Bethanie Mattek-Sands: Punk auf dem Platz
Sie mag schnelle Autos, große Hunde, wilde Klamotten, bunte Haare und laute Knarren: Bethanie Mattek-Sands ist in der Szene für ihre Extravaganz bekannt, jetzt ist sie die Nummer 1 im Damendoppel. 2013 trafen wir sie bei den US Open.
Wie läuft die denn bitte rum? Wenn Bethanie Mattek-Sands irgendwo einen Tennisplatz betritt, ist das Getuschel hinter ihrem Rücken groß. Das liegt weniger an ihrem furchteinflößenden Spiel als an ihren oft schrillen Outfits. Mattek-Sands bestritt ihre Matches schon im gewagten Leopardendress, in weißer Fußballerkluft, in gold-glänzenden Kleopatra-Kostümen, im lässigen Cowboy-Style mit Hut oder in engen Leggins, deren Farbgebung an verunglückte Tapetenmuster aus den 70er Jahre erinnerten.
Viele ihrer Klamotten waren – vorsichtig formuliert – eine Herausforderung. Höhe- oder Tiefpunkt ihrer Lust an schrägen Looks – es kommt ja auch immer auf den eigenen Modegeschmack an – war die mit weißen Tennisbällen und langen Fransen an den Ärmeln bestückte Bomberjacke, die Mattek-Sands 2011 beim Turnier in Wimbledon trug. Einen Tag lang gehörten ihr die Schlagzeilen, Fotos der extravaganten Fashionkreation poppten auf Websites rund um den Globus auf. So schnell der Hype ausbrach, so schnell endete er auch: Mattek-Sands, damals die Nummer 30 der Welt, verlor in der ersten Runde. Die Jacke trug sie seitdem nie wieder.
Das ist der rote Faden ihrer Karriere: In Erinnerung bleiben die Outfits – nicht ihre Ergebnisse. Sind ihre Klamotten also nur eine Masche, um im Gespräch zu bleiben, weil es auf dem Platz nicht für die ganz großen Siege reicht? Mattek-Sands mit dieser Frage aus der Reserve locken zu wollen, funktioniert nicht. Sie hat gerade eine Trainingssession bei den US Open 2013 absolviert, kommt verschwitzt vom Court und reagiert äußerst freundlich.
Die wilden Zeiten sind doch vorbei
„Meine richtig wilden Zeiten sind vorbei“, beschwichtigt sie. „Die Outfits der letzten Jahre sind doch harmlos. Vielleicht sind sie bunter als die der anderen Spielerinnen, aber mehr auch nicht.“ Mattek-Sands hat keinen Bekleidungsvertrag, sie kann anziehen, was sie will. Am liebsten etwas mit knalligen Neonfarben. Dazu bunte Haare und kniehohe Socken – ihre Markenzeichen. Sind ihr die früheren Looks heute peinlich? Sie grinst. „Alles würde ich nicht mehr anziehen“, gibt sie zu.
Auch wenn die ganz bizarren Klamotten mittlerweile im Kleiderschrank bleiben: Die 28-jährige Amerikanerin bleibt ein Punk auf dem Platz. Sie spielt so unorthodox wie keine andere im Circuit. Ok, ihr Kamikaze-Stil ist nicht immer erfolgsversprechend, aber oft ziemlich unterhaltsam. Sie rennt manchmal so unvorbereitet ans Netz und damit ins offene Messer, dass man ihr keine besonders hohe Spielintelligenz nachsagen würde. Wer sie dann aber dabei beobachtet, wie sie mit urplötzlichen Attacken die Gegnerinnen regelrecht überfällt, um den Netzangriff mit trockenen Volleys abzuschließen, wähnt sich nicht im heutigen Damentennis.
Mattek-Sands: „Ich attackiere gerne“
Ihr Lieblingsspielzug? „Chip-and-Charge auf den zweiten Aufschlag der Gegnerin“, sagt sie sofort. „Ich attackiere gerne und muss ans Netz. Das ist mein Spiel, dann fühle ich mich auf dem Platz am wohlsten.“ Gab es nie einen Trainer, der ihr diese selbstmörderische Spielweise austreiben wollte? „Doch, eigentlich alle, die ich als kleines Mädchen hatte. Sie wollten aus mir eine andere Spielerin machen: defensiver, eine, die den Ball stundenlang reinspielt – langweiliger eben. Aber das habe ich nicht mit mir machen lassen. Ich habe schon immer mein eigenes Ding durchgezogen und mir von niemandem reinquatschen lassen.“