„Damals war ich hungriger“: Die Leiden des Stefanos Tsitsipas
Nach seinem Erstrunden-Aus bei den Australian Open zeigt sich Stefanos Tsitsipas frustriert und sprach offen über sein Seelenleben.
Dreimal Halbfinale, einmal Finale. Die Australian Open waren stets das Lieblingsturnier von Stefanos Tsitsipas. Doch seinen Negativtrend konnte der Grieche auch nicht in Melbourne stoppen. Aus in der ersten Runde gegen den US-Amerikaner Alex Michelsen. „Es ist ziemlich ironisch. Ich wollte bei den Australian Open weit kommen und habe bewusst auf das Doppel verzichtet, um Energie zu sparen. Aber es fühlt sich an, als hätte mich das Karma getroffen, denn ich konnte meine Leistung nicht abrufen und habe nicht so gespielt, wie ich es mir für dieses Turnier erhofft hatte“, sagte Tsitsipas nach der Niederlage.
Tsitsipas hat Probleme mit dem Powertennis
Was beim 26-jährigen Griechen in den letzten Monaten auffällt, ist, dass sein Spiel zu stagnieren scheint. Sein Return und seine einhändige Rückhand scheinen auf schnellen Hartplätzen und auf Rasen nicht mehr konkurrenzfähig zu sein mit den Topspielern. Tsitsipas war vor den Australian Open immer noch die Nummer zwölf in ATP-Ranking, doch den Großteil seiner Punkte erzielte er auf den langsameren Sandplätzen, wo er vergangenes Jahr zum dritten Mal beim ATP-Masters-1000-Turnier in Monte Carlo triumphierte.
Es ist nicht wegzudiskutieren, dass Tsitsipas mit seiner einhändigen Rückhand und einem eher variablen Spielstil im modernen Powertennis immer mehr Nachteile bekommt. Das ist dem Griechen im Lauf der Jahre nicht unentdeckt geblieben. „Als ich 2018 nach oben kam, war das Spiel ziemlich anders im Vergleich zu heute. Es war nicht so physisch. Ich hatte Siege gegen Novak und hatte das Gefühl, dass ich nicht die extremste Version von mir selbst in diesen Matches zeigen musste. Dadurch dass das Spiel so physisch geworden ist, sind die Spielräume schmaler. Bedeutet, dass man nicht mehr so viele freie Punkte bekommt. Innovationen kamen hinzu und ermöglichen es den Spielern, noch gewaltiger aufzuschlagen als vorher. Vor einigen Jahren war es auch schon körperlich, aber eben nicht so riesig, wie es heute der Fall ist. Die Kraft hat die Kontrolle übernommen, jeder kann inzwischen hart schlagen. Außerdem muss man präzise spielen. Power und Präzision mach den ultimativen Spieler“, sagte Tsitsipas.
Tsitsipas: „Damals hatte ich einen frischeren Geist“
Was ebenfalls auffällt und was der zweimalige Grand-Slam-Finalist offen zugibt. Die Leidenschaft am Tennis scheint ihm in der letzten Zeit verloren gegangen zu sein. Nach dem Erstrunden-Aus bei den US Open offenbarte Tsitsipas: „Ich bin nicht mehr der Spieler, der ich mal war. Als ich jünger war, hatte ich solch eine Intensität auf dem Platz und den Eindruck, dass mein Leben von jedem Match abhängen würde. Ich erinnere mich, dass meine Konzentration an der Spitze war zum damaligen Zeitpunkt. Das ist nicht mehr der Fall. Ich brauche diesen Hunger, den ich hatte, zurück, weil dieser meinem Tennis viel Freude gab“, sagte er.
Es sind Sätze, die er nun nach der Niederlage in der ersten Runde bei den Australian Open wiederholte. „Damals hatte ich einen frischeren Geist und war hungriger, aus dem Tennis eine Karriere zu machen. Heute bin ich etablierter, habe die Tour und ihre Dynamiken erlebt. Obwohl ich jetzt ein besserer Spieler bin als früher, spüre ich, dass die Energie damals eine andere war“, sagte er in Melbourne.
Tsitsipas: Trennung vom Vater und Liebesbeziehung mit Badosa
Anders als andere Spieler spricht Tsitsipas offen darüber, was in seinem Leben auf und abseits des Platzes schlecht läuft. Im Sommer 2024 redete er sich beim ATP-Masters-Turnier in Cincinnati in Rage und trennte sich medienwirksam von seinem Trainer, seinem Vater Apostolos. „Ich brauche und verdiene einen Trainer, der mir zuhört und mein Feedback als Spieler aufnimmt“, sagte der Grieche. Seit Juni 2023 ist Tsitsipas in einer turbulenten Liebesbeziehung mit seiner Spielerkollegin Paula Badosa. Während die ehemalige Weltranglistenzweite aus Spanien nach vielen Verletzungen in der Weltrangliste immer weiter nach oben klettert, läuft es bei Tsitsipas in die komplett andere Richtung.
Zwei Grand-Slam-Finals hat der 26-Jährige bereits gespielt: 2021 bei den French Open und 2023 bei den Australian Open – beide hat er gegen Novak Djokovic verloren. „Ich warte auf meine Chance. Ich habe immer noch viel Zeit. Ich bin ein Spätzünder“, sagte er Anfang 2024 über seine Chancen auf einen Grand-Slam-Chancen. Was braucht es, um einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen? „Es ist eine Kombination von Körper, Geist und Seele, die sich am richtigen Ort zur richtigen Zeit zusammentun“, so lautet die Antwort von Tsitsipas auf diese Frage. Bei ihm stimmen Körper, Geist und Seele derzeit nicht überein.