Kolumne Sandplatzgötter: Gut gerüstet
Neue Schläger, neue Saiten, neue Klamotten im Monatstakt – die Sandplatzgötter sind von der riesengroßen Produktauswahl im Web oft überfordert und wünschen sich den Sportladen um die Ecke zurück.
Früher war zwar mehr Lametta, aber weniger Ausrüstung. Man kaufte beim lokalen Sporthändler und da gab es dann genau einen Kleiderständer mit Tennis-Shirts und einen mit Shorts. Stefan Edberg-Hemden im gleichen Design hingen da – gefühlt – jahrelang. Und danach noch mal für ein paar Jährchen in einer etwas anderen Farbvariation. Heute gibt es den lokalen Sporthändler oft nicht mehr und wenn, dann mit noch übersichtlicherem Tennis-Angebot jenseits aller speziellen Wünsche. Vor wenigen Jahren noch löste man Heiterkeit bei den Verkäufern aus, wenn man nach Tennisschuhen mit glatter Sohle für Teppichböden fragte.
Streuwinkel eines Rasensprengers
Dafür gibt es jetzt den Tennis-Onlinehandel mit etwa 666.666 Produkten von 3.333 Herstellern, wobei die Produktvarianten immer schneller ausgetauscht und durch neuere Modelle ersetzt werden. Adidas, Nike & Co. werfen etliche Textil-Kollektionen pro Jahr auf den Markt und will man sich ein neues Schlaggerät gönnen, steht man nicht mehr vor der Frage: „Derselbe Schläger oder etwas anderes?“ Das, was man zu Hause hat, ist nämlich längst nicht mehr aktuell, sondern bestenfalls das Vor-Vorgänger-Modell von dem, was man neu erwerben kann. Und dieses neue Racket erzeugt dann mindestens 15 Prozent mehr Spin als der Vorgänger – bei 20 Prozent mehr Kontrolle und 30 Prozent mehr Power. Und das alles wegen einer komplett neuen Raumfahrt-Technologie, die uns demnächst auch zum Mars bringen wird. Warum diverse Sandplatzgötter auch mit der zehnten Racket-Generation immer noch in Spielstraßen-Geschwindigkeit mit dem Streuwinkel eines Rasensprengers agieren, bleibt dabei unklar.
Kann dann eigentlich nur an den Saiten liegen. Da war die Auswahl früher beim Club-Besaiter auch mau. „Mach mal was Gutes drauf“, lautete die Ansage. Darm wäre erste Wahl gewesen (politisch-korrektes veganes Tennis gab es noch nicht), kam aber aufgrund der finanziellen Komponente nur für Leute in Frage, die auf dem Polohemd ein Krokodil eingestickt hatten. Hatten wir nie und so bekamen wir die Alternative „Synthetic-Gut“. Das war natürlich ein dreister Etikettenschwindel, denn „Synthetischer Darm“ war vom Spielgefühl des Naturprodukts ungefähr so weit entfernt wie ein Wassereis vom Kiosk geschmacklich von der Vanille-Kugel im italienischen Eiscafe. Aber das Preisverhältnis war eben auch ähnlich und der Preis wurde dann, als die Saiten auch öfter mal rissen, entscheidend – gerade in Verhandlungsgesprächen mit den Eltern.
Überfordert von der Vielfalt
Heute bezahlen wir unsere Saiten selber und sind auch in diesem Bereich eher von der Vielfalt überfordert. Ganz glatt, lieber rau, vier- oder vieleckig – was war jetzt noch mal der Garant für maximalen Spin? Und dann die Farben. Haben sie Einfluss auf die Spieleigenschaften oder ist das doch nur Mode?
Wir kapitulieren – und sagen zum Club-Besaiter: „Mach was Gutes drauf, du kennst meinen Spielstil.“ Und sind dann überrascht, dass der einzige von uns, der dem Ball Geschwindigkeit mitgeben kann, dieselbe Saite bekommt wie der Ballschlepper vom Dienst. Manchmal haben wir den Verdacht, dass er von dieser Saite einfach noch vier Rollen im Keller hat, die auch mal weg müssen.
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