Andrea Petkovic: Unterwegs in zwei Welten
Andrea Petkovic hat mit „Zeit sich aus dem Staub zu machen“ ihr zweites Buch herausgebracht. Für tM-Chefredakteur Andrej Antic ist die Lektüre absolut lohnenswert.
Wie gut, wenn man Schreiben kann. Es ist wie eine Therapie. Keine Ahnung, ob Andrea Petkovic das so sieht. Aber wenn sich etwas durch ihr zweites Buch nach „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht“ zieht, dann ist es Schmerz. Der Abschiedsschmerz, dass es vorbei ist mit der Tenniskarriere. Die Ungewissheit, was kommt. Aber am Ende auch die Erkenntnis, dass alles gut wird.
Petkovic horcht in sich hinein, schildert Begegnungen mit Menschen ihrer Sphäre an verschiedenen Flecken dieses Planeten – Melbourne, L.A., New York, Südfrankreich, das „februargraue Deutschland“ – und lässt den Leser ganz nah ran an ihre Persönlichkeit. Wie tickt „Petko“? Was treibt sie an? Was sind ihre Glaubenssätze? Als sie am Anfang über ihre Trainingspartnerin Garbine Muguruza schreibt, ist sie schonungslos ehrlich. „Ich mag Garbine nicht“ (Nachdem sie sie besser kennengelernt hat, mag sie die Spanierin allerdings doch). Oder: „Ich bin neidisch“ (weil Muguruza aufsteigt und sie selbst absteigt). Wollte man ihr Böses, würde man attestieren: Da ist eine zerrissene Person.
Wahr ist: Petkovic ist höchst sensibel. Sie spürt Dinge anders als die meisten ihrer Mitmenschen („Ich mag es, Zweifel wegzuschieben. Ich habe meinen Körper benutzt, um meinen Geist auszutricksen“) und darum ist sie so gut in dem, was sie tut. Für Tennisfans ist das Buch packend, weil man mit der früheren Top Ten-Spielerin Petkovic hautnah erlebt, was in der Umkleidekabine passiert. Gewöhnungsbedürftig mögen für einige die Passagen sein, wenn sie etwa von einem Besuch bei Jules, dem stotternden Musikerfreund ihres Lebensgefährten Jesse, in epischer Länge erzählt. Aber: Es passt zu der Frau, die in Darmstadt und New York lebt. In zwei Welten.
Andrea Petkovic „Zeit, sich aus dem Staub zu machen“
Kiepenheuer & Witsch (Verlag).
219 Seiten. Preis: 23 € (geb.), 19,99 € (E-Book).