Novak Djokovic: Zurück auf Los
Das Gericht in Melbourne hat entschieden. Novak Djokovic muss ausreisen. Ist die Entscheidung richtig? Ja! Es hätte keine andere geben dürfen.
Wäre die Tennistour ein Monopoly-Spiel und Novak Djokovic eine Spielfigur auf den 40 Feldern, dann hätte er sich mehr recht als schlecht über vermintes Gelände bewegt, hätte horrende Strafen bezahlt, wäre zweimal im Gefängnis gelandet, hätte dann die Ereigniskarte gezogen mit der unmissverständlichen Botschaft: „Gehe zurück auf Los“. Wobei „Los“ in diesem Fall meint: zurück nach Hause, ohne weiter an dem Spiel teilzunehmen. Von der Schlossallee – in seinem Fall einem Grand Slam-Finale, mit der Chance, seinen zehnten Melbourne-Titel und den 21 Grand Slam-Titel insgesamt zu holen – war er meilenwert entfernt.
Am Sonntagmorgen deutscher Zeit, rund 15 Stunden vor dem Start der Australian Open, hatten die drei Bundesrichter James Allsop, Anthony Besanko und David O’Callaghan das Urteil gefällt: Djokovic muss ausreisen. Sein Visum, dass ihm zweimal entzogen worden war, wurde ihm nicht wieder zugesprochen. Auf die Rechtsmittel, die das Team Djokovic hätte einlegen können, verzichtete man. Der „extrem enttäuschte“ Djokovic akzeptierte das Urteil.
Djokovic: Ausweisung nach 12 Tagen
Am 4. Januar begann seine Mission Titelvereidigung kurz vor dem Flug von Dubai nach Melbourne mit der kernigen Botschaft „Let’s go 2022!!“, Zwölf Tage später endet sie mit dem Rückflug um 22.30 Uhr Ortszeit vom Flughafen Tullamarine zurück nach Dubai. Auch in dieser Zeitspanne liegt eine Analogie. Ein Grand Slam-Turnier dauert 14 Tage. Wer die nicht übersteht, geht als Verlierer.
Ist die Entscheidung des Gerichts richtig? Ja, es hätte keine andere geben dürfen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Djokovic tatsächlich hätte spielen dürfen. Der Fall hätte das komplette Turnier überschattet. Hätte möglicherweise zu Tumulten zwischen Impfbefürwortern und -gegnern geführt. Wobei die Frage ist, ob Djokovic mit wenig Schlaf, wenig Training und maximalem Rummel die Strapazen auf dem Platz überhaupt durchgestanden hätte. Kaum vorstellbar.
Am Ende muss man konstatieren: Djokovic ist nicht nur an den vielen Fehlern gescheitert, die ihm (oder seinem Umfeld) unterlaufen sind: die eingereichten Tests, die Unregelmäßigkeiten aufwiesen. Die Begegnungen nach dem vermutlich positiven Corona-Test mit Kindern in Belgrad und den Journalisten von L’Equipe, obwohl er sich hätte in Quarantäne begeben müssen. Das nicht korrekte Ausfüllen der Papiere bei der Einwanderung, in dem er seinen Trip nach Spanien unterschlug. Das alles hat dazu beigetragen, dass es keine andere Entscheidung geben konnte.
Djokovic als Ikone für die Impfgegner
Das Hauptargument der Staatsanwälte aber war, dass Djokovic mit jedem weiteren Tag im Land immer mehr zu einer Ikone der Impfgegner aufstieg. Entsprechend habe man weiteren Schaden vom australischen Staat abwenden müssen. Anders formuliert: Djokovic spalte die Gesellschaft. Insofern verkehrte sich der Promi-Bonus von Djokovic in einen Malus. Andererseits soll es immer noch Profis geben, die ungeimpft einreisten und in Melbourne starten werden. Allerdings taugen sie nicht zu Symbolfiguren für die große Politik.
Ist jetzt Häme angebracht, weil Djokovic gescheitert ist? Nein. Klar ist es lustig, wenn ein Post wie „Tennisschläger abzugeben. Unbenutzt. Selbstabholung. Australien“ mit eBay Kleinanzeigen als Quelle absetzt wird. Oder ein Grenzbeamter mit dem grinsenden Gesicht von einem uniformierten Roger Federer erscheint. Die ganze Pandemie wäre ohne Humor nicht zu ertragen.
Aber der Tennisspieler Djokovic ist nach wie vor ein großer Sportsmann, den die Tour braucht. Die Delle in seiner Biographie muss nicht bedeuten, dass die aktuelle „Persona non grata“ nicht wieder zum Champion avancieren könnte. Beim vielleicht größten Sportler überhaupt – Muhammad Ali – hat die Gefängnisstrafe seiner Glorifizierung nicht geschadet. Im Gegenteil.
„Ein Attentat auf den besten Sportler der Welt“
Hat Djokovic Gesetze missachtet, muss er dafür bestraft werden. Ansonsten bleibt die Hoffnung, dass er einsieht, dass er um eine Impfung nicht umhinkommt, wenn er seinen Beruf vernünftig ausüben will. Bei seinem Vater Srdjan, der die Causa Djokovic auch nach dem Urteil noch befeuert, scheint die Hoffnung auf Vernunft vergeblich. „Das Attentat auf den besten Sportler der Welt ist beendet. 50 Kugeln in Novaks Brust. Wir sehen uns in Paris“, schrieb er auf seinem Instagram-Account und strickt weiter an der Märtyrerlegende mit Heiligenschein.
Spätestens dort, bei den French Open, die am 22. Mai starten, droht das nächste große, medienwirksame Chaos. So dürfe der Weltranglistenerste seinen Titel in Paris auch dann verteidigen, wenn er nicht gegen Covid-19 geimpft sei, erklärte Frankreichs Sportministerin Roxane Maracineanu vor rund einer Woche. Wirklich? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron befindet sich wie sein australischer Amtskollege Scott Morrison im Wahlkampf. Und: Er hat schon angekündigt, Ungeimpfte wo immer es geht zu „nerven“.
Die vorläufige Schlusspointe in der Causa Djokovic: Für den Serben rückte der italiensche Lucky Loser Salvatore Caruso ins Tableau, der Namensvetter des vielleicht bedeutendsten Tenors der Gesangsgeschichte. Ganz große Oper!air jordan 1 factory outlet | is air jordan outlet real