Mail aus Paris: Verhaltener Murray, Mouratoglous Prognose
Nein, man sah es ihm wirklich nicht an, dass er vor wenigen Minuten zum ersten Mal in seiner Karriere das Finale der French Open erreicht hatte. Andy Murray saß auf dem Podest im großen Pressekonferenzraum, als sei er gerade von Stan Wawrinka nach allen Regeln der Kunst vom Platz gefegt worden. Dabei war er es, der den Titelverteidiger über weite Strecken des Matches dominierte und ihn in vier Sätzen elimierte – 6:4, 6:2, 4:6, 6:2.
Doch was war es, das den Schotten bedrückte? Bereits beim On-Court-Interview nach dem Match wirkte er emotional angefasst. So richtig heraus mit der Sprache wollte er in der Journalistenrunde nicht, machte lediglich Andeutungen. Von „einer schwierigen Atmosphäre“ sprach der 29-Jährige, der ohnehin nicht für überschwängliche Gefühlsausbrüche bekannt ist. Ob er den Eindruck hatte, dass die Zuschauer mehr auf der Seite von Wawrinka gewesen sein, wurde er gefragt. „Waren Sie“, antwortete er schmallippig.
Unüberhörbar war, dass das Publikum an diesem Tag Titelverteidiger Stan Wawrinka das Finale mehr gewünscht hatte. Selbst bei Punkten, die zum Satzgewinn führten, erntete Murray eher verhaltenen Applaus. Nahmen ihm die französischen Fans übel, dass er in der Runde zuvor „ihren Mann“ Richard Gasquet aus dem Turnier beförderte? Auch da musste er schon die Erfahrung machen, nicht der Favorit des Publikums zu sein. Damit war allerdings zu rechnen. Im Endspiel am Sonntag könnte es allerdings schon wieder anders aussehen. Gegen Novak Djokovic dürften die Sympathien deutlich ausgeglichener verteilt sein. In jedem Fall den bekanntesten Franzosen im Stadion hatte Murray auf seiner Seite. Ex-Fußballer Eric Cantona traf sich mit Murray nach dem Match in den Katakomben und gratulierte. Murray wiederum bewundert den früheren Kapitän von Manchester United: „Wer ist schon kein Fan von ihm? Er ist eine Legende im britischen Fußball.“