Diego Dedura-Palomero

Blondschopf: Eine verlorene Wette brachte Diego Dedura-Palomero eine neue Haarfarbe. ©Oliver Hardt

Diego Dedura-Palomero im Porträt: Charakterkopf

Er ist der aktuell beste 16-jährige Tennisspieler der Welt und hat verdammt hohe Ziele: Diego Dedura-Palomero aus Berlin will „ganz nach oben“. Ein Treffen mit Deutschlands größtem Talent.

Text: Dietmar Gessner
Fotos: Oliver Hardt

Zwei Männer von hinten, nebeneinander. In kurzen Hosen, die Köpfe leicht einander zugewandt, laufend auf einer schmalen Teerstraße im Grünen. Diese Szenerie zeigt das WhatsApp-Profilbild von Diego Dedura-Palomero. Sein Vater und Trainer Cesar läuft rechts von ihm. Es ist ein schönes Bild. „Dieses Foto muss einfach sein, mein Vater hilft mir immer“, sagt Diego Dedura-Palomero. Der Teenager spielt Tennis, seit er dreieinhalb Jahre alt ist. Er ist immer besser geworden. Inzwischen nicht nur besser als sein zwei Jahre älterer Bruder Mariano. Diego Dedura-Palomero ist der beste 16-jährige Tennisspieler der Welt. 

Das liest sich beeindruckender als der Weltlanglistenplatz 589, den der Linkshänder aktuell einnimmt. Aber noch im Oktober des vergangenen Jahres war es Rang 759. Der Trend stimmt also. „Ich will ganz nach oben“, sagt er mit dem unbekümmerten Selbstbewusstsein eines Heranwachsenden, der bisher deutlich mehr gewonnen als verloren hat. Schon als Kind wollte er spielen wie Rafael Nadal, die spanische Tennisikone, die im vergangenen Jahr nach 22 Grand-Slam-Titeln und 209 Wochen als Nummer eins der Weltrangliste die ruhmreiche Karriere beendet hat. 

Bei Familie Dedura-Palomero dreht sich alles um Tennis

Klein-Diego legte sich ein Stirnband zu, wie Nadal es immer trug. Er studierte Nadal-Partien auf YouTube und versuchte, sich vom spanischen Weltstar etwas abzuschauen. Inzwischen sieht er sein Vorbild nicht nur am Bildschirm, sondern von Angesicht zu Angesicht. Diego Dedura-Palomero trainiert regelmäßig in der ­Tennis-Academy von Rafael Nadal auf dessen Heimatinsel Mallorca. Auch mit Nadal selbst hat er schon so manchen Ballwechsel gehabt. Am meisten beeindruckt den in Berlin aufgewachsenen Linkshänder (wie der Spanier) aber die gesamte Persönlichkeit von Nadal, auch abseits des Platzes: „Rafa ist immer nett und respektvoll.“

Diego Dedura-Palomero

Wuchtige ­Vorhand: Kraftpaket Diego ­Dedura-Palomero verfügt schon jetzt über mächtige Grundschläge. ©Oliver Hardt

Diego Dedura-Palomeros Vater Cesar kommt aus Chile, seine Mutter Ruta aus Litauen. Beide sind Tennistrainer. „Bei uns dreht sich alles um Tennis“, sagt Diego Dedura-Palomero beim Treffen mit ­tennis MAGAZIN am Rande des Junior Davis Cups in Belek an der türkischen Mittelmeerküste. Er steht in der Lobby des Megasaray Club Resorts. Fester Händedruck zur Begrüßung, offener Blick. Er kommt direkt vom Tennisplatz, ist etwas verschwitzt und möchte nach dem Fotoshooting und Gespräch direkt schwimmen gehen. 

Diego Dedura-Palomero: „Mein Ego ist sicherlich ziemlich groß”

Ein frischer Wind zieht auf, es wird kühl. Trotzdem sitzt er gerne draußen. „Kein Problem, ich bin nicht so empfindlich“, sagt er und nimmt Platz. Er spielt in der 2. Bundesliga für den TC SCC Berlin. Im Sommer des vergangenen Jahres hat er seinen Realschulabschluss gemacht. Seitdem konzentriert er sich komplett auf seine Tennis-Karriere. Er glaubt an sich. „Ich weiß, was ich kann. Mein Ego ist auch sicherlich ziemlich groß“, räumt er freimütig ein.

Mit dem Glauben an sich ist er nicht alleine. Im Gegenteil: Experten und Insider trauen ihm absolut zu, eine große Karriere einschlagen zu können. Zum Beispiel Philipp Petzschner. Im Doppel hat der 40-Jährige einst Wimbledon und die US Open gewonnen. Nun trainiert er die Junioren beim DTB, ist als Trainer und Ratgeber eine Schlüsselperson für Diego Dedura-Palomero. Petzschner war 17 Jahre auf der Profitour unterwegs und hat naturgemäß einen Blick für Möglichkeiten und Beschränkungen nachwachsender Tennis-Talente. Er sagt: „Diego ist ein guter Junge, von der Grundlinie überragend.“ Und er sei lernwillig, höre gut zu, sei fokussiert und konzentriert. Derlei macht den Unterschied, wenn Talent alleine nicht mehr reicht.

Diego Dedura-Palomero

Will hoch hinaus: „Ich weiß, was ich kann“, sagt Diego Dedura-Palomero. An Selbstbewusstsein mangelt es dem 16-Jährigen nicht. ©Oliver Hardt

Markus Zoecke ist ein Eckpfeiler der Berliner Tennisszene. Er spielte einst mit Boris Becker zusammen im Davis Cup, gehört seit Jahren zum Veranstalterteam des Berliner WTA500-Turniers und kommentiert für Eurosport die Grand Slam-Tuniere, zuletzt die Australian Open in Melbourne. Zoecke hat somit einen Blick auf die lokale und internationale Tennisszene. Er urteilt über Diego Dedura-Palomero: „Diego ist ein sehr spannender Spieler. Er hat großes Spielverständnis, ein beeindruckendes Repertoire. Er hat zudem viel von dem, was man nicht lernen kann. Ich würde mich sehr freuen, wenn er es weit nach oben schafft.“ Aber ist er groß genug, um ganz groß rauszukommen?

Diego Dedura-Palomero: „Am Aufschlag muss ich noch arbeiten”

Der junge Berliner misst 1,78 Meter. Auf der Profitour sind die allermeisten Spieler viel größer. Männertennis ist in den vergangenen Jahren deutlich kraftorientierter und wuchtiger geworden. Größere Spieler haben da mehr Möglichkeiten. Der Aufschlag hat enorm an Bedeutung gewonnen. Und genau der gehört nicht zu den Stärken von Diego Dedura-Palomero. Er weiß das: „Am Aufschlag muss ich noch arbeiten.“

Hilfreich wäre, wenn er noch ein paar Zentimeter wachsen würde. Darauf hat er keinen Einfluss. Aber seine körperlichen Voraussetzungen will er dennoch optimieren. Daher betreibt er intensives Krafttraining, hat dadurch massiv an Muskelmasse zugelegt. Er wiegt 77 Kilogramm. Zum Vergleich: Der ein Jahr ältere Justin Engel, ein weiteres deutsches Top-Talent, ist zehn Zentimeter größer und dennoch einige Kilo leichter. Die beiden sind Freunde und Konkurrenten, verstehen sich sehr gut. Gerne würde „DDP“ an dem Nürnberger in der Weltrangliste vorbeiziehen. Engel, der 2024 sein Debüt auf der ATP-Tour feierte, belegt aktuell Rang 400.

Diego Dedura-Palomero, Rafael Nadal

Training mit ­seinem Idol: Diego Dedura-Palomero ist großer Nadal-Fan und trainiert oft in der Nadal-Akademie auf Mallorca.

Aber die magischen Ranglisten-Marken sind aktuell die Zahlen 350 und 250. Denn bei diesen Weltranglisten-Platzierungen greifen attraktive Förder-Anreize der ATP für Spieler bis 20 Jahre. Ab Platz 350 gibt es von der ATP Startgarantien für acht Challenger-Turniere. Wer es von den Youngstern unter die Top 250 schafft, der bekommt zudem noch drei Wildcards ( einmal Hauptfeld, zweimal Qualifikation) für noch besser besetzte Turnier der 250er-Kategorie. 

Diego Dedura-Palomero und die verlorene Wette

Das sind die nächsten Ziele für Diego Dedura-Palomero. „Durch Niederlagen lernt man mehr als durch Siege“, weiß er. In diesem Jahr möchte er sich dabei vor allem auch in Deutschland präsentieren und mit Top-Profis messen: zum Beispiel bei den ATP-Turnieren in München, Stuttgart und Hamburg.

In Hamburg hat der DTB seinen Sitz. „Der DTB unterstützt mich sehr gut“, freut sich Diego Dedura-Palomero, dass der größte Tennisverband der Welt große Stücke auf ihn hält. Auch international ist er bereits vernetzt. So betreut ihn mit IMG eine der renommiertesten Agenturen der ganzen Branche. Carlos Alcaraz ist zum Beispiel auch ein IMG-Klient. Für IMG hat Mats Merkel die Betreuung von Diego Dedura-Palomero übernommen. Merkel hat auch schon mit Top-Stars wie Andy Murray und Dominic Thiem gearbeitet. Merkel sagt: „Diego ist kein Mainstream-Typ, er ist ein echter Charakterkopf.“

Ein blondierter Charakterkopf. „Wette verloren“, begründet Diego Dedura-Palermo seinen auffälligen Haarschopf. Den Wetteinsatz verrät er nicht. Ein Hingucker auf dem Tennisplatz ist er gleichwohl schon längst, völlig unabhängig von der Haarfarbe.

Diego Dedura-Palomero

Treffen in der Türkei: tM-Mitarbeiter Dietmar Gessner (li.) sprach mit Diego Dedura-Palomero beim Junior Davis Cup. ©Oliver Hardt

Vita Diego Dedura-Palomero

Alter: 16 (Jahrgang 2008)
Geburtsort: Berlin
Wohnort: Berlin
ATP-Ranking: 591 (20.1.2025)
Trainer: Cesar Palomero (Vater)
Größte Erfolge: mehrfacher Deutscher Jugendmeister, U16-Team-
Europameister 2024, 7 Titel auf der ITF-Junior-Tour, 1 ITF-Future-Finale