Carlos Alcaraz (Spa) lost to Botic van den Zandschulp (Ned) at the US Open 2024 TENNIS : US Open 2024 29/08/2024 Antoine

Damit hatte niemand rechnen können: Carlos Alcaraz verlor in der zweiten Runde der US Open gegen Botic van de Zandschulp.Bild: IMAGO / PanoramiC

Alcaraz-Bezwinger: „Im Mai dachte ich über mein Karriereende nach“

Es ist die Überraschung bei den US Open: Carlos Alcaraz verlor gegen Botic van de Zandschulp, der 2024 seiner Form bislang hinterherlief.

Damit konnte niemand rechnen: Carlos Alcaraz, der 2024 schon in Roland Garros und Wimbledon triumphiert hatte, ist in der zweiten Runde der US Open sensationell ausgeschieden. Die Niederlage an sich war schon ungewöhnlich genug, aber die Art und Weise, wie sie zu Stande kam, macht sie noch überraschender.

Alcaraz-Niederlage erschien äußerst unwahrscheinlich

Dass Alcaraz gegen Botic van de Zandschulp verliert, erschien äußerst unwahrscheinlich. Denn der Niederländer hat 2024 auf ATP-Level noch nicht einmal zwei Hauptfeld-Matches in Folge bei einem Turnier gewonnen. Zuletzt gelang ihm das bei Masters in Paris-Bercy Anfang November 2023. Diese Serie hat er nun beendet – durch Siege in New York City über Denis Shapovalov und eben Carlos Alcaraz.

Deutschen Tennisfans dürfte van de Zandschulp durchaus ein Begriff sein, denn seine bislang größten Erfolge feierte er bei dem ATP-Turnier in München. Zweimal (2022, 2023) stand er dort im Finale, beide Male verlor er gegen Holger Rune. Besonders bitter: 2022 musste er frühzeitig aufgeben, 2023 vergab er vier Matchbälle.

Von der letzten Niederlage erholte er sich lange nicht. Nach München 2023 folgten fünf Auftaktniederlagen, im Ranking ging es abwärts. Hatte er im August 2022 noch auf Platz 22 in der Weltrangliste gestanden, fand er sich anderthalb Jahre später, im April 2024, nur noch auf Position 115 wieder. Seinen vorläufigen Tiefpunkt erreichte er in Roland Garros 2024, nachdem er in der ersten Runde gegen Fabio Fognini mit 1:6, 1:6, 5:7 unterging.

Zweifel bei van de Zandschulp

„Ich weiß nicht, ob ich meine Karriere fortsetzen werde. Ich bezweifle das wirklich. Ich denke darüber nach, aufzuhören. Im letzten Jahr ist viel passiert, auch außerhalb des Platzes. Ich denke, dass man bei allem, was man tut, Spaß haben sollte. Natürlich hat jeder mal einen weniger guten Tag, aber wenn es zu viele werden, muss man sich Fragen stellen“, klagte van den Zandschulp nach der frustrierenden Niederlage.

Der 28-Jährige aber spielte weiter, wechselte nach der Rasensaison auf die Challenger-Tour, um frische Erfolgserlebnisse zu feiern – und erlebte dort eher das Gegenteil. Beim Challenger in Zug (Schweiz) verlor er in Runde eins gegen Mika Brunold, die Nummer 577 der Weltrangliste. Eine Woche später stieß er zwar ins Endspiel vom Challenger in Lüdenscheid vor, doch dort unterlag er dem Weltranglisten-306. Raphael Collignon.

Angesichts solcher Resultate, die nur wenige Wochen zurückliegen, mutet es wie ein Wunder ein, dass van de Zandschulp nun mit Carlos Alcaraz erstmals einen Gegner aus den Top 3 und erstmals einen Grand Slam-Champion besiegen konnte. In seinem ersten Match im Arthur Ashe-Stadium kam nun beides zusammen: Der Niederländer agierte so, als hätte er nichts zu verlieren. Dann platzte plötzlich der Knoten und er spielte sich frei, wie es so schön heißt.

Alcaraz: „Mein Gegner war großartig heute Abend“

Auf der anderen Seite wirkte Alcaraz fahrig und auch erschöpft. Er machte haarsträubende Fehler und schaffte es nicht, sich selbst aus seinem Leistungsloch wieder herauszuziehen. Van de Zandschulp habe „großartig“ gespielt, lobte er nach dem Match. Sein Gegner hätte „nicht viele Fehler“ gemacht, was ihn etwas verwirrt habe.

Er selbst gab zu, dass er den Ball nicht gut getroffen habe an diesem Abend. Und „als ich zurückkommen wollte, war es zu spät“. In seinem Kopf hätte eine Achterbahnfahrt stattgefunden während der Partie: „Heute habe ich gegen einen Gegner und gegen mich selbst gespielt. So viele Emotionen, die ich nicht kontrollieren konnte. So darf das nicht sein, wenn ich Großes erreichen will. Also muss ich es verbessern. Ich muss das lernen.“

Am Ende ließ er durchblicken, dass er zu viel gespielt habe in letzter Zeit: „Der Tennisterminkalender ist eng, ich war zuletzt viel im Einsatz.“ Ihm habe die Energie gefehlt. Erstaunlich offen bekannte er: „Anstatt mental stärker zu werden, habe ich mich in dem Aspekt ein paar Schritte zurückentwickelt.“ Alcaraz hatte nach dem verlorenen Olympia-Finale von Paris auch sein Auftaktmatch in Cincinnati gegen Gael Monfils überraschend verloren. Danach sprach er vom „schlechtesten Match meiner Karriere“.

Für van de Zandschulp, der kein Mann großer Worte ist, war es der mit Abstand größte Erfolg seiner Tennis-Laufbahn. „Das ist ein unglaublicher Abend, das erste Mal im Arthur Ashe. Ich habe von dem ersten Punkt an daran geglaubt, dass ich eine Chance habe“, sagte er im On-Court-Interview.

Alcaraz

Ungewohnter Moment für Botic van de Zandschulp: Viele On-Court-Interview hat er noch nicht gegeben in seiner Karriere.Bild: IMAGO / ZUMA Press Wire

Vielleicht hat es ihm geholfen, dass er bei den US Open 2021 seinen Durchbruch im Profitennis feierte. Damals kämpfte er sich als Qualifikant bis ins Viertelfinale vor und bezwang dabei immerhin Casper Ruud und Diego Schwartzman. Nach sieben Siegen in Folge verlor er dann gegen Daniil Medvedev.

Wie weit der Weltranglisten-74. bei den US Open 2024 kommt, wird sich zeigen. Klar ist: Für einen Underdog ist es nach so einem Sensationssieg immer schwer, konzentriert und fokussiert ins nächste Match zu gehen. Aber vielleicht setzt der Niederländer ja auch zu einem neuen Höhenflug an. Sein nächster Gegner jedenfalls ist Jack Draper.