Kolumne Sandplatzgötter: Ein Herz für Andy
Viele Fans mögen Andy Murray einfach nicht – zu motzig, zu griesgrämig. Die Sandplatzgötter schätzen ihn dagegen sehr. Höchste Zeit für ein flammendes Plädoyer.
Wer war der Spieler des Sommers 2016? Stan Wawrinka hat sicherlich mit seinem Sieg bei den US Open die eindrucksvolle Schlusspointe der Grand Slam-Saison 2016 gesetzt. Der Erfolgsspieler der Vormonate war allerdings nicht Wawrinka – sondern Andy Murray.
Denn als Djokovic nach seinem Sieg in Roland Garros anfing zu schwächeln, nutzte Murray seine Chancen und holte sich sowohl den Wimbledon-Titel als auch olympisches Gold. Dieser Satz, der die absolut herausragende Sommersaison des Schotten direkt wieder relativiert, ist typisch für die Betrachtung Murrays, zumindest in Deutschland. Selbst unter uns Sandplatzgöttern gibt es nicht wenige, die lobenden Hauptsätzen zum Weltranglistenzweiten grundsätzlich einschränkende Nebensätze folgen lassen. Murray ist (siehe oben) erfolgreich, weil andere verletzt oder nicht in Form sind. Er spielt gut, guckt dabei aber zu missmutig. Hat einiges gewonnen, allerdings viel weniger als Roger, Rafa & Nole. Insgesamt: Richtig beliebt ist irgendwie anders.
Murray – der normalste und authentischste Top-Profi
Dabei ist der Schotte, abgesehen von seinen gar nicht normalen Fähigkeiten und Erfolgen, vielleicht sogar der normalste und authentischste der absoluten Top-Profis. Zugegeben, er gibt auf dem Platz oft ein wenig zu ausgiebig die „Four-Letter-Word-Maschine“ – auch in Richtung der eigenen Box. Wer allerdings meint, dass intensives Lamento in Kombination mit unvorteilhafter Mimik die große Ausnahme im Tennissport ist, hat wahrscheinlich weniger LK-Turniere und Medenspiele auf dem Buckel als wir Sandplatzgötter.
Abseits des Platzes leistet sich Murray im Vergleich zu vielen seiner Kollegen etwas, was wir außerordentlich wertschätzen: eine eigene dezidierte Meinung. Und das selbst dann, wenn sie nicht unbedingt dazu angetan ist, Fans oder Sponsoren zufriedenzustellen. Schottische Unabhängigkeit, Gleichberechtigung oder Sharapova & Meldonium – Murray sagt oft, was er denkt, auch wenn es nicht jedem gefällt. Und, eine noch größere Überraschung: Er handelt auch mal danach! Etwa durch die Verpflichtung einer TrainerIN.
Murray „verhalf“ Roger zu dessen bislang letzten Majortitel
Seine sportliche Prioritätensetzung lässt unsere Daumen erst recht nach oben schnellen. Für einen Olympiasieg muss natürlich viel zusammenpassen. Zuallererst muss man aber teilnehmen wollen und die Sache ernst nehmen. Und eine Grundvoraussetzung für Davis Cup-Siege ist es, sein Team unter unattraktiven Bedingungen in die Weltgruppe zu führen oder es dort zu halten. Hat Andy über Jahre gemacht, auch als Spitzenprofi gegen Gegner wie Ungarn oder Luxemburg. Oder Polen. Keine Ahnung, wie wir jetzt gerade darauf kommen.
Zu guter Letzt: Andy Murray ist der letzte Profi, der das gemacht hat, was sich viele Tennisfans wahrscheinlich am sehnsüchtigsten wünschen. 2012 hat er sich im Wimbledon-Endspiel, nach Satzgewinn, brav Federer ergeben und damit tatkräftig dabei mitgeholfen, dass Roger seinen bisher letzten Grand Slam-Titel gewinnen konnte. Wenn Murray nicht wenigstens dafür euer Wohlwollen genießt, habt ihr ein Herz aus Stein.nike air jordan 1 outlet | cheapest air jordan 1 mid