Tennis: BNP Paribas Open-Day 6

Ratlos: In Indian Wells verlor Alexander Zverev sein Auftaktmatch. In Miami will er nun zu alter Stärke zurückfinden. Bild: IMAGO / Imagn Images

Alexander Zverev in der Formkrise: Schafft er in Miami die Wende?

Nach seinen frühen Niederlagen in Buenos Aires, Rio, Acapulco und Indian Wells will Alexander Zverev in seiner Lieblingsstadt Miami seine Formkrise hinter sich lassen.

„Ich bin einfach nicht gut genug“, stellte Alexander Zverev niedergeschlagen im Januar nach dem verlorenen Finale bei den Australian Open fest. Im Moment seiner dritten Grand Slam-Finalpleite lag das Selbstbewusstsein der deutschen Nummer eins am Boden. Zwar revidierte Zverev seine Selbstkritik schon zwei Wochen später wieder mit den Worten: „Ich war nicht gut genug an dem Tag. Aber natürlich gehen dir nach so einer Niederlage viele Emotionen durch den Kopf. Manchmal sage ich Dinge, die ich bereue.“ Dennoch lässt die harte Selbsteinschätzung tief in die Gedankenwelt des 27-Jährigen blicken.

Seit den Australien Open ist viel passiert. Die dreimonatige Dopingsperre des Weltranglistenersten Jannik Sinner eröffnete Alexander Zverev die große Chance, die Nummer eins der Welt zu werden. Das war eigentlich genügend zusätzliche Motivation, um bei den nächsten Turnieren bis zu Sinners Rückkehr beim ATP 1000er-Masters in Rom voll anzugreifen und möglichst viele Punkte für das ATP-Ranking zu sammeln. Doch Zverev enttäuschte auf ganzer Linie.

Zeverv mit frühen Niederlagen in Lateinamerika

Er entschied sich dazu, nach den Australian Open den Belag zu wechseln und zwei Sandplatzturniere in Südamerika zu spielen. Sein Plan: Mit Blick auf die French Open im Mai wollte er erste Sandplatzerfahrungen mit seinem neuen Head-Schläger sammeln, zu dem er im Oktober 2024 gewechselt war. Dennoch eine merkwürdige Entscheidung unmittelbar vor dem „Sunshine Double“ in Indian Wells und Miami auf Hartplatz.

Sand, sein Lieblingsbelag , half  Zverev nicht bei der Aufholjagd auf die Nummer eins der Welt. Bei seiner ersten Station in Buenos Aires scheitert er im Viertelfinale gegen den auf Rang 24 platzierten Argentinier Francisco Cerundolo. Beim 500er-Turnier in Rio de Janeiro verlor er im Viertelfinale gegen einen weiteren Argentinier (Francisco Comesana). Darauf folgte der nächste Tiefschlag in Acapulco, wo er im Achtelfinale dem US-Qualifikanten Learner Tien unterlegen war.

Zverevs Lateinamerika-Tour brachte ihn nicht näher ans Ziel, Jannik Sinner als Nummer eins abzulösen. Im Podcast „Becker Petkovic“ kritisierte Tennislegende Boris Becker die Reiseplanung des Zverev-Teams. „Ich finde sein Umfeld hat nicht die ideale Planung gefunden“, so Becker. Was er meinte: Um in den ersten Monaten des Jahres eine stabile Form aufzubauen, war der Trip nach Südamerika alles andere als hilfreich. Andere Topspieler hätten in Doha und Dubai oder wie Carlos Alcaraz in Rotterdam gespielt. „Sascha hat den schwierigsten Weg von allen gewählt“, bekräftigte Becker seine Kritik und spielte damit auf die erschwerten Bedingungen durch Langstreckenflüge, Zeitumstellungen und Belagwechsel an.

Becker: „Zverev hat angefangen nachzudenken“

Das ATP Masters 1000er-Turnier in Indian Wells ist bekannt für seine erschwerten äußerlichen Bedingungen. Das Wüstenklima ist für viele Tennisspieler eine Herausforderung und auch der hohe Ballsprung auf dem langsamsten Hartplatz der Tour ist keine leichte Angelegenheit. Zudem war es oftmals sehr windig während der Matches. So auch bei Zverevs Auftaktmatch gegen den Niederländer Tallon Griekspoor, das der Hamburger nach einem schwachen Auftritt verlor.

In seinem Podcast machte Becker deutlich, dass es für diese Niederlage keine Ausrede gibt. „Der Wind ist für beide Spieler gleich“, so Becker. Er sehe Zverevs Probleme als eine mentale Blockade. „Das Problem ist, dass er angefangen hat darüber nachzudenken, wo er was spielen muss, um die Nummer Eins zu werden. Das ist immer der Anfang vom Ende“, sagte Becker. Zverev sei momentan mehr mit sich selbst beschäftigt als mit seinen Gegnern. „Man hat das verlorene Selbstbewusstsein auf dem Platz gegen Griekspoor gesehen“, bemängelte die ehemalige Nummer eins.

Zverev selbst bezeichnete sein Spiel als „furchtbar“ und betonte nach dem frühen Ausscheiden in Indian Wells, dass er sein Spiel finden müsse, bevor er sich Gedanken über den Sprung auf Rang eins mache: „Um die Nummer eins der Welt zu werden, musst du Turniere gewinnen. Ich komme im Moment nicht über die erste, zweite Runde hinaus, das muss ich erst einmal hinbekommen.“

Vielleicht in Miami? Beim zweiten Teil des „Sunshine Doubles“ hat die deutsche Nummer eins die Chance auf Wiedergutmachung für die letzten Niederlagen. Nach Indian Wells war Zverevs Tank leer. „Vielleicht brauchte er die anderthalb Wochen Pause, seit seinem Ausscheiden“, sagte Beckers Podcast-Partnerin Andrea Petkovic und blickt zuversichtlich auf Zverevs Fähigkeiten, sich aus seinem aktuellen Formtief zu kämpfen. „Sein starkes Tennis ist nicht weg. Jedes Mal, wenn er mit dem Rücken zur Wand stand und gut spielen musste, hat er es geschafft“, betonte Petkovic.

Zverev: „Bin gerne in Miami“

Auch die angenehmeren Bedingungen in Miami könnten dem Hamburger in die Karten spielen. Die Luftfeuchtigkeit ist höher und die Plätze sind schneller. Außerdem sei Miami Zverevs Lieblingsstadt in den USA. „Hier spielt meine Lieblingsmannschaft Miami Heat, ich bin ich wirklich gerne hier“, bestätigte der 27-Jährige. Seine große Hoffnung ist, bei den Miami Open wieder zu seinem besten Tennis zurückzufinden und nun endlich seinem großen Traum von der Nummer eins-Position einen Schritt näher zu kommen.

Denn theoretisch hat Zverev nach wie vor Chancen, die Führung der Weltrangliste zu übernehmen. Jannik Sinner holte 2024 den Titel in Miami, er wird also 1.000 Punkte in der Weltrangliste verlieren. Zverev stand 2024 im Halbfinale und hat somit 400 Punkte zu verteidigen. Mit einem Finaleinzug oder einem Sieg in Miami könnte Zverev den Abstand also deutlich verringern. Danach stehen für Zverev noch die Events in Monte Carlo, München und Madrid auf dem Programm. Auch dort kann sich Zverev keine frühe Niederlage mehr erlauben, um Sinner noch zu überflügeln.

In Miami spielt Zverev am Samstag gegen den britischen Qualifikanten Jacob Fearnley, den er bei den Australian Open 2025 glatt in drei Sätzen bezwang. Danach würde er auf den Sieger der Partie zwischen Jordan Thompson und Giovanni Mpetshi Perricard treffen. Im Achtelfinale könnte er auf Arthur Fils stoßen, im Viertelfinale wäre Indian Wells-Champion Jack Draper ein möglicher Gegner. Sollte Zverev es bis in Halbfinale schaffen, könnte er auf Andrej Rublev, Alex de Minaur, Ben Shelton oder den Top-Teenager Joao Fonseca treffen. Kein leichtes Draw für den Deutschen. Er muss jetzt ordentlich abliefern.