Mentalitätsvorbild Jan-Lennard Struff
Von Jan-Lennard Struff kann man nicht nur auf dem Platz eine Menge lernen. Das sagt unser Kolumnist Felix Hutt.
Kurz nachdem letztes Frühjahr mein Buch „Lucky Loser“ erschienen ist, rief mich Michael Berrer an. Was für ein netter Zeitgenosse. Ob ich nicht beim MercedesCup in Stuttgart den Lucky Loser vorstellen wollte, ihm habe das Buch sehr gut gefallen. Die Älteren werden sich erinnern: Das war 2019, als noch Tennisturniere ausgetragen wurden.
Ich packte ein paar Bücherkartons in den Kofferraum und machte mich auf den Weg. In Stuttgart spielte ich das erste Mal auf Rasen. Nicht mein Terrain, viel zu stumpf. Ich spazierte über die Anlage. Mir kam eine Idee: Wenn ich prominente Influencer überzeugen könnte, mein Buch bei Facebook zu posten, dann würde es sich millionenfach verkaufen und ich bald auf Hawaii in Rente gehen.
Ich traf Lothar Matthäus. Gab ihm ein Buch mit einer persönlichen Widmung. Er reichte es seinem Assistenten. Ich traf Tommy Haas. Gab ihm ein Buch mit einer persönlichen Widmung. Er steckte es in sein Bag. Ich traf Stefan Kretzschmar. Gab ihm ein Buch mit einer persönlichen Widmung. Er zeigte es seiner blonden Begleitung und ließ es dann im VIP-Zelt neben dem Kartoffelsalat liegen.
Ehrliches Interesse von Struff
Auf einem Trainingscourt spielte sich Jan-Lennard Struff mit Michael Berrer ein. Gleich würde sein Halbfinale gegen Matteo Berrettini beginnen. In dieser Phase sind Tennisprofis wie Rennpferde in ihrer Box vor dem Start: Nervös, angespannt. Ich gab Michael Berrer ein Buch mit einer persönlichen Widmung für Struffi. Ich glaube, ich schrieb, dass er ein Mentalitätsvorbild sei. Michael Berrer reichte es Struffi weiter. Struffi winkte und lachte.
Er verlor das Match. Ich fuhr nach Hause. Keiner der Influencer postete irgendetwas. Ein paar Wochen später bekam ich eine E-Mail. Sie war von einem Leser. Er schrieb sehr ausführlich, was ihm an dem Buch gefallen habe. Er könne einiges von dem, was mir auf den Futures widerfahren war, nachempfinden, weil er auch mal an exotischen Orten gespielt hatte.
Der Leser war Struffi. Seine E-Mail kein höflicher Akt, sondern ein Zeichen von ehrlichem Interesse. Ich antwortete ihm. Wir tauschten uns über Südafrika aus, wo wir beide gerne Urlaub machen. Wir wechselten von E-Mail zu WhatsApp und seitdem schicken wir uns regelmäßig Nachrichten. Es war mein Traum, auf der Tour zu spielen. Struffi gibt mir das Gefühl, ab und zu ein bisschen dabei zu sein.
Von Jan-Lennard Struff lernen, ein besserer Mensch zu sein
In meinem Buch schreibe ich, was man vom Tennis fürs Leben lernen kann. Je länger ich Struffi kenne, umso überzeugter bin ich, dass man von ihm lernen kann, ein besserer Mensch zu sein. Struffi gehört zu den Top 50 im Einzel und im Doppel und blüht auf, wenn er für Deutschland antritt. „Wenn ich einen Mann immer haben will, ob im Einzel oder Doppel, dann ist das Jan-Lennard Struff“, sagte Boris Becker nach dem ATP Cup im Januar.
Aber beeindruckender finde ich, wie Struffi sich abseits des Platzes verhält. Wie wichtig ihm sein kleiner Sohn ist. Dass er sich treu geblieben und nicht nach Monte Carlo gezogen ist, sondern mit dem schwarz-gelben BVB-Schal ins Stadion geht, zu den Fans, nicht auf die VIP-Tribüne. Struffi weiß, dass sein Sport auch ein Business ist, aber Business eben nicht alles ist. Erfolg verändert Menschen, nicht immer zum besten. Das kann ich von Struffi nicht sagen.
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