Das SID-Kalenderblatt am 12. April 2020: Marc-Kevin Goellner triumphiert in Nizza
Köln (SID) – Nach genau zwei Stunden Spielzeit drosch Marc-Kevin Goellner ein zehntes und letztes Ass mit seinem eigentümlichen Lassoschwung-Aufschlag auf die Linie, dann stapfte er mit schlackernden Armen zum Netz und drückte dem großen Ivan Lendl die Hand. Als der 22 Jahre alte Diplomatensohn mit Geburtsort Rio de Janeiro am 12. April 1993 in Nizza seinen ersten Turniersieg auf der ATP Tour feierte, schien ihm die Tenniswelt offenzustehen.
Boris Becker war längst ein Weltstar, Michael Stich bereits seit zwei Jahren Wimbledonsieger – Goellner aber, der Poster- und Sonnyboy schlechthin, wurde spätestens in Nizza mit diesem 1:6, 6:4, 6:2 gegen den grimmigen Geburts-Tschechen Lendl zum Tennis-Idol für die ganz junge deutsche Generation, zum Bravo-Profi mit der nach hinten gedrehten Schirmmütze (die er ausgerechnet in Nizza aber richtig herum trug).
Dieser Doppeldruck als Hoffnungsträger von Tenniswelt und Populärkultur hatte entscheidenden Anteil daran, dass Goellners Karriere ein unerfülltes Versprechen bleiben sollte. „Am Druck, den die Öffentlichkeit gemacht hat, aber auch dem Druck, den ich mir selbst gemacht habe“, sei er schließlich gescheitert, sagte Goellner, der auf das Kevin in seinem Vornamen stets verzichtete, im Rückblick.
Dass Goellners Umfeld mit seinem Trainer Andreas Maurer die Karriere des Aufsteigers quasi fremdbestimmte und den Deutschen Tennis Bund mit umstrittenen Forderungen vergrätzte, sodass die Bild im Sommer 1993 „Baby Bum Bum schon balla balla?“ fragte, tat ein Übriges: Über Weltranglistenplatz 25 kam Goellner, spielerisch freilich auch limitierter als Becker und Stich, nie hinaus, nur einmal überstand er bei einem Grand-Slam-Turnier die dritte Runde, kurz nach seinem Nizza-Coup erreichte er das Achtelfinale von Paris.
Dennoch bleiben vier Sternstunden in Goellners Karriere, die sich noch bis 2005 hinzog: Der Sieg in Nizza, der Davis-Cup-Triumph im selben Jahr, Olympia-Bronze im Doppel 1996 mit David Prinosil. Für Goellner selbst blieb aber vor allem der Erstrundensieg über Österreich im Davis Cup 1994 hängen, dem „Psychokrieg in Unterpremstätten“, wie Goellner die Partie später selbst nannte.
„Die österreichische Presse hat ein zweites Cordoba für Deutschland gefordert. Vor unserer Kabine hatte man sogar Wachpersonal postiert. Beim Warmlaufen hat mein Gegner Horst Skoff gesagt: Dich krieg‘ ich gleich da draußen“, erzählte Goellner der Frankfurter Rundschau: „Den ersten Satz habe ich klar verloren. Ich habe dann gedacht, jetzt musst du dich wehren.“ Etwas, das Goellner in seiner Karriere zu selten gelang.
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