Tennis: Wimbledon Jul 3, 2024; London, United Kingdom; Jannik Sinner of Italy reacts to a point during his match against

Jannik Sinner überstand mit Matteo Berrettini eine schwierige Hürde.Bild: Imago / Susan Mullane

Mail aus Wimbledon – Italienische Momente

Zehn Italiener starteten im All England Club bei den Herren. Sieben spielten sich in die zweite Runde. Zwei von ihnen stehen bereits in Runde drei. In Italien ist im Moment alles bella. Auch dank Superstar Jannik Sinner.

Im Fußball mögen sie als amtierender Europameister bei der EM versagt haben, aber mit dem kleineren Ball läuft es in Italien derzeit fantastisch. Klar, Jannik Sinner ist die Kirsche auf der Torte, aber auch sonst sieht es bei den „Azzuri“ glänzend aus. Die Turniere boomen – allen voran das Masters in Rom und die ATP-Finals in Turin – , und in der Weltrangliste gibt es aktuell neun Spieler unter den Top 100.

Bemerkenswert: Von den ersten vier der nationalen Rangliste mit der Nummer eins Sinner und den nachfolgenden Lorenzo Musetti (ATP 25), Matteo Arnaldi (35) sowie Luciano Darderi (37) ist keiner älter als 23 Jahre. Im achtköpfigen Feld der ATP Next Gen Finals standen zwei Italiener (Luca Nardi, 75, und Flavio Cobolli, 48). Nardi ist erst 20 Jahre.

Da passte ins Bild, dass am Mittwoch der ersten Woche die Italiener herausstachen. Den Anfang machte ausgerechnet einer, den man schon abgeschrieben hatte – Fabio Fognini. 37 Jahre ist der Mann aus San Remo inzwischen alt. Sein Bad Boy-Image ist legendär, seine Art, Tennis zu spielen ebenso. Fognini zimmert die Bälle praktisch aus dem Stand auf die gegnerische Seite.

Am Mittwoch liegt er mit 2:0-Sätzen gegen Casper Ruud vorne. Im dritten Satz führt er 5:2 und 30:0 – am Ende verliert er den Satz, aber nicht das Match. „Crazy“, sei der dritte Durchgang gewesen, sagt Fognini. Die Haare hat er inzwischen auch crazy – blond gefärbt, garniert mit einem schwarzen Bart. Früher wäre der Italiener wohl ausgerastet. Diesmal bleibt er cool. Holt den dritten Satz mit 6:3.

Sinner vs. Berrettini: Ein Schmankerl schon in der zweiten Runde

Es war die Ouvertüre für das finale Showdown in grün-weiß-rot. Es sollte ein Kracher folgen, über den man noch Tage, wenn nicht Wochen sprechen wird: Sinner gegen Matteo Berrettini auf dem legendären Centre Court. 2021 stand letzterer im Wimbledonfinale. Er gehört zu den besten aktiven Rasenspielern. Er mag nur noch die Nummer 59 der Welt sein. Aber als Topgesetzter so einen Spieler, der gerade in Stuttgart im Finale stand, in der zweiten Runde zu bekommen – viel schlimmer geht es nicht. Dazu ein Landsmann. Die beiden kennen sich lange, schätzen sich.

Es folgte ein Showdown, der eines Finals würdig gewesen wäre. Um 18.50 Uhr Ortszeit begann der Thriller. Um 22:32 verwandelte Sinner seinen dritten Matchball. Endstand: 7:6, 7:6, 2:6, 7:6 für die Nummer eins. 3:42 Stunden boten die Italiener eine Show, die die auch am späten Abend rund 14.000 Zuschauer von den Sitzen riss. Standig Ovations unter dem geschlossenen Dach. „Oooohs“ und „Aaaahs“ im Minutentakt. Es war ein Match, das alles bot: Aufschläge, die wie Peitschenschläge klangen, Vorhand- und Rückhandschüsse, gefühlvolle Slicebälle, Stopps, Netzangriffe. Am Ende gelangen Sinner 156 Punkte und Berrettini 141. Dafür schlug Berrettini mehr als doppelt so viele Winner (65:32).

Als ein sichtlich erschöpfter Sinner beim Siegerinterview „Es war ein High-Level-Match“, sagte, klang es fast wie eine Untertreibung. Hart sei es gewesen, schon in der zweiten Runde gegen einen Freund zu spielen. Da hat er recht, der Weltranglistenerste. Ein Sieger steht jedenfalls schon nach drei von 14 Turniertagen fest – Tennis Italiano!

Guter Fight von Matteo Berrettini. Der Wimbledon-Finalist von 2021 machte seinem Landsmann das Leben schwer.Bild: Imago / Susan Mullane