Six_Kings_Slam

Was für eine Besetzung: Rafael Nadal, Novak Djokovic, Carlos Alcaraz, Jannik Sinner, Holger Rune und Daniil Medvedev sind beim Six Kings Slam in Saudi Arabien am Start. Bild: Six Kings Slam

Six Kings Slam in Saudi Arabien: Erst jammern, dann abkassieren

Das große Klagelied der ATP-Profis dreht sich um die zu lange Saison und stetige Überbelastung – aber nicht um überflüssige Showevents wie etwa den „Six Kings Slam“ in Saudi-Arabien.

Tennis ist für die meisten von uns ein Sport mit einer intensiven, aber kurzen Wettkampfsaison. Ist man in einer Medenmannschaft aktiv, spielt man in den allermeisten Fällen eine einstellige Anzahl von Partien, vielleicht noch ein paar Matches im Rahmen einer Winterhallenrunde. Stürzt man sich nicht darüber hinaus freiwillig in LK- oder Ranglistenturniere, war es das auch schon. Kein Vergleich zu anderen Amateur-Sportarten, in denen sich in großen Ligen mit Hin- und Rückspielen gemessen wird.

Im krassen Gegensatz dazu hat sich über viele Jahrzehnte die Tennis-Profitour entwickelt. Allein auf ATP-Ebene zählt man mittlerweile vom Jahreswechsel bis Mitte November hinein mehr als 60 Turniere. Spielt man noch den Davis Cup, verlängert sich die Spielzeit Richtung Ende November. Ob die NextGen-Finals, die jetzt direkt vor Weihnachten in Saudi-Arabien ausgetragen werden, nun noch zur alten Saison gehören oder zur neuen oder aber total blöd mittendrin dazwischen terminiert sind, kann jeder für sich entscheiden.

Six Kings Slam: Fragwürdigkeit beginnt schon beim Namen

Apropos Saudi-Arabien: „Hobbyspieler-Schrägstrich-Kleinverdiener“ wie wir könnten natürlich auf den Gedanken kommen, dass dieser imposante Jahresplan für die Größen der Branche einerseits für Körper und Geist fordernd und andererseits den Kontostand fördernd genug wäre. Aber weit gefehlt. Aktuell sind die Herren Djokovic, Nadal, Sinner, Alcaraz, Medvedev und Rune in Saudi-Arabien für den „Six Kings Slam“. Ein Show-Event, dessen Fragwürdigkeit schon mit dem Namen beginnt, denn das Hoheitsgebiet eines Holger Rune würden wir hier im Vergleich zur direkten Konkurrenz in der Wüste Stand jetzt höchstens als Grafschaft einordnen. Von der Hybris, da ein „Slam“ in den Namen einzubauen, ganz zu schweigen.

Die Motivation der sechs Protagonisten für den Stopp auf der arabischen Halbinsel dürfte bei jeweils 1,5 Millionen Dollar Antrittsprämie und 6 Millionen Gewinnsumme für den Sieger so einleuchtend wie monothematisch sein. Die Erkenntnis, dass so viel Geld im Profi-Ohr offensichtlich so eine Art Grundrauschen erzeugt, das Begriffe wie „Sportswashing“ und Ähnliches locker übertönt, ist auch weder auf dieses spezielle Event noch auf den Tennissport beschränkt. Das nimmt man fast schon schulterzuckend zur Kenntnis.

Six Kings Slam: Überbelastung und Reisestress sind dann keine Themen mehr

Wenn allerdings das Thema Überbelastung seit geraumer Zeit das meistgespielte Klagelied der ATP-Spitzenprofis ist und wenn dabei Faktoren wie Reisestress, ständige Anpassung an Zeitzonen, unterschiedlich schnelle Belege und unterschiedlich harte Bälle sowie nicht zuletzt die entschieden zu vielen Wochen der Trennung von Familie und Freunden daheim als Förder-Faktoren für allerlei Unbill wie Formkrisen, Motivationslöcher und Verletzungen angeführt werden und wenn deswegen mittlerweile auch reguläre Turniere abgesagt werden, dann fragt man sich schon, wie solche Zusatztermine da ins Bild passen. Selbst, falls dort weder mit dem letzten noch mit dem vorletzten Ehrgeiz zur Sache gegangen wird.

Carlos Alcaraz beispielsweise, der ja nun neben seinen absolut herausragenden Ergebnissen schon sowohl über die junge Karriere hinweg als auch 2024 die eine oder andere Verletzung oder Formdelle in sein sportliches Curriculum Vitae einzutragen hatte, sieht sich trotz Roland Garros-Erfolg, Wimbledon-Sieg und mehr als acht Millionen Dollar Preisgeld in diesem Jahr finanziell so prekär aufgestellt, dass er genötigt wird, nicht nur den „Six Kings Slam“ zu spielen, sondern nach dem eigentlichen Saisonende in Europa dann im Dezember auch noch Nebenjobs auf einem anderen Kontinent in New York und Charlotte anzunehmen, um die größten monetären Löcher zu stopfen.

Wir drücken die Daumen, dass das Ticket für den Flug Richtung Australien Anfang Januar dann aber endlich bezahlbar sein wird.