen der Fußball-Großevents EM und WM.
Auch ein Mythos, der eine ganze Sportart prägt, hat manchmal so seine Schwierigkeiten.
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