Mail aus Brisbane: Schwerstarbeit für Zverev an Tag eins
Ein 1:1 war das Minimalziel, als das DTB-Team in die gutgefüllte Pat-Rafter-Arena am Freitag einzog. Am Ende des Freitags, resümiert unser Reporter vor Ort, wurde das erste Davis Cup-Teilziel erreicht. Die Art und Weise, wie aber Alexander Zverev um seinen Sieg spielen, kämpfen und bibbern musste, war in der Form nicht zu erwarten. Kurzfristig ist der lange Arbeitstag des 20-Jährigen mit Blick auf das Doppel ein Nachteil. Langfristig kann die Erfahrung für die deutsche Nummer eins aber nur gut sein.
Es deutete vieles auf eine schnelle Nummer hin, als Alexander Zverev das Spiel gegen den 18-jährigen Debütanten Alex de Minaur in der Davis Cup-Partie in Brisbane gegen Australien eröffnete. Die Aufschläge der deutschen Nummer eins krachten in das T-Feld des Teenagers, der an gleicher Stelle beim ansässigen ATP-Turnier vor wenigen Wochen das Halbfinale und eine Woche später in Sydney sensationell das Finale erreicht hatte. Von den Zuschauerrängen kamen wegen der anfänglichen Explosivität des Deutschen baffe Blicke. Als Zverev mit einem zweiten Aufschlag mit 196 Stundenkilometern einen direkten Punktgewinn einläutete, rief einer gar erstaunt „Jesus.“
Inklusive eines raschen Breaks führte der Deutsche erst 3:0, dann 4:1 – einem ausrutschenden Ballmädchen gab er einen aufmunternden Kuss auf die Wange. Das Publikum, das für den australischen Youngster hielt, schmolz kurzzeitig dahin. Zverev schien im Fluss, eine Viertelstunde war gespielt.
#ThatFeelingWhen You get a peck on the cheek from Alexander Zverev 😙
(And the organisers play it back on the big screen!) 🤦♀️🙊 pic.twitter.com/eTZ9o2YJjH
— Davis Cup (@DavisCup) February 2, 2018
Knapp drei Stunden und 40 Minuten später zollten Zverev, das Publikum und sämtliche Experten weniger dem siegreichen Deutschen als dem Unterlegenen Respekt. De Minaur hatte Zverev ab Mitte des ersten Durchgangs erst ein Duell auf ähnlichem Niveau geboten, zwischenzeitlich war er sogar der variantenreichere, schnellere und mental bessere Spieler auf dem Platz. Eine 2:1-Satzführung für die Australier war die Konsequenz. Dass Zverev zum zweiten Mal in seiner Karriere einen 1:2-Satzrückstand (gegen Robin Haase bei den Australian Open 2017) sowie ein 0:3 im Entscheidungssatz aufholte und drehte, sorgte im deutschen Lager für Erleichterung – aber auch für ein wenig Stirnrunzeln mit Blick auf das so wichtige Doppel am Samstag. Zverev dagegen schien subjektiv sehr viel Positives aus dem Erlebten zu ziehen. Er verbesserte seine Bilanz bei Best-of-five-Partien auf 7:12.
Zverev: „Match immer im Griff gehabt“
Er habe selbst bei Rückstand das Gefühl gehabt, das Match noch im Griff zu haben. „Selbst bei 0:3 im letzten Satz. Ich hatte das Gefühl, dass es an meiner spielerischen Leistung liegt, ob ich hier gewinne und nicht an ihm. Das ist ein gutes Gefühl“, erklärte Zverev nach getaner Arbeit samt unerwarteten Überstunden, wollte aber keineswegs Missverstanden werden. „Alex verdient heute den größten Respekt, er hat super gespielt.“
Vor allem den Aufschlag von Zverev und dessen Wirkung wusste de Minaur zu entschärfen. Er las die Varianten für sein Alter herausragend gut, blockte die Geschosse des Weltranglistenfünften und nutzte die Geschwindigkeit für seine Returns. Zusammen mit seinen läuferischen Fähigkeiten und seinem fiesen Rückhandslice erspielte sich der Teenager matchübergreifend 13 Breakmöglichkeiten, von denen er immerhin vier verwandelte. Den vorletzten eben exakt in jener Returnmanier zum 4:3 im dritten Satz, den der Australier bezeichnenderweise mit seinem sechsten Ass beendete – zu diesem Zeitpunkt lag er in dieser Statistik gleichauf mit dem Deutschen, der allerdings durchschnittlich mit 208 Stundenkilometern ganze 32 Kilometer pro Stunde schneller aufschlug.
„Um ehrlich zu sein, habe ich schon ein bisschen an das Chung-Match von den Australian Open denken müssen und es hat mir geholfen. Ich wollte unter keinen Umständen zweimal nacheinander so ein Match verlieren“, sagte Zverev, nachdem er das Spiel mit 7:4 im entscheidenden Tiebreak ausserviert hatte. Im Davis Cup wird seit 2016 der Tiebreak im Entscheidungssatz angewendet.
Teamchef Michael Kohlmann auf der Bank sitzen zu haben, habe ihm außerdem sehr geholfen, betonte Zverev, der in der Ass-Statistik im Übrigen noch auf 15:6 davonzog. Doch nicht nur sein Aufschlag half dem Deutschen aus der Bredouille. Zverev steigerte sich außerdem in Sachen Variation. Im ersten Spiel des vierten Satzes platzierte er umgehend einen herausragenden Rückhandstopp und verbesserte sein Netzspiel. Anschließend streute er diese Varianten vermehrt ein.
From out of nowhere, #Zverev produces a nonchalant dropshot! #DavisCup pic.twitter.com/IIhpDa7pVa
— Davis Cup (@DavisCup) February 2, 2018
Der einzige Problempunkt bis zum Schluss blieb die Vorhand, von der ein Großteil seiner 40 unerzwungenen Fehler ausgingen. Selbst im abschließenden Tiebreak, als de Minaurs Beine langsamer wurden, verlegte er bei der ersten Chance zum Minibreak eine verhältnismäßig einfache Vorhand. Zverev zeichnete es aber aus, dass er wenige Ballwechsel später trotzdem den Schlag durchzog und mit der Vorhand zum vorentscheidenden Minibreak punktete.
Kohlmann: „Sascha hat hervorragend dagegen gehalten“
„Sascha hat hervorragend dagegen gehalten. Ich glaube, dass ihm die kurze Diskussion wegen der Plakate heute gutgetan hat, anschließend wirkte er aggressiver“, urteile Kohlmann. Tatsächlich war das euphorische und ansonsten – das betonten Kohlmann und Zverev unisono – faire Publikum in einer Situation des vierten Satzes Mittepunkt einer Diskussion zwischen Zverev und dem Schiedsrichter. Ersterer fühlte sich von umgedrehten „Top“-Plakaten gestört, die Fans nach Fehlern Zverevs hochhielten.
Und tatsächlich schien der 20-Jährige dieses Mal aus der Diskussion Kraft zu ziehen. Nachdem er das 0:3 in einen Statemente-Sieg im Entscheidungssatz umgekehrt hatte, zeigte er ruhig aber entschlossen auf den Rücken seines Trikots. Team Germany lag in Führung.
Epic fight from Alex De Minaur today – head up, you showed so much heart and fight for our team and country!… https://t.co/jWuFDW2QST
— Nicholas Kyrgios (@NickKyrgios) February 2, 2018
Das war auch notwendig. Denn: Nick Kyrgios gab sich auf dem ultraschnellen blauen Hartplatz überhaupt keine Blöße und besiegte Jan-Lennard Struff dreimal mit 6:4 in nur 1:34 Stunden. „Er hat heute viel zu gut aufgeschlagen und ich habe bei meinen Aufschlagspielen zu viele Fehler eingestreut“, lautete die einfache aber richtige Erklärung der deutschen Nummer zwei. Sein Kontrahent freute sich da derweil schon auf ein Duell mit „Buddy Zverev“, die einst bei einem Jugendturnier in England erstmals aufeinander trafen. „Um ehrlich zu sein, habe ich damals nicht gedacht, dass er so gut wird“, erklärte der 22-Jährige mit einem Augenzwinkern.
Sunnyboy Kyrgios
Während Sunnyboy Kyrgios am Samstag im Doppel wohl an der Seite des Doppelweltranglisten-Vierten John Peers wieder gefordert sein wird, könnte Zverev einen Tag frei haben. Ob das gewollt oder ungewollt geschieht? Kohlmann wollte sich noch nicht in die Karten schauen lassen: „Klar ist aber, dass er heute sehr lange auf dem Platz stand – zu lange vielleicht“, erklärte Kohlmann. Er werde am Abend mit den Spielern sprechen, hat aber theoretisch bis eine Stunde vor dem Match (vier Uhr deutsche Zeit auf DAZN) noch Zeit zu taktieren. Zverev selbst fühlt sich bereit, „alle drei Tage für Deutschland zu spielen“. Kohlmann aber weiß, dass er einen topfitten Zverev benötigt, um Kyrgios auf diesem Platz vor heimischer Kulisse am dritten Tag zu schlagen.
Brilliant work @alexdeminaur and @NickKyrgios. You've done the Aussie Davis Cup team and the country proud. Good luck tomorrow @mattebden and @johnwpeers – watching from afar.
— Rod Laver (@rodlaver) February 2, 2018
Es ist davon auszugehen, dass das aus der Bundesliga eingespielte Doppel Struff/Tim Pütz das Vertrauen geschenkt bekommt. Denn dass Zverev bereits am Freitag fast vier Stunden Schwerstarbeit hätte verrichten müssen, damit hatten die Wenigsten gerechnet.cheap air jordan 11 | Cra-wallonieShops , Online Shopping for the Latest Clothes & Fashion