Mail aus Wimbledon: Schlange stehen in der Queue
Jeden morgen warten tausende Fans in der sogenannten „Queue“ vor dem All England Club und hoffen, ein Ticket für die Anlage zu ergattern. Sie zelten auf einem Campingplatz, stehen schon mitten in der Nacht auf – und zelebrieren die Warterei als Event. Unser Reporter vor Ort hat sich an der Schlange umgeschaut. Seine Mail aus Wimbledon.
Man kennt die Geschichten von der wohl berühmtesten Warteschlange der Welt seit Jahrzehnten. Früher gingen die Bilder um die Welt, wie Fans in ihren Zelten auf dem Fußweg an der Church Road kampierten, um am nächsten Morgen ganz vorn dabei zu sein und eines der begehrten Tickets für den All England Club zu ergattern. Ein normales Groundticket, das einem Zugang zu den Nebenplätzen gewährt, ist mit 25 Pfund gar nicht so teuer, wie manch einer vermuten mag.
Inzwischen übernachten die Tennisverrückten aus allen Ländern nicht mehr an der Straße, sondern auf einer zum Campingplatz umfunktionierten riesigen Wiese, die nebenbei auch als Parkplatz dient. Stolze 30 Pfund, umgerechnet etwa 42 Euro, muss man zahlen, um sein Auto hier abzustellen. Wenn man morgens gegen 9:30 zur Anlage schlendert, haben sich die Massen längst schon in der Reihe formiert. Abends gegen 22 Uhr, wenn man sich auf den Heimweg begibt, strömen sie einem entgegen, mit Zelten und Proviant für die Nacht. Die meisten von ihnen klettern bereits vor der Morgendämmerung aus ihren provisorischen Schlafstätten, Stunden bevor die Anlage um 10:30 Uhr ihre Tore öffnet. Allein vom Campingplatz bis zum Eingang ins Heiligtum Wimbledon legen die Fans im Schneckentempo knapp einen Kilometer zurück – addiert man die Strecke auf der Wiese, kommt man am Ende fast auf die doppelte Distanz.
Es sind bei weitem nicht nur Tennisfans, die sich diesen Wahnsinn antun, um einmal beim traditionsreichsten Tennisturnier der Welt live dabei zu sein. Viele zelebrieren den Ausflug als Event, stehen schon am frühen Morgen mit Bierdosen in der Hand in der Schlange, angetrieben von der Vorstellung, einmal dabei gewesen zu sein.