Nadal macht nach dem Sieg von Paris Pause

Exklusiv im tennis MAGAZIN: New York Times-Kolumnist Clarey über Nadal

von Christopher Clarey

Vor dem Start der French Open gibt es einen Auszug aus der exklusiven Kolumne, die der renommierte Journalist Cristopher Clarey ( NY Times) für die aktuelle Ausgabe 06/18 des tennis MAGAZIN verfasst hat. Die komplette Kolumne können Sie im Heft nachlesen. HIER geht es zur Bestellung.

Seit 2002 schreibe ich über Rafael Nadal. Das erste Mal war für mich als Journalist ein Moment, den ich allerdings am liebsten wieder verdrängen möchte. Ich erweiterte den Horizont meiner Leser mit der Neuigkeit, dass der damals erst 15-jährige Spanier etwas mit einem anderen 15-Jährigen, dem Franzosen Richard Gasquet, gemein habe – nämlich dass beide Jungs eine einhändige Rückhand spielen. Eine einhändige! Mein Gott, Nadal spielte natürlich immer beidhändig.

Ich muss zugeben, dass ich zum damaligen Zeitpunkt Nadal niemals – weder auf dem Court noch auf dem Bildschirm – habe spielen sehen. Die Erfindung YouTube gab es erst drei Jahre später. 2005 saß ich mit dem Teenager Nadal und dessen Familie in einem Kleinbus. Wir fuhren spät abends durch das nächtliche Paris, direkt nachdem er die French Open gleich beim ersten Anlauf gewonnen hatte.

Übrigens: Ich war auch im Auto dabei, als er und sein Teamkollege Roger Federer sich direkt vor dem ersten Laver Cup im September 2017 auf dem Rückweg in ein Fünf-Sterne-Hotel im verregneten Prag sowohl Transportmittel als auch Interview teilten.

Was ich aus diesen Erfahrungen gelernt habe? Dass Talent, Demut und Leidenschaft eine mächtige und zugleich seltene Mischung sind: eine die in ungewöhnlicher Weise dazu führt, in einer Machtposition zu verbleiben, unabhängig davon, was viele andere von uns Reportern prophezeit haben.

Nach Gesprächen mit Coaches und Physiotherapeuten waren meine Kollegen – und auch ich – davon überzeugt, dass er aufgrund seines druckvollen Spiels eine relativ kurze Karriere haben würde. Was dazukam: Wegen seiner ungewöhnlichen und extremen Vorhandtechnik schien er unfähig, mit seinem Aufschlag „freie Punkte“ zu machen. In unseren Augen würde eher ein Gustavo Kuerten als ein Andre Agassi aus diesem Jungen aus Mallorca werden – wie man sich irren kann.

Obwohl sich Nadal immer wieder Verletzungen zuzog und mit Rückschlägen zu kämpfen hatte, bewies er uns Reportern und der ganzen Tenniswelt, dass wir uns grob in ihm getäuscht hatten. Aus Verletzungspausen kehrte er stets noch stärker zurück. Elf Titel in Monte Carlo, elf Titel in Barcelona, zehn Titel – Stand jetzt – bei den French Open: das sind so unfassbare Zahlen, an die kein Spieler der Historie herankommt. Talent. Demut. Leidenschaft.

Nadal hätte es niemals mit nur zwei dieser Zutaten geschafft. Er brauchte alle drei. Das Talent war von vornherein offensichtlich: die flinke Fußarbeit, die natürliche Kraft, die Behändigkeit und das Timing. Diese Komponenten gestatteten ihm immer und immer wieder, scheinbar mühelos von Defensive auf Offensive umzuschalten.
Mit seiner Vorliebe, weit hinter der Grundlinie hin- und herzulaufen, schien ein Stoppball so lange eine gute Idee zu sein, bis man es ausprobiert hatte. Selbst der beste Angriffsball kann gegen Nadal nichts ausrichten, weil er die Fähigkeit besitzt, aus unmöglichen Situationen fantastische Passierschläge zu zaubern.

Einige von Ihnen, liebe Leser, denken jetzt, dass es einfacher ist auf Sand als auf anderen Belägen so zu spielen. Aber denken Sie noch einmal nach! „Es ist wesentlich leichter, ein guter Returnspieler auf Hardcourt zu sein, weil man sich von dem Belag besser abdrücken kann“, erzählte mir einmal der ehemalige French Open-Champion Jim Courier. Nadals Beinarbeit ist eine wissenschaftliche Studie wert, aber vor allem was seine Taktik betrifft, wurde er lange unterschätzt. Er ist in der Lage, mitten im Ballwechsel sein Spiel umzustellen.

Er verbesserte seinen Aufschlag und während der Jahre, in denen sich die Siege nur so stapelten, entwickelte er einen wunderbaren Touch: Er brillierte am Netz und übertraf auch das, was man auf Französisch „le petit jeu“ – kleines Spiel – nennt. Er variierte aus dem Halbfeld mit spitzen Winkeln und Geistesblitzen sein Spiel.
Demut und Leidenschaft. Sie haben ihn davor bewahrt, nicht auszubrennen oder sich zu langweilen, wie es beispielsweise bei Björn Borg passierte, dem zweitbesten Sandplatzspieler der Geschichte und vielleicht dem einzigen Mann, dessen physische Voraussetzungen sich mit der des Spaniers hätten messen können.

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