Alexander Zverev

Alexander Zverev spielt bei den ATP Finals in Turin um seinen dritten Titel nach 2018 und 2021. ©Imago/Bestimage

Zverev: Vor den ATP-Finals in Turin

Mit seinem Sieg beim Rolex Paris Masters zählt Alexander Zverev zu den Topfavoriten bei den ATP-Finals in Turin. Wie stark ist er wirklich? Und wie gesund?

Als ich Alexander Zverev Ende September beim Laver Cup in Berlin auf dem Platz sah, gingen mir zwei Gedanken durch den Kopf: beeindruckender Sieg (gegen Frances Tiafoe, was gleichzeitig den Triumph von Team Europe gegen Team World einleitete). Und: Warum tut er sich das an? Schon bei seiner Niederlage gegen Lorenzo Musetti bei Olympia Ende Juli in Paris war er nicht fit. Diagnose: diffus, Schwindel, Unwohlsein. Bei der Viertelfinal-Niederlage gegen Taylor Fritz bei den US Open fiel auf, wie viel er hustete.

Nach dem Tiafoe-Sieg in der Berliner Uber-Arena gab es kryptische Sätze von Zverev, der während der Woche Fieber hatte. Bei Fragen nach seinem Gesundheitszustand sagte er, es sei ihm „so ein bisschen ein Maulkorb” gegeben worden. Was er damit meinte, war, dass ihm sein Management mit Bruder Mischa Zverev und Sergei Bubka jr. dazu riet, nicht zu viel preiszugeben.

Szenario Zverev als Nummer eins?

Ein paar Tage später – vor seiner Reise nach Asien – war die Diagnose klar: Lungenentzündung. Die Medikation: Antibiotika. Zverev sagte: „Das Problem, das ich mit meiner Lunge habe, wird nicht innerhalb von ein, zwei Wochen weggehen. Das wird wahrscheinlich ein, zwei Monate dauern.“ Man dachte sich: Wieso dann die Reise zum Masters nach Shanghai? Übertriebener Ehrgeiz? Denn für die ATP-Finals in Turin war Zverev zu dem Zeitpunkt schon qualifiziert. Den Sprung am Jahresende auf Platz eins zu schaffen, war im Grunde nicht möglich. Zu groß war und ist der Vorsprung von Jannik Sinner in der Weltrangliste. Allerdings: Ob Sinner, nach dem Vorstoß der WADA, noch nachträglich Punkte wegen seiner positiven Dopingtests verliert und möglicherweise gesperrt wird, ist noch nicht entschieden. Würde das Szenario Realität werden, wäre der Sprung auf Platz eins für Zverev machbar.

Zumal er mit seinem Titel in Paris-Bercy Carlos Alcaraz wieder überholte und wieder die Nummer zwei der Welt war. Beim Laver Cup war das auch schon so. „Du hast zwei Grand Slam-Titel dieses Jahr gewonnen (Paris und Wimbledon; d. Red.), aber ich bin die Nummer zwei und du die Nummer drei”, sagte Zverev bei der Vorstellung der Spieler am Abend vor dem Laver Cup-Start grinsend in Richtung des Spaniers.

Zverev, der Vielspieler

Hat Zverev also alles richtig gemacht? In Paris spielte er überragend. Seit Boris Becker (1986, 1989, 1992) siegte kein deutscher Spieler mehr auf dem schnellen Hallenbelag von Bercy. Es war Zverevs 23. Einzeltitel. Er geht nicht nur als Nummer zwei der Welt in die ATP-Finals in Turin (10. bis 17. November), er ist auch bis dato der ATP-Spieler mit den meisten Siegen 2024. 66:20 lautet seine Bilanz. Wäre er gesund gewesen, wäre sie noch besser ausgefallen. Zum Vergleich: Jannik Sinner feierte 65 Siege (bei allerdings nur sechs Niederlagen) und Carlos Alcaraz steht bei 52:11.

Von Paris-Bercy ging es für Zverev in die Berliner Charité-Klinik zum nächsten Lungen-Check. In Turin spielt er mit Sinner und Alcaraz um den Titel – sein letzter sportlicher Einsatz 2024. Dass er nicht Davis Cup spielt, war intern schon lange klar. Zverev, und das ist keine neue Erkenntnis, mag das Format nicht. Sein Fahrplan: direkt am Montag nach Turin ein Gala-Abend für seine Alexander Zverev Foundation, mit der er Kinder und Jugendliche unterstützt, die an Diabetes erkrankt sind. Zum zweiten Mal findet das Event im „Tannenhof Sport & Spa“ im Allgäu statt. Dann geht es in den Urlaub – wie immer auf die Malediven – mit der Hoffnung, sich auszukurieren und gesund ins Jahr 2025 zu starten. Das Ziel für den 27-Jährigen im nächsten Jahr ist klar: zumindest ein Grand Slam-Turnier gewinnen.