Carlos Alcaraz zählt in Melbourne zu den Favoriten

Titel im Blick: Schafft Carlos Alcaraz das Sunshine Double 2024?Bild: AFP/SID/Martin KEEP

Miami Open: Carlos Alcaraz wieder in Topform?

Nach seiner überzeugenden Titelverteidigung in Indian Wells hat Carlos Alcaraz in Miami jetzt das Sunshine Double im Visier. Nach missglücktem Saisonstart findet der Spanier wieder zu alter Form.

Wenn Carlos Alcaraz am Samstag gegen Roberto Carballes Baena in die Miami Open startet, beginnt für ihn, wie schon im vergangenen Jahr, die Jagd nach dem Sunshine Double. Nach dem Erfolg 2023 in Kalifornien war dann im Halbfinale von Miami gegen Jannik Sinner Endstation. Will der Spanier dieses Jahr auch in der „Magic City“ triumphieren, wäre der Italiener ein möglicher Finalgegner. Der Triumph in Indian Wells und Miami im selben Jahr gelang bisher nur sieben Spielern. Bei den Damen sind es sogar nur vier. Nach Michael Chang 1992 wäre Alcaraz mit seinen zwanzig Jahren der zweitjüngste, dem dieser prestigeträchtige Doppelsieg gelingen könnte.

Herren

Jahr

Novak Djokovic2011, 2014, 2015, 2016
Roger Federer2005, 2006, 2017
Andre Agassi2001
Marcelo Rios1998
Pete Sampras1994
Michael Chang1992
Jim Courier1991
DamenJahr
Iga Swiatek2022
Victoria Azarenka2016
Kim Clijsters2005
Steffi Graf1994, 1996

Die guten Leistungen in der kalifornischen Wüste sprachen für sich, der Titelgewinn war im Vorfeld aber dennoch eher unwahrscheinlich. Besonders der Blick auf die vergangenen Monate ließ berechtigte Zweifel aufkommen. Sogar bei Alcaraz selbst.

Zweifel bei Carlos Alcaraz: „Habe mentale und physische Probleme überwunden“

Carlos Alcaraz, Miami Open, Indian Wells

In Indian Wells siegte Carlos Alcaraz im Endspiel gegen Daniil Medvedev. Nun scheint der Spanier wieder in Topform zu sein.Bild: Imago/Charles Baus

Bei der Presskonferenz nach dem Endspiel in Indian Wells gab die Nummer zwei der Welt zu, in den vergangenen Monaten auch mentale Schwierigkeiten gehabt zu haben. „Es bedeutet mir sehr viel, dieses Turnier zu gewinnen, weil ich viele mentale und auch physische Probleme überwunden habe“, sagte Alcaraz. Auch über seine Motivation sprach der zweimalige Major-Champion: „Mir ist es egal, dass ich seit Wimbledon keinen Titel gewonnen habe. Es geht für mich um das Gefühl. Es geht darum, das Tennisspielen zu genießen. Ich habe mich in Indian Wells wieder selbst gefunden“. Schaut man sich die vergangenen Auftritte von Alcaraz an, fehlte tatsächlich oft das charismatische Lächeln und die Freude auf dem Court. Oder es wirkte zumindest etwas gequält. Auch Spielwitz und Variabilität, die man von ihm gewohnt sind, hatten augenscheinlich nachgelassen.

Der Aufstieg von Jannik Sinner – eine Bremse für Alcaraz?

Auch der rapide Aufstieg von Jannik Sinner dürfte die Situation nicht unbedingt einfacher gemacht haben. Der 22-jährige erreichte das Endspiel bei den ATP-Finals, gewann mit Italien den Davis Cup und triumphierte in diesem Jahr nicht nur in Rotterdam, sondern holte sich in Australien auch seinen ersten Grand Slam-Titel. War 2022 und 2023 noch Alcaraz der gefeierte Überflieger, schwappte dieses Momentum die letzten Wochen und Monate mehr und mehr zu Gunsten des Italieners.

Carlos Alcaraz trotzt Bienenschwarm und Kritikern

Umso beeindruckender dann die Manier, in der er seinen zweiten Titel beim von einigen als „fünfter Grand Slam“ betitelten Turnier einfahren konnte. Verlor er gegen Matteo Arnaldi noch den ersten Satz, räumte er danach Felix Auger-Aliassime, Fabian Marozsan und Alexander Zverev ohne Mühe vom Platz. Auch die Unterbrechung durch einen Bienenschwarm konnte ihn in seiner Partie gegen die deutsche Nummer eins nicht aufhalten.

Dann gingen alle Augen auf das Match gegen Sinner. Für viele die Rivalität der neuen Generation, „das neue Nadal vs. Djokovic“. Kann ein kriselnder Alcaraz die Serie mit 16 Spielen ungeschlagen des Italieners in diesem Jahr durchbrechen? Nach etwas mehr als zwei Stunden Power-Tennis stand die Antwort: Er kann es. Indian Wells wurde somit auch zu einer Art Revanche für die ehemalige Nummer eins der Welt. Gegen Marozsan, Zverev und Sinner hatte er in der jüngeren Vergangenheit Matches verloren. Auch mit Finalgegner Medvedev hatte er noch eine Rechnung von den US Open offen, welche er nun begleichen konnte.

Carlos Alcaraz‘ Leistung in Statistiken

Vergleicht man das Finale mit vorherigen Spielen, fällt auf, dass bei Alcaraz statistisch, aber eben auch spielerisch gesehen vieles besser lief. Der Aufschlag ist weithin konstant. Die Quote beim ersten Aufschlag lag gegen Medvedev bei 65 Prozent. Bei der Niederlage gegen Zverev in Australien waren es 68 Prozent und in Buenos Aires gegen Jarry 66 Prozent. Die Punkteausbeute von jeweils um die 70 Prozent weist ebenfalls keinen großen Ausschlag nach unten auf. Die Anzahl der gewonnenen Punkte beim zweiten Aufschlag haben sich dagegen deutlich verbessert. Lag dieser Wert gegen den Zverev noch bei 44 Prozent und gegen Jarry bei 52 Prozent, konnte er gegen Medvedev 68 Prozent der Punkte bei zweitem Service für sich entscheiden.

Das Returnspiel verbesserte Alcaraz ebenfalls. Gerade beim Return des ersten Aufschlags gewann er gegen den Russen deutlich mehr Punkte (38 Prozent) als noch gegen Jarry (26 Prozent). Mit insgesamt 44 Prozent konnte der Spanier im Finale von Indian Wells zehn, beziehungsweise 14 Prozent mehr Returnpunkte gewinnen als bei den Niederlagen in Australien und Argentinien. Auch die Anzahl der unerzwungenen Fehler hat sich deutlich verringert. Waren es gegen Zverev in vier Sätzen noch 45, kam er gegen Medvedev in zwei Sätzen nur auf elf.

Auch seine großen Stärken wie die Vorhand oder Defensive-zu-Offensive kamen in Palm Springs erstmals wieder zur Geltung. 57 Prozent seiner Grundschläge schlug Alcaraz mit der Vorhand. Medvedev hingegen spielte zu 52 Prozent die Rückhand. Während der Titelverteidiger das Spiel von der Grundlinie diktierte, wurde der Russe größtenteils in die Defensive gedrängt. Wie einige Ballwechsel aus Halbfinale und Finale eindrucksvoll zeigen, schaffte es Alcaraz auch immer wieder, aus der Verteidigung heraus Punkte zu erzielen.

Alcaraz: Blick nach oben

Der erneute Triumph in Indian Wells bringt außerdem zwei Besonderheiten mit sich: Alcaraz ist der erste, seit Novak Djokovic zwischen 2014 und 2016, der den Titel in Kalifornien verteidigen kann. Er ist außerdem erst der zweite Spieler der Geschichte, welcher es schaffte, vor seinem 21. Geburtstag fünf Masters-1000-Turniere zu gewinnen. Ein weiterer Rekord, den er sich mit seinem Landsmann Rafael Nadal teilt. Ende dieser Woche geht es für die Nummer zwei der Welt dann schon bei den Miami Open weiter. Dort gelang ihm 2022 sein erster großer Titelgewinn. Sein Auftaktgegner wird zwischen Aleksandar Vukic und Roberto Carballes Baena ermittelt. Eine Rückkehr auf Platz eins der Weltrangliste ist trotz der Absage von Djokovic noch nicht möglich. Ab der im April startenden Sandplatzsaison wird Alcaraz aber definitiv wieder einen Blick auf die Pole Position werfen. Ein mehr als realistisches Ziel, wenn er die Form halten kann.