Ex-ATP-Funktionär: „Zverev hätte vierwöchige Sperre verdient“
Nach seinem Ausraster in Acapulco spielt Alexander Zverev nun ein Jahr lang auf Bewährung. Für Richard Ings, einem ehemaligen ATP-Funktionär, fällt das finale Urteil der Herrentour zu mild aus.
Der Australier Richard Ings war lange Schiedsrichter auf der ATP-Tour und gehörte in den 90er-Jahren zu den acht vollbeschäftigten „Tour-Officials“ im Herren-Circuit. Im März 1989 disqualifizierte Ings den US-Profi Robert Seguso im Achtelfinale von Indian Wells im Match gegen Andre Agassi. Seguso hatte sich wegen Schlägerschmeißens und Schiedsrichterbeschimpfungen vier Verwarnungen eingefangen und musste die Partie zu Beginn des dritten Satzes vorzeitig beenden. Ende 1989 hätte Ings auch beinahe John McEnroe im Halbfinale von Paris-Bercy gegen Boris Becker vom Platz geschmissen. Aber nach einem legendären siebenminütigen „Streitgespräch“ durfte McEnroe weiterspielen und verlor am Ende in drei Sätzen.
Später machte Ings Karriere als Sport-Funktionär. Er war zwischen 2000 und 2005 Vizepräsident für Regeln und Wettbewerb bei der ATP-Tour. Danach leitete er die australische Anti-Doping-Behörde. Noch heute meldet er sich vorzugsweise via Twitter zum aktuellen Geschehen auf der Tour. Seine Worte haben nach wie vor Gewicht, wie nun ein Artikel der New York Times zum Wutausbruch von Alexander Zverev in Acapulco untermauert. Ings zeigt sich dort schockiert über das vergleichsweise milde Urteil der ATP-Tour.
Reading the @atptour decision on Zverev.
I have but a one word comment.
Weak
— 💉 Richard Ings : 🇷🇺 stop attacking 🇺🇦 (@ringsau) March 8, 2022
„Zverev ist ein ungeheuerliches Bespiel für die Misshandlung eines Offiziellen“
Zur Erinnerung: Nachdem Zverev den Stuhlschiedsrichter Alessandro Germani nach einer fragwürdigen Linienentscheidung beschimpft hatte, schlug er nach der Doppelniederlage mit Marcelo Melo gegen Glasspool/Heliövaara vier Mal mit seinem Schläger auf den Stuhl des Schiedsrichters ein. Die ersten drei Schläge landeten in der Nähe von Germani, so dass dieser einmal zusammenzuckte und mit den Füßen auswich, um nicht getroffen zu werden. Nachdem Zverev eine kurze Pause eingelegt hatte, um Germani weiter zu beleidigen, kam er zurück und schlug noch einmal auf den Stuhl ein.
Für den erfahrenen Ings waren diese Szenen ein Schock: „Das Verhalten von Zverev war das ungeheuerlichste Beispiel für körperliche Misshandlung eines Offiziellen, das ich in den Jahrzehnten, in denen ich im Profitennis der Männer arbeite und es beobachte, gesehen habe.“ Zverev wurde zügig beim laufenden Turnier rausgeworfen, inklusive Abzug der Ranglistenpunkten und einer Geldstrafe. Er entschuldigte sich für seine Tat und die Herrentour kündigte eine weitere Untersuchung an.
Too soft pic.twitter.com/6W6VyRaV7b
— Christopher Clarey 🇺🇸 🇫🇷 🇪🇸 (@christophclarey) March 8, 2022
Das finale Urteil findet Ings zu sanft. Zverev spielt nun ein Jahr lang auf Bewährung. Sollte er bis zum 22. Februar 2023 erneut ausflippen, droht ihm eine Spielsperre von acht Wochen. „Grundsätzlich sind Bewährungsstrafen ein gutes Mittel, wenn der Spieler eine entsprechende Vorgeschichte hat. Aber in diesem Fall war das Fehlverhalten ungeheuerlich und körperlich gegen den Schiedsrichter an seinem Arbeitsplatz gerichtet. Es wurde eine Grenze überschritten, und die Vorgeschichte ist irrelevant. Ich hätte eine vierwöchige Suspendierung verhängt. Und ich habe damals bei der ATP genau den Job gemacht, der solche Entscheidungen trifft“, urteilte Ings im Gespräch mit der New York Times.
„Schiedsrichter müssen besser geschützt werden, die milde Sanktion hilft dabei nicht“
Letzte Woche, bevor die ATP ihr endgültiges Urteil in dem Fall Zverev verkündete, hatte sich bereits Ex-Profi Mats Wilander via Eurosport für ein hartes Durchgreifen ausgesprochen: „Wenn ein Spieler seinen Schläger auf dem Schiedsrichterstuhl zertrümmert und buchstäblich ein paar Zentimeter davon entfernt ist, das Bein des Schiedsrichters zu treffen, sollte er nicht auf einen Tennisplatz gehen dürfen, bis er eine Art Reha hinter sich gebracht hat. Wir müssen ihn entsprechend bestrafen. Ihm zu erlauben, in der Woche danach – oder zwei Wochen danach – wieder Profi-Tennis zu spielen, ist zu früh.“ Auch Serena Williams äußerte sich zu dem Fall via CNN: „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Ich würde wahrscheinlich im Gefängnis landen, wenn ich das tun würde – buchstäblich, kein Witz.“
Ings bemängelt nun, dass es die ATP verpasst hat, in der Angelegenheit ein klares Signal zu senden. „Schiedsrichter müssen an ihrem Arbeitsplatz geschützt werden. Der Missbrauch von Offiziellen durch Spieler nimmt aufgrund der jüngsten Vorfälle zu, und diese milde Sanktion wird nicht dazu beitragen, künftiges Fehlverhalten zu verhindern.“Air Jordan 1 Outlet Store | nike jordan 1 dior cheap