Ein Mittag mit Boris Becker in Hamburg
Am Dienstag stellte Boris Becker in Hamburg einen neuen Werbepartner vor. Dutzende Journalisten kamen – wie immer, wenn Becker im Mittelpunkt steht. Eine starke Inszenierung.
Wenn Boris Becker ruft, dann eilen die Massen. Das war vor 25 Jahren so und ist heute nicht anders. Er zieht die Medien noch immer an wie – Achtung, nicht despektierlich gemeint – ein Pferdehintern die Fliegen. Der Kuchen spricht und die Krümel lauschen. Und zwar alle: Fernseh-, Radio- und Print-Kollegen.
Dutzende Journalisten – es sind bestimmt 50 oder mehr – sitzen am späten Dienstagvormittag in der Geschäftsstelle des Deutschen Tennis Bundes am Hamburger Rothenbaum. Wo sonst würde sich ein Event mit der Tennisikone besser eignen als hier? Überall Kameras, Mikrofone, hektische Reporter. „Ist ja schließlich Becker“, sagt einer. Klar, da muss man hin. Er soll eine „Weltneuheit für mehr Leistung und schnellere Erholung in Sport und Alltag“ präsentieren. So steht es auf der Presseeinladung der veranstaltenden Agentur. Was sich dahinter verbirgt? So genau weiß das keiner. Ist aber auch zweitrangig. „Becker wird schon etwas zu erzählen haben“, sagt ein anderer. Über Novak Djokovic, die Tour, das deutsche Tennis, sein Leben – oder eben über diese angeblich so grandiose Innovation. Egal.
Starke Inszenierung
Um 11:35 Uhr geht’s los, fast pünktlich. Auf einem Monitor flackern Bilder aus alten Zeiten. Becker 1985 in Wimbledon. Der Matchball gegen Kevin Curren, der erste Sieg auf dem heiligen Rasen. Als der damals 17-Jährige nach seinem Aufschlagwinner die Arme hochreißt und jubelt, wird vorne die Tür geöffnet. Becker betritt den Raum, dunkelblauer Anzug, hellblaues Hemd, Turnschuhe. Er lächelt in die Runde. Was für eine Inszenierung! Applaus aus den Reihen. Der gehört zwar eigentlich nicht zum guten Stil bei Pressekonferenzen – aber wenn Becker kommt, wird halt geklatscht. Punkt.
Als er vorne auf dem Podium neben Moderator Hansi Küpper sitzt (den kennt man vor allem als Fußballreporter), erinnert die Szenerie zunächst mehr an einen entspannten TV-Talk als an die Vorstellung eines Produktes. Denn Becker erzählt überraschend viel über sein Leben auf der Tour als Coach von Djokovic. „Als Spieler geht es nur um einen selbst. Als Trainer dreht sich alles um den Spieler“, sagt er. „Man muss eine gewisse Reife mitbringen, um damit umzugehen. Ich weiß nicht, ob ich das mit 35 geduldet hätte. Aber auch ich werde älter und reifer. Ich bin dankbar, dass ich dem besten Spieler der Welt Ratschläge geben darf.“ Es sind keine neuen Erkenntnisse, die einen aus den Latschen hauen – aber die darf man bei einem solchen Termin auch nicht erwarten. Und doch lauscht man konzentriert Beckers Worten, weil man spürt, dass er heute gern erzählt. „Die Arbeit mit Novak ist ein 24-Stunden-Job. Ich muss ihm nicht die Vorhand beibringen. Es geht mehr um Trainingsmethoden, Videoanalysen, Taktiken und Strategien. Aber vor allem bin ich rund um die Uhr für ihn da. Und es kommt auch mal vor, dass er abends um 22 Uhr anruft und mich bittet, dass ich zum Quatschen rüberkomme.“