„Müder“ Roger Federer macht alles richtig!
Roger Federer hat seine US-Hartplatztournee mit einer Zweitrunden-Niederlage gegen Thanasi Kokkinakis, der Nummer 175 der Welt, abgeschlossen. Er hat daraufhin angekündigt, die Sandplatzsaison auszulassen und erst wieder auf Rasen zu starten. Es ist genau die richtige Entscheidung – auch wenn es der Autor sehr bedauert.
Vor ein paar Wochen, in Indian Wells, traf ich Severin Lüthi, diesen völlig normalen Schweizer, der vor rund 20 Jahren die Nummer 622 der Welt war. Als Trainer von Federer brachte es Lüthi zu Weltruhm. Aber er schert sich nicht drum. Er stand auf dem Parkplatz in Indian Wells und sprach so, wie man etwa mit seinem Nachbarn, der gerade bei der Gartenarbeit ist, redet. Small Talk eben. „Roger ist ganz schön platt“, sagte Lüthi und erzählte von den letzten Stationen im Team Federer.
Laureus-Preisverleihung in Monte Carlo, wo Federer zum fünften Mal zum Weltsportler des Jahres gekürt wurde. Sachenpacken vor dem US-Trip zu den Masters nach Kalifornien und Florida. Das Tralala mit der Familie musste organisiert werden. Aus Zürich würde er Linie nach L.A. fliegen, dann weiter nach San Jose zum Showkampf „Match for Africa“ mit Jack Sock als Gegner und Bill Gates als Fan und Sponsor.
Smalltalk mit Federer-Coach Lüthi
Frau Mirka und die Kinder waren währenddessen schon in der Wüste von Indian Wells angekommen und genoßen Suite und Pool. Kurz vor Mitternacht stand Federer in San Jose noch auf dem Court, hatte ein paar Millionen Dollar für seine Stiftung eingesammelt. Um anschließend ebenfalls die Reise in die Wüste mit kurzer Pause vor seinem Erstrundenmatch gegen Federico Delbonis anzutreten.
Es sieht immer alles so entspannt aus beim sogenannten Maestro, so schwerelos. Wer weiß schon, dass er „platt“ ist? Die Nummer eins-Trophäe nach all den Jahren in Rotterdam hat er auch eingesammelt. En passent sozusagen. So als gebe es nichts Leichteres. Aber hey – der Mann ist 36, auch wenn der Körper so geschmeidig wie bei einem 26-Jährigen wirkt. Federer hat wie wir alle mit wenig Schlaf und wie die wenigsten mit Jetlag zu kämpfen.
Federers Kraftakt außerhalb der Plätze wird unterschätzt
Seine Kinder rauben jede Menge Energie, wie er neulich in zwei Interviews, die er in Indian Wells gab, eindrucksvoll berichtet hat. Man unterschätzt oft, welche Leistung es ist, auf dem Niveau, auf dem Federer spielt, fünf Matches am Stück zu gewinnen – dem erfolgreichen, aber teilweise mühsamen Auftakt gegen Delbonis folgten Siege gegen Filip Krajinovic, Jeremy Chardy, Hyeon Chung und Borna Coric.
Dann fand das Wahnsinnsmatch gegen Juan Martin del Potro statt. 6:7 im dritten Satz verloren, drei Matchbälle gehabt. Federer war sauer (wegen del Potro, des Schiris und des Publikums) und kaputt (wegen der malträtierten Knochen).
Federer sauer wie selten
Man muss nur eins und eins zusammenzählen, um zu ahnen: Auf Miami hatte er zu diesem Zeitpunkt keine besondere Lust. Zumal er sich nicht ausruhen konnte. Die nächste Station lautete: Chicago, Präsentation für den Laver Cup 2018. Erst dann ging es nach Miami und das Match gegen Thanasi Kokkinakis, die Nummer 175 der Welt, in die Hose – mit 6:7 im dritten Satz.
Keine Frage, der 21-jährige Australier, in den letzten Jahren dauerverletzt, ist talentiert. Er ist quasi bei Federer in die Lehre gegangen, als die beiden 2017 eine Woche lang in Dubai trainierten. Aber: Unter normalen Umständen hätte Federer das Match nicht verloren. Sein Körper schrie geradezu nach einer Pause.
Federers Entscheidung nach kurzer Aussprache
Nach einer langen Pause. Genau wie im letzten Jahr, als der Schweizer die Sandplatzsaison ausließ, nach rostigem Start und der Niederlage gegen Tommy Haas im ersten Match in Stuttgart die Gerry Weber Open und Wimbledon gewann. Diesmal war „nach sehr kurzer Aussprache“ mit seinem Trainerteam klar: kein Sand, kein Paris, kein Rom, Madrid oder sonstwo auf roter Asche. Federer verzichtet auf den Sand-Swing, weil er für den Rest der Saison gerüstet sein will. Weil er noch einen Trainingsblock einstreuen will, der – aus seiner Sicht – hoffentlich dafür sorgt, dass er seinen Wimbledontitel verteidigen kann. Es wäre Grand Slam-Triumph Nummer 21.
Damit macht er alles richtig, wie er überhaupt alles richtig gemacht zu haben scheint in seinem ganzen Leben. Federer, der Clevere, verlängert seine Tenniskarriere, die jetzt schon 20 Jahre lang ist, wenn man nur die Profijahre zählt. Jetzt könnte man sagen, Sand ist besser für die Gelenke als Hartplatz. Andererseits: Gar kein Wettkampftennis zu spielen, ist noch besser für die Gelenke.
Federers Nachteil auf Sand
Sein Trainerguru Pierre Paganini sagt zu dem Thema: „Es gibt einen Vorteil für die Gelenke auf Sand, dort ist der Aufprallmoment nicht so hart, weil gerutscht wird. Auf Hartplatz ist der Aufprall für die Gelenke heftiger, das kann ein Nachteil sein. Da der Aufprall auf Hardcourts aber immer nur kurz ist und Federer koordinativ sowie beweglich auf dem Niveau eines Tänzers ist, belastet er seine Gelenke etwas weniger in diesen Momenten.“ Heißt im Umkehrschluss auch: Lange Ballwechsel, wie sie auf Sand unvermeidbar sind, sind dann doch schlechter für die Knochen.
Also noch einmal: Federer macht alles richtig. Das Traurige ist nur: Vielleicht sieht man ihn nie wieder auf Sand. Dabei wäre es so ein Genuss. Federer spielt anders als in anderen Stadien seiner Laufbahn. Er geht früher auf den Punktgewinn. Seine Schläge sind noch präziser und härter geworden. Es reichen oft simple Kombinationen, wie bei einem Boxer, die den Gegner blitzschnell schachmatt setzen. Kickaufschlag auf der Einstandseite nach außen. Dann Vorhand in die Rückhandecke, dem Ball hinterhergehen, den Vorhandvolley mit dieser unnachahmlichen Eleganz cross wegdrücken – herrlich. King Roger auf der terre battue, vielleicht im Finale gegen Rafael Nadal. Es wäre so schön. Aber: Perdue. RF tut es sich nicht mehr an. Und macht damit alles richtig.Air Jordan 4 Retro Off – CV9388 – White Sail – 100 – Jordan Brand quietly slipped in a new rendition of the low-top | air jordan 1 royal nike outlet