RIO DE JANEIRO, BRAZIL - AUGUST 07: Laura Siegemund of Germany plays a backhand against Tsvetana Pironkova of Bulgaria in their singles match on Day 2 of the Rio 2016 Olympic Games at the Olympic Tennis Centre on August 7, 2016 in Rio de Janeiro, Brazil. (Photo by Cameron Spencer/Getty Images)
Noch einmal – 32! Wer vor Saisonbeginn darauf gewettet hätte, dass die 28-Jährige in diese Höhen der Weltrangliste stürmen würde, wäre belächelt worden. Zwar stand sie zum Saisonende 2015 so gut wie nie zuvor – Platz 90 –, zwar erreichte sie beim ersten Grand Slam-Turnier des Jahres in Melbourne die dritte Runde (Niederlage gegen Annika Beck), aber viel mehr traute man der Frau, die quasi auf dem „zweiten Bildungsweg“ Profi wurde, dann doch nicht zu.
Was für eine Fehleinschätzung! Ihr nächster Paukenschlag: der Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart. Siegemund verlor erst im Finale gegen Angelique Kerber. Sie gewann inklusive Quali sieben Matches, bevor der Akku leer war. Damals stand so gut wie fest, dass sie sich für Olympia qualifizieren würde.
Ein Treffen mit tennismagazin.de bei dem anderen Stuttgarter Turnier, dem ATP-Event am Weissenhof, wo Siegemund Sponsorengespräche hatte: „Und, spielst du Olympia?“ – „Keine Ahnung, ich habe noch nichts gehört. Aber ich würde so gerne. Ich spiele so gerne für ein Team. Es wäre ein Traum.“
Ein Traum, den das Supertalent in der Jugend (Orange Bowl-Sieg mit zwölf Jahren) schon fast aufgegeben hatte, weil es auf der großen Tour nicht lief. Siegemund – das alles ist bekannt, aber wird durch das viele Erzählen nicht unspektakulärer – nahm sich eine Auszeit, absolvierte ihren A-Trainer-Schein, schrieb sich an der Uni für Sportpsychologie ein und machte Anfang des Jahres ihren Abschluss. Das Thema Ihrer Bachelor-Arbeit (auch dies oft zitiert): „Choking under Pressure“ – Versagen unter Druck.
Das Thema, das sie ein halbes Leben begleitet hat, ihre Schwäche, entscheidende Bälle nicht ins Feld zu spielen. Doch die Dämonen hat sie besiegt – auch durch ihre Fitness. In puncto Fitness gehört das 1,68-große Kraftpaket längst in die Top Ten. Mitte Juli in Bastad gewann sie ihren ersten Titel auf der Tour.
„Laura Siegemund im Wunderland“, schlagzeilten die Stuttgarter Nachrichten nach ihrem Sprung ins Viertelfinale. Aber Rio ist Realität! Neben Angelique Kerber (spielt am Mittwoch das zweite Match nach elf Uhr Ortszeit gegen Johanna Konta) ist Siegemund jetzt die zweite große Medaillenhoffnung im anfangs 423-köpfigen Team Deutschland.
Rockt Rio: Laura Siegemund steht im Viertelfinal der Olympischen Spiele in Brasilien
Laura Siegemund weiß um die Chancen. Aber sie wird – wenn alles nach Plan läuft – auch ins nächste Match mit ihrer neugewonnenen Gelassenheit gehen. Mit der Einstellung, die sie schon äußerte, als die Reise an den Zuckerhut dann doch feststand: „Die Teilnahme ist ein Geschenk. Ich will das genießen, alles in mich aufsaugen, nicht an die Ergebnisse denken.“