10 Erkenntnisse von den US Open
Was haben die US Open uns gelehrt und welche Auswirkungen haben sie? Die Analyse zum Grand-Slam-Turnier in New York.
1. Rafael Nadal ist der Duracell-Hase
Er renn und rennt und rennt – wie ein Duracell-Hase. Rafael Nadal sagt man nach, umso länger das Match dauert, umso besser und energiegeladener spielt er. Die US Open haben dies eindrucksvoll gezeigt. Das Finale gegen Daniil Medvedev, das 4:51 Stunden dauerte, war bereits Nadals 24. Match mit einer Spielzeit von mehr als vier Stunden. 18 Partien davon konnte er gewinnen. Steht ein Match aufs Messers Schneide, holt Nadal noch mal eine Extraportion aus seinen Energiereserven hervor.
.@RafaelNadal hit it right into the broadcast booth 🎯 pic.twitter.com/ece2MlB54Y
— SportsCenter (@SportsCenter) September 5, 2019
2. Roger Federer sucht den Killerinstinkt
Mit dem US-Open-Titel von Rafael Nadal wackelt der Grand-Slam-Rekord von Roger Federer. Der Schweizer muss zudem um seinen Nummer-eins-Rekord bangen. Sollte Federer diese beiden Rekorde verlieren, liegt es einerseits an Nadal und Novak Djokovic, andererseits aber größtenteils an Federer selbst. Dem Schweizer fehlte in der Dekade 2010 bis 2019 etwas der Killerinstinkt, sodass er einige Titel und Weltranglistenpunkte nicht ergattern konnte. So verlor Federer bei einem Grand-Slam-Turnier dreimal gegen Djokovic nach Vergabe von zwei Matchbällen – am bittersten im diesjährigen Wimbledonfinale. Auch bei den US Open ließ Federer eine gute Chance liegen. Das Viertelfinale gegen Grigor Dimitrov sollte angesichts des Head-to-Heads von 7:0 nur Formsache sein. Doch Federers Körper streikte etwas, sodass er das Match nicht früh zu seinen Gunsten entscheiden konnte und bei ihm die Kräfte schwanden. Die nächste gute Chance auf einen Grand-Slam-Titel war vertan. Der Schweizer muss seinen Killerinstinkt wiederfinden, wenn er als erfolgreichster Tennisspieler in die Geschichtsbücher eingehen will.
3. Alexander Zverev muss sein Aufschlagproblem lösen
Die US Open haben wieder gezeigt: Alexander Zverev hat nach wie vor ein Aufschlagproblem. Bei seiner Niederlage im Achtelfinale gegen Diego Schwartzman servierte Zverev 17 Doppelfehler. In seinen letzten zehn Matches hat der Deutsche insgesamt 103 Doppelfehler geschlagen. In diesen zehn Matches gewannen Zverevs Gegner insgesamt 1.098 Punkte. Also knapp zehn Prozent der Punkte kamen durch die Doppelfehler des ATP-Weltmeisters von 2018 zustande. „Der zweite Aufschlag ist der Blick in die Seele eines Tennisspielers“, stellte Boris Becker treffend fest. Löst Zverev nicht bald sein Aufschlagproblem, wird es für ihn schwer, um große Titel mitzuspielen.
Zverev 2nd service🙈(🎥@Eurosport_RU ) pic.twitter.com/WloLBDZ1zR
— doublefault28 (@doublefault28) September 2, 2019
4. Kevin Krawietz und Andreas Mies sind kein „One-Hit-Wonder“
Der French-Open-Titel von Kevin Krawietz und Andres Mies kam aus dem Nichts. Im Anschluss gewannen die beiden bei acht Turnieren nur zwei Matches. Krawietz und Mies wurden bereits als „One-Hit-Wonder“ betitelt. Doch die US Open haben eindrucksvoll gezeigt: Die French Open waren keine Eintagsfliege. „Kramies“ fanden in New York zu ihrer Form, spielten sich bis ins Halbfinale vor und verloren dort trotz einer starken Leistung unglücklich in zwei Sätzen. Die letzten Monate haben gezeigt, wie eng die Weltspitze im Doppel beieinander liegt. Von Krawietz/Mies kann in Zukunft weitere Großtaten erwartet werden.
5. Bäumchen wechsle dich bei Nummer eins der Damen
Simona Halep begann das Jahr als Nummer eins der Welt. Als Naomi Osaka bei den Australian Open ihren zweiten Grand-Slam-Titel in Folge gewinnen konnte, dachte man, dass sie die neue Dominatorin im Damentennis werden könnte. Doch Osaka schwächelt seitdem, sodass Ashleigh Barty völlig aus dem Nichts die Nummer eins im WTA-Ranking wurde. Barty und Osaka wechselten sich zuletzt an der Spitze der Weltrangliste ab. Bis zum Jahresende könnte es weitere Ablösungen geben. In der Verlosung für die Nummer eins am Jahresende sind Barty, Halep, Karolina Pliskova und nun auch US-Open-Siegerin Bianca Andreescu.
6. Taylor Townsend: Mehr Serve-and-Volley bitte!
Das Zweitrundenmatch zwischen Taylor Townsend und Simona Halep war eine Augenweide für Freunde des gefühlvollen Netzspiels. Townsend rückte insgesamt 64-mal ans Netz und machte 60 Prozent der Punkte. Ihr konsequentes Angriffstennis mit gelegentlichem Serve-and-Volley brachte Townsend bis ins Achtelfinale, wo sie der späteren Siegerin Bianca Andreescu in drei Sätzen unterlag. Ihr Beispiel zeigt: Auch mit bedingungslosem Angriffstennis kann man im Damentennis Erfolg haben. Bitte mehr davon!
7. Nick Kyrgios bringt es nicht auf der großen Bühne
Als Nick Kyrgios bei den Australian Open 2015 im Alter von 19 Jahren bereits sein zweites Grand-Slam-Viertelfinale erreichte, schien ein neuer Tennisstar im Anflug zu sein. Doch seitdem ist der Australier bei den ganz großen Turnieren immer nur Zuschauer, wenn es in die heiße Phase geht. Kyrgios liebt zwar die große Bühne, aber er bringt es immer noch nicht auf der großen Bühne, vor allem bei den Grand Slams und den 1000er-Turnieren. Sein Talent ist unbestritten. 20 Siege gegen Top-10-Spieler unterstreichen das. Bei den US Open hatte Kyrgios eine gute Auslosung vor sich. Doch er konnte sie nicht nutzen und verlor in der dritten Runde gegen Andrey Rublev. Gerät Kyrgios in einem Match in Rückstand, kann er häufig nicht mehr viel nachlegen.
8. Dimitrovs Beispiel: Ein Turnier kann alles ändern
Das Beispiel von Grigor Dimitrov zeigt mal wieder: Ein Turnier kann alles verändern, vor allem zum Guten. Das ist das Schöne am Tennis. Dimitrov begann die Hartplatzsaison in Nordamerika mit einer Erstrundenniederlage in Atlanta gegen Darian King, die Nummer 405 im ATP-Ranking. Der Bulgare gewann in vier Turnieren vor den US Open nur ein Match, und das denkbar knapp. In New York holte Dimitrov zum großen Wurf aus. Ein wenig Glück war auch dabei. Zweitrundengegner Borna Coric konnte nicht antreten. Roger Federer war im Viertelfinale nicht in Bestform. Allerdings: Es gehört dazu, dass man seine Chancen auch konsequent nutzt. Das hat Dimitrov getan. Vor den US Open stand der ATP-Weltmeister von 2017 in der Weltrangliste nur auf Platz 78. Nun ist er die Nummer 25. Das gibt ihm Planungssicherheit für die nächsten Turniere.
9. Best-of-five-Tennis ist das wahre Tennis
Ben Rothenberg, einer der bekanntesten Tennisjournalisten mit 75.000 Followern auf Twitter, ist ein erklärter Befürworter von Matches über zwei Gewinnsätze bei den Grand-Slam-Turnieren. Bei jedem Turnier stellt Rothenberg den Sinn von Best-of-five-Matches in Frage. Die US Open haben mal wieder bewiesen, dass Best-of–five-Tennis das wahre Tennis ist. Das Endspiel zwischen Rafael Nadal und Daniil Medvedev, von dem viele Experten als eines der besten Grand-Slam-Endspiele der Geschichte schwärmten, hätte sich ohne den Modus über drei Gewinnsätze nicht ereignet. Machen wir uns nichts vor: Die wirklich großen, dramatischen und denkwürdigen Herrenmatches passieren bei den Grand-Slam-Turnieren. Führt man die Regelung über zwei Gewinnsätze bei den Herren bei den „Majors“ ein, nimmt man diesen Event den besonderen Zauber. Es wäre wünschenswert, wenn es auch auf der ATP-Tour wieder einige Matches über Best-of-five geben würde, zum Beispiel im Endspiel der ATP Finals.
10. Der Deutsche Tennis Bund hat ein Nachwuchsproblem
Zuerst die gute Nachricht: Milan Welte spielte sich in der Juniorenkonkurrenz sensationell ins Viertelfinale und scheiterte nur knapp am späteren Sieger, Jonas Forejtek. Welte rutschte nur als Ersatzkandidat in die Qualfikation und gewann auf dem Weg ins Viertelfinale fünf Matches. Mit dem Erfolg hat sich Welte im ITF-Juniorenranking in die Top 100 vorgespielt. Allerdings: Der Saarländer ist bereits 18 Jahre alt und der einzige DTB-Junior in den Top 100. Auch bei den Juniorinnen sieht es düster aus. Alexandra Vecic war die einzige deutsche Starterin bei den US Open und verlor deutlich in der ersten Runde. Trotz des Achtungserfolges von Welte: Der Deutsche Tennis Bund hat ein Nachwuchsproblem und hinkt vielen Ländern hinterher.cheap air jordan 11 | cheapest air jordan 1 mid